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Wir unterhielten uns noch eine Weile und ehe wir uns versahen, war die Probe auch schon vorbei.

▪︎

Als meine Schwester schon lange wieder gegangen war, schwärmten Hobi und Jimin noch immer über sie und ihr Talent.
Sie hatte mit Jimin zusammen noch etwas Contemporary Dance praktiziert und sich angeregt mit den beiden über ihr Studium unterhalten. Ich ahnte schon, dass ich sie von nun an öfter mitbringen würde.

Diese außergewöhnliche Probe verging meiner Meinung nach viel zu schnell und ich hatte schon jetzt keine Lust auf das, was nach der Mittagspause folgen würde. Meine Probe mit Jungkook.
Ich konnte diesen Typen auch so schon nur mit Mühe aus meinen Gedanken drängen und wenn ich ihn nun auch noch stundenlang zu Gesicht bekam, würde ich ihn gar nicht mehr aus dem Kopf bekommen.

Durch diese Probe zog sich, wie die letzten Tage auch, ein wirklich unangenehmes Gefühl. Aber etwas war anders. Jungkook verhielt sich anders. Statt meinen Blicken auszuweichen, wie er es sonst immer getan hatte, versuchte er Blickkontakt zu provozieren und diesmal wich ich ihm aus. Ich spürte permanent seinen Blick auf mir, seine Aufmerksamkeit lag immerzu auf dem, was ich tat.

Es lenkte mich ab; es irritierte mich; es fühlte sich an, als müsste ich auf alles achten, was ich tat. Obwohl ich mir mit aller Kraft einzureden versuchte, dass es mich nicht interessierte, was er dachte, so fragte ich mich doch, was der Grund dafür war, dass er sich so komisch verhielt. Wollte er mich leiden sehen? Wollte er sehen, wie verletzt ich war?

Die Probe schien gar nicht zu enden und Jin bemerkte auch, dass Jungkook sich merkwürdig verhielt. Er fragte mich sogar, ob wir noch einmal miteinander gesprochen hatten.

Irgendwann, nachdem wir unkonzentiert unsere Szenen hinter uns gebracht hatten und Jin sich bei beinahe jedem Durchgang die Haare gerauft hatte, fand die Probe schließlich doch ihr ersehntes Ende.

Ich wollte das Filmstudio schnellstmöglich wieder verlassen, doch wurde an der Schulter zurückgehalten, als ich den Ausgang ansteuerte. Als ich mich umdrehte und eigentlich Jin erwartet hatte, der mir wahrscheinlich wieder ins Gewissen reden wollte, erblickte ich stattdessen Jungkook.

Ohne groß darüber nachzudenken, schlug ich seine Hand von meiner Schulter und kehrte mich wieder um, ehe ich hinter mir ein "Warte!" vernahm.
Ich drehte mich gereizt zu ihm um und sah ihm fest in die Augen.
"Was zum Fick willst du von mir, Jeon?!", fragte ich ihn genervt.
Er sollte die Ablehnung spüren, die er auch mich spüren gelassen hatte. Auch wenn es ihn niemals so verletzen würde, wie es mich verletzt hatte, da er mir wahrscheinlich wieder nur irgendetwas an den Kopf werfen wollte, wollte ich es ihm nicht so leicht machen.

Er sah mich an und schritt auf mich zu, ehe er nach meiner Hand griff und mich in Richtung des Ausgangs zog, aus dem ich gerade verschwinden wollte.
Er murmelte ein leises "Komm mit." und ich ließ mich perplex von ihm mitziehen, da mein Kopf auf einmal wie eingefroren zu sein schien.

Er führte mich quer durch den Flur, bis wir an dem Balkon ankamen, auf dem wir in der Nacht der Party gesessen hatten.
Er öffnete die Tür und zog mich an der Hand ins Freie. Die Luft war kühl, über den Himmel zogen sich graue Wolken und ich spürte den Wind durch mein Haar wehen, sodass sie mir wild in die Stirn fielen.

"Was soll ich hier?", fragte ich ihn.
"Zuhören.", antwortete er mit fester Stimme.
Ich zog eine Augenbraue hoch und verweilte still mit verschränkten Armen auf der Stelle.
Er jedoch find nicht an zu reden, sondern sah abwechselnd verlegen auf den Boden und in mein Gesicht. "Also?", hakte ich ungeduldig nach.

"Es ... es tut mir leid.", murmelte er leise. Der Wind pfiff so laut, dass ich es beinahe nicht gehört hätte. Aber nur beinahe nicht.
"Wie war das?", fragte ich.
"Ich sagte, es t-tut mir leid.", sagte er nun etwas lauter.

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht.", antwortete ich unbeeindruckt.
"Hör zu ... Ich war wirklich ein Arschloch. Du hast recht.", erwiderte er. "Stimmt.", sagte ich und fuhr mir durch mein wirres Haar.
"Aber ich hatte meine Gründe und ... wenn du bereit bist, mir zuzuhören ... dann erkläre ich dir alles.", sprach er stockend weiter und sah aus, als würde er sehr mit sich ringen.

Ich wusste auf einmal gar nicht mehr, was ich von all dem halten sollte. Meine Wut war wie weggeblasen, denn er stand dort vor mir, der Wind bewegte sein dunkles Haar in jede erdenkliche Himmelrichtung und seine Augen sahen aus, als würde in ihm selbst ein noch viel stärkerer Sturm toben.

Er spielte unruhig mit seinen Fingern und sah mich erwartungsvoll an.
"Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.", eröffnete ich ihm schließlich.
"Ich verstehe das.", antwortete er schnell.
"Aber Taehyung, ich flehe dich an. Hör mir wenigstens zu. Wenn du mich dann immernoch hassen willst, dann akzeptiere ich das.", beendete er seine Antwort und kaute nervös auf seiner Unterlippe herum.
Er entblößte dabei seine Zähne und wie ich ihn so ansah, wirkte er so furchtbar zerstreut und so ... verletzlich.
Er sah aus, wie ein kleines, hilfloses Kaninchen und auf einmal wollte ich nichts mehr, als ihm einen Berg von Karotten vor die Füße zu legen.

Ich wusste nicht, ob das eine Masche von ihm war und ob sein Auftritt zu seinen Spielchen gehörte. Aber als er so vor mir stand und mir voller Erwartungen entgegenblickte, wusste ich, dass ihm mit 'Nein' zu antworten, niemals eine Möglichkeit gewesen wäre.

"Na gut.", sagte ich stattdessen und beobachtete wie sich seine Miene erhellte und sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht bildete. "Ich danke dir."

"Schon gut und jetzt lass uns rein gehen, es ist furchtbar kalt hier draußen!", sagte ich daraufhin und packte ihn am Arm, um ihn zurück in den Flur zu ziehen.

Spotlight | Taekook [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt