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Auf einmal fand ich all das auch total amüsant, denn sie hatte Recht.
Es war absurd. Und wir lachten in unserer Müdigkeit über meine chaotische Erzählung.

▪︎

Die folgenden Wochen waren geprägt von Proben, die Namjoon und Jin daran zweifeln ließen, ob dieses Musical jemals bühnenreif werden würde. Die Proben zwischen Jungkook und mir waren immerzu angespannt. Wenn ich versuchte mit ihm zu sprechen, bekam ich einsilbige, sowie genervte Antworten. Jimin versank so tief in seinem Training, dass er kaum noch ansprechbar war, schien aber trotzdem nicht richtig bei der Sache zu sein. Hobi machte sich Sorgen um Jimin, weshalb er mich auch einige Male darauf ansprach und mich fragte, ob ich wissen würde, was mit ihm los war.

Glücklicherweise nutzten Jimin und ich die angespannte Stimmung zwischen uns allen dafür, um ebenfalls zerstritten und gestresst zu wirken. Somit konnte ich Hobi den Eindruck vermitteln, zwischen uns würde es zurzeit nicht gut laufen. Dies zeigten Jimin und ich auch in den Mittagspausen und bei beinahe jeder anderen Gelegenheit. Wir provozierten kleine, belanglose Streitigkeiten, die zeigen sollten, dass wir uns in letzter Zeit nicht verstanden. Vielleicht würden wir so den anderen den Eindruck vermitteln, dass wir zu verschieden waren, um eine Beziehung führen zu können.

Mir fiel dieses Schauspiel von Tag zu Tag schwerer. In eine Rolle zu schlüpfen war eine Sache, sich jedoch selbst zu spielen und Situationen zu schaffen, die nicht der Realität entsprachen, fühlte sich unnatürlich an. Es fühlte sich falsch an. Schauspielerei war immer etwas, das ich geliebt hatte. Aber mich selbst neu zu erfinden, auf diese absurde Art und mich auf eine Weise darzustellen, die mir nicht entsprach, war eine Herausforderung, die ich niemals meistern wollte.

Jimin und ich wuchsen jedoch durch diese Zurschaustellung unserer scheiternden Beziehung noch mehr zusammen. Wir waren füreinander da, während wir so taten, als würden wir uns gegenseitig nicht gut tun. Wir spendeten dem jeweils anderen tiefen Komfort in dieser so unkomfortablen Situation. Wir litten gemeinsam unter dieser Lüge und bauten uns gegenseitig wieder auf. Er erzählte nicht mal Hobi, was in ihm vorging, weil er den Plan nicht gefährden wollte.

Auch Jin war für uns da, der jedoch mit Namjoon nicht darüber sprach, da dieser der Leiter von all dem hier war und es sicher nicht gut heißen würde, dass wir den Erfolg einer kostspieligen Produktion für eine wahrscheinlich aussichtslose Liebesgeschichte auf's Spiel setzten. Dass Jin überhaupt all das in die Wege geleitet hatte, konnte ich nicht verstehen. Er war wohl der selbsternannte Amor und wollte der Gerechtigkeit der Liebenden genüge tun.

Innerhalb dieser Wochen erzählte mir Jimin auch von seinen Gefühlen für Yoongi. Ich musste ihn zwar einige Male dazu ermutigen, mit mir darüber zu sprechen, irgendwann jedoch öffnete er sich. Er erzählte mir von den Begegnungen in Yoongis Studio und wie merkwürdig Yoongi sich wohl manchmal verhalten hatte. All diese Informationen und der Text, den Yoongi geschrieben hatte, ließen keine Zweifel an der Tatsache zu, dass Yoongi sich zu Jimin hingezogen fühlte und ich hoffte inständig, dass ich das nicht ruiniert hatte.

Als ich Jimin fragte, ob er Yoongi die Sache erklären würde, verneinte er ohne zu zögern. Er erklärte mir, dass sie nie ausgesprochen hatten, was sie scheinbar beide empfanden und dass Jimin auch immer wieder daran zweifelte, dass Yoongi diesen Text tatsächlich für ihn geschrieben hatte und ihn in irgendeiner Weise mögen könnte. Ich hoffte sehr, Yoongi würde Jimin nicht aufgeben, denn Jimin so an sich zweifeln zu sehen, brach mir beinahe das Herz.

Wie konnte jemand, der so pur war, so hilfsbereit und aufopfernd; jemand der so liebenswert war, so sehr daran zweifeln, dass er geliebt wird? Dieser Text, den Yoongi geschrieben hatte, war gefüllt mit den schönsten Worten, die ich je gelesen hatte. Und sie waren für Jimin.

