☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
XXIIAdelyn rannte. Sie rannte so schnell sie konnte. In einer perfekten Welt, würde sie nun aufwachen und feststellen, dass das alles nur ein unsinniger Albtraum gewesen war. Da hatten sie falsch gedacht.
Im Nachhinein war einem jeden von ihnen klar, dass es doch nicht so eine gute Idee gewesen war die roten Äpfel aus dem Garten der Hexe zu stehlen. Eigentlich war alles Abraxas' Schuld gewesen. Der verfressene Rappe konnte sich einfach nicht zurückhalten. Adelyn hatte Koralie noch extra davor gewarnt, dass die Hexe Erzählungen zufolge im gesamten Wald Fallen platziert hatte, die naive, hungrige Pferde wie Abraxas in ihr Netz locken würden.
Gelohnt hatte sich die gesamte Aktion nicht, denn der Apfel blieb Abraxas am Ende verwehrt. Wie sich herausgestellt hatte, waren die Fallen der Hexe bloß heimtückische Trugbilder gewesen. Als Abraxas in den saftigen, roten, runden, leckeren Apfel beißen wollte, verpuffte dieser vor seinen Augen. Stattdessen erschien eine schwarz gekleidete Hexe mit langer Krähennase vor ihm, die ihn düster angrinste. Kein Apfel für Abraxas also.
Wieso Adelyn schon beim bloßen Anblick der alten Hexe die Flucht ergriffen hatte, war selbsterklärend. Schließlich hätte die Hexe jeden Moment mit dunklen Zaubersprüchen und Flüchen um sich schleudern können. Darauf wollten sie gerne verzichten. Das Lächeln der Hexe war schaurig genug, um ihnen zu verstehen zu geben, dass es sich hierbei nur um die Hexe von Marnam Nar handeln konnte.
Der Wald war riesig, doch irgendwie schafften es die Gefährten gerade der bösen Hexe Marnam Nars über den Weg zu laufen. Das Glück war heute nicht auf ihrer Seite. Das hatten sie nun davon, dass Bamuti den Vielfraß Abraxas gerettet hatte. Adelyn Wut stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Nein, das hier war auf gar keinen Fall eine perfekte Welt.
»Prima! Das hast du ja toll hingekriegt, Kora! Hätten wir Ludwin aufgespürt, wäre das hier sicher nie passiert. Ludwin weiß nämlich im Gegensatz zu dir wie man mit Pferden umgeht«, meckerte Adelyn übellaunig, während sie keuchend um ihr Leben rannte.
Bamuti krallte sich wie ein Klammeraffe an Adelyns Kleidung fest und hatte seine Tatzen von hinten um ihren Hals geschlungen. Der kleine Luchs wurde bei jedem Schritt auf und ab geschleudert, so dass ihm schon ganz übel zumute war.
Koralie schnaubte wütend. »Wag es ja nicht mir das alles in die Schuhe zu schieben! Abraxas hat eben einen gesunden Appetit. Dafür kann niemand etwas.«
»Ich glaube mir wird schlecht«, stöhnte Bamuti dazwischen. Adelyn neigte ihren Kopf zur Seite und linste über ihre Schulter zu Bamuti. »Wehe! Halt deine Übelkeit ja zurück«, drohte sie und verzog ihr Gesicht angeekelt.
Koralie blickte auch über ihre Schulter zurück. Die Hexe war nicht mehr zu sehen. »Hey, ich glaube wir haben sie abgehängt«, rief Koralie Adelyn hoffnungsvoll zu, die daraufhin ihrem Blick folgte.
Keine Sekunde später schrie Bamuti aus vollem Halse heraus. »Aufpassen! Augen nach vorne!« Doch da war es schon zu spät gewesen. Der Weg endete und die Mädchen rannten beide direkt in Abraxas, der mit großen Augen vor einem Abgrund stand und ängstlich hinab starrte.
Damit war das Chaos perfekt. Alle vier stürzten in die Tiefe und glaubten sich bald schon im Jenseits wiederzufinden. Der Nebel verschleierte ihre Sicht, weshalb sie automatisch angenommen hatten, dass der Abgrund tiefer sei, als er es in Wahrheit war. Schon nach kürzester Zeit landeten die Gefährten auf einem harten Untergrund und rollten einen steilen Hang hinunter.
Ehe sie sich versahen fanden sie sich inmitten von Knochen und verwesten Leichen wieder. Der unverkennbare Geruch des Todes fraß sich wie Maden durch Adelyns Fleisch und ließ sie für einen Moment in einer Schockstarre ausharren. Nervös blickte sie um sich, während sich auch die anderen aufrichteten. Der faulige Gestank zog Fliegen, Mücken und andere Insekten an, bei deren Anblick sich Adelyns Nackenhaare aufstellten.
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Die Legende der Kronluchse | 1 ✓
Fantasy»Was sein soll, hat große Kraft.« - Feenhoheit Saahr Einst war Gehinna ein friedlicher Ort, an dem ein jeder willkommen war. Doch ebenso wie ein von Krankheit befallener Körper leidet, so litt auch der gewissenhaft bewahrte Frieden unter dem unsagba...