|35| das Lied vom Tod | ✓*

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☽ - ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
XXXIV

Lieben
Und siegen,
Das Schicksal der Helden.
Sie geben
Und streben,
nach Gerechtigkeit.
Doch Schmerzen
im Herzen
Die Leben verflucht.
Drum fürchten
und bangen
sie das Lied vom Tod.
- Das Lied vom Tod, aus Elmador

Adelyn eilte so schnell sie konnte über den Strand. Nicht unweit von ihr im Wald schrillten sich kreuzende Klingen und waren Kampflaute zu vernehmen. Doch die Schiffe schienen unbewacht zu sein. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Die nordischen Plünderer hatten sich allesamt ins Gefecht geworfen und traten im Wald gegen die Feen und den Hexenmeister an.

Mit gesenktem Kopf und wankendem Oberkörper kniete Ludwin im Sand. Man sah ihm deutlich an, dass ihn die Piraten schwer zugerichtet hatten. Blessuren und Schnittwunden waren über sein Gesicht und seinen Körper verteilt. Er atmete stoßweise. Jeder Atemzug war schmerzhaft und zerrte an seinen letzten Kräften. Tränen traten in Adelyns Augen und sie schluchzte auf. Sie hätte für Ludwin da sein müssen, so wie er für sie da gewesen war.

»Ludwin? Ich bins... Adelyn«, sprach sie mit zittriger Stimme und näherte sich ihrem ehemaligen Stallburschen langsam an.

Nun hob dieser das erste Mal den Kopf und blickte direkt in Adelyns Gesicht. Seine Augen waren matt und ausdruckslos. Als er realisierte, dass es sich tatsächlich um Adelyn handelte und er sie sich nicht bloß einbildete, trat schlagartig ein todernster Ausdruck in sein Gesicht.

»Du musst hier weg«, krächzte er mit alarmierender Stimme und wandte sich nervös in seinen Fesseln. »Lauf, Adelyn! Bring' dich in Sicherheit«, setzte er nach, doch Adelyn verstand ihn nicht.

»Nein, ich werde dich bestimmt nicht erneut im Stich lassen«, begann sie zu sprechen und überwand den Abstand zwischen ihnen, um sich zu Ludwin zu knien. »Alles ist gut. Jetzt bin ich ja da«, versuchte sie ihn zu besänftigen und umrahmte sein zerschundenes Gesicht mit ihren Händen, ehe sie nach ihrem Dolch griff, um die Fesseln zu durchtrennte.

»Du verstehst nicht...«, hauchte Ludwin und lehnte sich leicht gegen Adelyn, da er sein Gleichgewicht nicht selbst halten konnte. »Wir sind nicht alleine.«

Im selben Moment war ein Knurren zu hören und Adelyn drehte sich um. Ein Rudel Wölfe hatte sie umkreist. »Du hättest nicht kommen sollen«, gab Ludwin resigniert von sich, doch Adelyn würde jetzt bestimmt nicht aufgeben. Selbstsicher stand sie auf und half Ludwin auf die Beine, indem sie seinen Arm über ihre Schultern zog. Mit gezogenem Dolch musterte sie die Wölfe, welche immer näher kamen und ging einige Schritte zurück.

»Ich bin genau dort, wo ich sein soll. Ich bereue nur, dass ich es erst jetzt geschafft habe.« Ludwin lächelte blass und sah Adelyn mit einem tiefen Blick an. »Ich hab' schon immer gewusst, dass eine wahre Kämpferin in dir steckt.«

Adelyn linste zu Ludwin und lächelte ebenfalls leicht. »Du verzeihst mir also?«

»Du hast nichts falsch gemacht. Ich bin selbst verantwortlich für meine Entscheidungen. Ich habe diesen Weg bewusst gewählt und würde jedes Mal wieder so handeln.« Ludwins Worte wurden von einem angriffslustigen Knurren überschattet.

Adelyn ließ Ludwin los und lächelte ihm sanft zu. »Ich habe diesen Weg auch bewusst gewählt«, erwiderte sie lediglich und marschierte daraufhin entschlossen auf die Wölfe zu.

»Nicht!« Ludwin versuchte Adelyn hinterher zu kriechen. Mit Händen und Beinen robbte er ihr nach und probierte sich vergebens aufzurichten. Ludwin wollte sie von ihrem Selbstmordkommando abbringen, doch er war zu schwach. Er konnte nichts ausrichten.

Kaum steuerte Adelyn die Wölfe an, liefen diese bereits los. Die Hände des Mädchens zitterten. Sie hatten nicht einmal ein Schwert, mit dem sie sich verteidigen konnte und diese Wölfe waren keine harmlosen Bestien. Es handelte sich hierbei um dunkle Kreaturen. Die Nebelwölfe aus dem Norden waren weitaus größer und blutrünstiger als die schmächtigen Wüstenwölfe, die sich viele Adelige sogar als Haushunde hielten.

Die Legende der Kronluchse | 1  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt