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Aber anders als noch vor ein paar Stunden würde ich jetzt nicht aufwachen. Ich saß hier in dieser Kabine mit meinem Problem fest. Und irgendwie musste ich es beseitigen.

▪︎

Ich hatte es tatsächlich getan. Und ich hatte dabei an ihn gedacht. Obwohl ich mit aller Kraft versucht hatte, an etwas anderes zu denken; den Gedanken an ihn beiseite zu schieben, gelang es mir nicht, sein Gesicht aus meinem Kopf zu drängen. Seine Erscheinung hatte in diesem Moment eine unglaublich intensive Wirkung auf mich gehabt und ich fing allmählich an, nicht nur ihn zu verabscheuen, sondern auch mich selbst.

Aber verabscheute ich ihn tatsächlich, wenn ich so etwas tat? Wenn ich mich selbst berührte, berauscht von der Vorstellung, er würde es stattdessen tun? Vielmehr wohl verabscheute ich, was ich da, verwirrt und überfordert wie ich war, in dieser engen Kabine getan hatte. Ich wünschte, es wäre nur ein Traum und dass ich aufwachen würde, wie heute morgen. Ich würde ungläubig darüber lachen, dass ich dieses Ereignis für real gehalten hatte. Aber leider war es genau das. Es war real.

Stattdessen hoffte ich inständig, dass mich niemand gehört hatte. Der Gedanke, dass jemand in der Nähe gewesen sein könnte, veranlasste die Scham dazu, mir brennende Röte ins Gesicht zu treiben.
Was, wenn Jungkook selbst mich gehört hatte? Oh Gott, der Gedanke daran löste eine halbe Panikattacke in mir aus. Spätestens dann hätte er tatsächlich einen Grund, mich fertig zu machen.

Ich kehrte schließlich zurück zu Jin, der mich besorgt fragte, wie es mir ging und mich vorsichtshalber nach Hause schickte. Das kam mir mehr als gelegen, so konnte ich mir wenigstens sicher sein, Jungkook heute nicht mehr zu begegnen.

Den restlichen Tag versuchte ich mich abzulenken, was aber erfolglos blieb. Immer wieder schweiften meine Gedanken zurück zu Jungkook. Wie er seinen Oberkörper gegen meinen presste. Das Kribbeln auf meiner Haut, wenn ich an meinen Traum dachte. Sein ernstes Gesicht und seine weiche Stimme.
Woher kam das alles plötzlich und wann würde es aufhören?
Mit rotierenden Gedanken und einem starken Druck auf der Brust versuchte ich zu schlafen, um diesen Tag Vergangenheit werden zu lassen.

Aber auch die darauffolgenden Tage waren geprägt von meinem schlechten Gewissen und meiner Verwirrung und es wurde nicht besser, denn täglich musste ich mit Jungkook proben, der noch abwesender und gereizter wirkte als sonst, was ich durch einige unfreundliche Kommentare zu spüren bekam.
Sie trafen mich noch härter als zuvor und ich hatte all das Selbstbewusstsein verloren, das ich gewann, als ich ihm die Stirn geboten hatte. An dessen Stelle war die Scham getreten, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, ich hatte all diese unschönen Worte verdient. Ich fühlte mich noch schuldiger, als nach meinem Traum und sprach mir selbst jegliches Recht ab, mich gegen seine Worte aufzulehnen.
Ich kam mir außerdem so dumm vor. Er behandelte mich nicht respektvoll, war unverschämt und aufsässig und mich machte seine Nähe an? Ich wollte mir das selbst kaum eingestehen, aber in den letzten Tagen schlich er sich zu oft in meine Gedanken und diese waren nicht von Verachtung gezeichnet. Diese elegante Unverschämtheit, die er an den Tag legte, die mich immer so störte, wirkte auf einmal irgendwie anziehend. Ich hatte, durch seine unmögliche Art, niemals einen Gedanken daran verschwendet, was seine Nähe in mir auslösen könnte. Ich hatte ihn nie so betrachtet, wollte das auch gar nicht, weil seine Anwesenheit immer unangenehm war. Aber mein Unterbewusstsein hatte einen neuen Bezug hergestellt, hatte mir einen Streich gespielt und mich tief in die Verwirrung gezogen. Und ich zweifelte so langsam wirklich an meiner Zurechnungsfähigkeit.

Er verschwand irgendwann, um eine Zigarette rauchen zu gehen, was er in jeder Probe mehrmals tat und Jin eröffnete mir, dass er mir von nun an etwas Abwechslung gewähren wolle und ich in der nächsten Zeit öfter mit Jimin und Hoseok an Choreografie und Gesang arbeiten würde.
Ich befürchtete schon, Jin konnte Gedanken lesen und ich war erleichtert darüber, mit Jungkooks Anwesenheit nun weniger häufig klarkommen zu müssen.

Zu meinem Glück entließ Jin mich sofort und erklärte mir noch, dass sich Hoseok vermutlich im Tanzstudio aufhalten würde.
Tanzen war zwar nicht meine größte Stärke, aber es war um Längen angenehmer, als mit Jungkook in einem Raum zu sein.

Als ich ins verspiegelte Studio trat, hörte ich Jimins helles Lachen durch den Raum schallen und sah wie er Hoseok einen Schlag auf den Oberarm versetzte, welcher ebenfalls vor Lachen strahlte.
Ich hatte die beiden bis jetzt noch nie einzeln angetroffen und fragte mich wie sie wohl zueinander standen, jetzt wo ich das mit Jin und Namjoon wusste. Vielleicht gab es ja noch mehr, von dem ich keine Ahnung hatte.

"Taehyung! Schön, dass du da bist! Bist du bereit für den strengsten Tanzlehrer aller Zeiten?", rief Jimin mir entgegen und grinste Hoseok neckisch an.
Dieser schüttelte grinsend den Kopf.
"So schlimm bin ich gar nicht! Vorausgesetzt du machst alles richtig.", lachte er.

Ich spürte bereits die Erleichterung aufkommen. Die beiden würden mich sicher etwas ablenken.

Spotlight | Taekook [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt