☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
IVDas Himmelszelt war in eine nachtblaue Decke gebettet, als Koralie den gewohnten Pfad zu ihrem Hof entlang ritt. Ein kugelrunder Mond schmückte das Firmament. Wie eine schwerelose Scheibe schwebte er hoch oben in der Luft und war von silbernen Lichtfunken umgeben.
Eine tiefe Erschöpfung durchzog den Körper des jungen Mädchens von Kopf bis Fuß. Der Ritt war bisher einsam und anstrengend gewesen, doch als Koralie die Hütte sah, in der am Fenster ein kräftiges Licht aufflackerte, schlugen ihre Glücksgefühle förmlich Purzelbäume. Der süße Geschmack von Heimat zerging wie Zucker auf ihrer Zunge. Ein Lächeln bahnte sich auf ihre Lippen und sie atmete erleichtert aus.
»Ich wusste, wir schaffen es noch«, flüsterte sie Abraxas leise zu und trieb ihn verstärkt an. Seine Hufe klapperten im Dreitakt, doch der Rappe schien dennoch über den Erdweg zu fliegen.
Kühlen Brisen zogen über die vom Mondschein entschleierten Felder hinweg. Leicht und widerstandslos senkten sich die langen Grashalme im Wind und ergaben sich seiner Vehemenz. Das beständige Rauschen der wiegenden Gräser hauchte der stillen und tot geglaubten Nacht erneut Leben ein. Das Geräusch lullte Koralie förmlich ein. Es ließ sie in eine andere Welt entschweben. In eine Welt der Magie und des Friedens.
Schließlich wanderte ihr Blick zu den mystischen Nachtgestirnen empor. Wenn man lange genug die Sterne beobachtete, konnte man sich leicht in der Endlosigkeit verlieren.
Unglaublich viele Sterne scharten sich begierig am Nachthimmel und rangen nimmermüde mit dem Mond in tiefschwarzer Düsternis um Ansehen. Es war ein verklärter und magischer Anblick, der sich Koralie in diesem Augenblick bot.
Sehnsuchtserfüllt begann ihr Herz höher zu schlagen, während ihr traumverlorener Blick immerzu den Sternen galt. Die Sterne schienen zwar unerreichbar für sie zu sein, dennoch bargen sie so viel Schönheit und Anmut, dass ein einziger Blick reichte, um ihr Herz aufblühen zu lassen.
In der Stadt herrschte eine rastlose Stimmung. Durch den ständigen Zeitdruck blieb während des Alltagstrotts keine Zeit für Pausen. Niemand blickte in die Sterne oder nahm sie gar wahr.
Koralie hob die Mundwinkel an. In ihren blauen Augen spiegelten sich die Sterne, so wie sich der Mond in den ruhenden Meereswellen spiegelte. Das Mödchen genoss die geheimnisvolle Energie, welche in aller Abgeschiedenheit unbemerkt vor sich hindöste, augenscheinlich.
Doch selbst ein friedliche Moment wie dieser war nicht vor der überrumpelten Düsterkeit gefeit. Wie aus dem Nichts peitschte ein greller Blitz über die Lande der ewigen Finsternis, die direkt hinter den Bergen begannen. Das schauervolle Grollen ging Koralie durch Mark und Knochen. Unverhofft schreckte sie auf. Es wirkte, als würde jemand ohne Vorwarnung ein zornerfülltes Unwetter heraufbeschwören.
Schnellen Schrittes führte das Mädchen ihren geliebten Rappen direkt in die warme Scheune. Schweren Herzens schloss sie die Boxentür. Ihre Mutter hatte bereits Heu und Kraftfutter mit ein paar Karotten in seiner Box hinterlassen. Mehr konnte sie heute nicht mehr für Abraxas tun.
Seufzend öffnete Kora die Haustür und nahm ihre kleine Reisetasche ab. Kaum war die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen, kam eine schlanke Gestalt auf sie zu. Ein Lächeln zierte Priyas Lippen, während sie sich ihrer Tochter näherte. Dabei hielt sie einen alten Zinnhalter, mit einer entzündeten Kerze darin, fest umklammert in den Händen. Als sie ihrer Tochter allerdings unmittelbar gegenüberstand, konnte sie den Zinnhalter nicht schnell genug abstellen, um Koralie in die Arme zu schließen.
»Ich bin froh, dass du heil heim gekommen bist. Ich hatte schon befürchtet, dich würden die hinterlistigen Nachtschatten in die Irre leiten«, gab sie mit gemischten Gefühlen von sich und hätte Koralie noch Ewigkeiten in den Armen halten können. Man durfte die Gefahren, die in der Finsternis lauerten nie unterschätzen. Derartige Torheiten konnten übel enden.
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Die Legende der Kronluchse | 1 ✓
Fantasi»Was sein soll, hat große Kraft.« - Feenhoheit Saahr Einst war Gehinna ein friedlicher Ort, an dem ein jeder willkommen war. Doch ebenso wie ein von Krankheit befallener Körper leidet, so litt auch der gewissenhaft bewahrte Frieden unter dem unsagba...