Irgendwann kamen Jimin und ich an den Punkt, an dem sich unsere Krise soweit zugespitzt hatte, dass es sich anbot unsere 'Beziehung' zu beenden. Jimin erzählte Hobi davon, Jin informierte Namjoon und ich sagte Yoongi Bescheid, mit dem ich seit meiner Beichte nicht mehr wirklich gesprochen hatte, um ihm begrifflich machen, dass er nun freie Bahn bei Jimin hatte.

Nun musste ich nur noch Jungkook vermitteln, dass es vorbei war, der mir jedoch seit Wochen gekonnt aus dem Weg ging und scheinbar den schwarzen Gürtel darin hatte, mich von sich zu stoßen.

An einem Tag hatte ich Glück und er verließ während der Pause nicht das Filmstudio, sondern setzte sich mit Kopfhörern auf einen Stuhl im Publikum und schloss die Augen, als würde er sich an einen anderen Ort wünschen.
Jin bemerkte ebenfalls, dass das die perfekte Chance war und zwinkerte mir zu, ehe er mit seiner typischen rosafarbenen Tasse den Raum verließ.

Ich lief auf Jungkook zu und setzte mich vorsichtig neben ihn auf einen der benachbarten Stühle.
"Jungkook.", sagte ich, doch er reagierte nicht. Aus seinen Kopfhörern dröhnte Elektro-Musik, die viel zu laut war. Ich zog ihm kurzerhand einen seiner Ohrstöpsel heraus, woraufhin er abrupt die Augen öffnete und seinen Kopf in meine Richtung drehte.
"Hallo, Jungkook.", sagte ich ruhig.

"Was zum Fick willst du von mir, Kim?!", fauchte er mich an. Ich erschrak kurz.
"Was ich will? Ich will, dass du aufhörst solche dummen Spielchen zu spielen, Jeon!", gab ich ihm zur Antwort.

"Wovon redest du da bitte?", fragte er daraufhin verächtlich.
"Du weißt genau wovon ich rede! Du kannst mir nicht sagen, dass du mich magst und mir dann wieder das Gefühl geben, ich sei nichts als Dreck für dich. Und versuch gar nicht erst, es zu leugnen! Du hast es gesagt und das weißt du!", redete ich mich in Rage.

"Wieso interessiert es dich überhaupt? Geh Jimins Schwanz lutschen und nerv mich nicht.", gab er desinteressiert von sich und ich war kurz davor auszurasten.

"Jimin und ich sind nicht mehr zusammen.", versuchte ich so ruhig wie möglich zu antworten, denn mir war klar, dass er mich nur provozieren wollte.

Kurz riss er die Augen auf, fing sich aber schnell wieder.
"Oh, war er schlecht im Bett?", spottete er daraufhin mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen.

"Nein, das hatte andere Gründe.", erwiderte ich.
"Das tut mir aber leid, ich hoffe dein Nächster ist besser.", grinste er, griff nach dem Ohrstöpsel, der auf seiner Brust lag und war im Begriff ihn sich wieder in sein Ohr zu setzen.

"Das kommt darauf an, wie gut du bist.", erwiderte ich und beobachtete wie ihm seine Gesichtszüge entgleisten, die sich jedoch kurz darauf wieder zu beißendem Spott verzogen.
"Davon träumst du vielleicht, Kleiner.", sagte er.

"Das stimmt, so wie du.", erwiderte ich und sah ihm fest in die Augen.
Ich sah Panik in ihnen aufkommen, doch bevor ich mir dessen sicher sein konnte, verengte er sie und spuckte mir seine Antwort förmlich entgegen.

"Hör mal zu, ich war total betrunken. Was auch immer ich da gelabert habe, war Bullshit, nichts weiter. Das glaubst du mir doch nicht tatsächlich? Du machst dich nur lächerlich."

"Du bist so ein Arschloch.", sagte ich noch - meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen - bevor ich mich umdrehte und ihn zurückließ. Ich konnte diesen Raum gar nicht schnell genug verlassen. Mir liefen heiße Tränen über die Wangen, während ich mich immer wieder fragte, wieso ich so dumm war. Ich wollte stark bleiben, ich wollte nicht einknicken. Aber er hatte mich wieder dazu gebracht, an allem zu zweifeln. Vielleicht sagte er die Wahrheit. Vielleicht war er einfach nur betrunken gewesen. Ich meine, man sagt viel, wenn man betrunken ist, oder?

Vielleicht hatte ich mir wirklich nur etwas eingebildet. Und deswegen hatte ich alles hier durcheinander gebracht. Wieso hatte ich nur jemals diesen Job angenommen?

Spotlight | Taekook [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt