|29| Alof Mefrin | ✓

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☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
XXIX

Eingewiegt im tiefen Rauschen,
mag der Frieden sanfter Stille lauschen,
doch folgt nicht selten auf Stille Sturm,
entsandt vom Schicksalswächter am Nebelturm.

Da rauscht herbei des Meisters Wind,
teilt entzwei die Wolkendecke.
Die Suche mithilfe der Sterne beginnt,
auf dass man neues Land entdecke.

Die Reise zu den Landen muss gelingen,
das Wissen um sein Ende schmerzt.
Er möcht' ein letztes Mal zur Harfe singen,
schwer wird es um des Hexenmeisters Herz.

Nachdenklich blickte der Hexenmeister in die tiefe Nacht hinein. Das Schiff schaukelte von dem Wind, den er eben noch mit Willenskraft wie ein Gott über das Meer gejagt hatte, so dass auch die letzte, graue Wolke vom Himmel geschoben wurde.

Zufrieden ließ Pontuz seine Arme auf das Schiffsgeländer sinken. Es war nicht einfach die Mächte der Natur nach eigenem Wunsch zu lenken. Der Hexenmeister hatte fast ein Leben lang an dieser Fertigkeit gefeilt. Doch letztendlich war es ihm gelungen und nun konnte Bamuti problemlos den Weg in die Mondlande offenbaren.

Das mondberieselte Himmelszelt breitete sich so prachtvoll über ihnen aus, dass der bloße Anblick der Mondgöttin höchst persönlich ein verdutztes Blinzeln entlockt hätte. Mit einem verschleierten Blick musterte Pontuz abwechselnd Darius, Bamuti und dann wieder die Mädchen eingehend.

Er hatte sich all die Jahre fest an einen trügerischen Sehnsuchtstraum geklammert, von dem er bereits im Vorhinein gewusst hatte, dass dieser zum Scheitern verurteilt war. Und während er mit ständig umherhuschenden und rastlosen Blicken seine Erinnerungen vor sich vorbeiziehen sah, zeichnete sich die Gewissenspein immer stärker in seinem Gesicht ab. Wie ein Todesschatten legte sie sich über seine blasse, vom Mondschein erhellte Haut und fraß sich tief in die Furchen der Zeit. Diese Qual war ein Teil von ihm geworden und sie würde in diesem Leben nicht mehr von ihm weichen.

So viele Seelen schwebten dort oben im endlosen Nichts. Verhindern hätte er es nicht können, so redete er es sich nachts vor dem Schlafen gehen sicherlich ein. Er musste daran glauben, daran festhalten und das, obwohl er wusste, dass es nicht richtig war. Bald würden die Jungen endgültig das Steuer übernehmen und er gehörte dann der Vergangenheit an. Die Zukunft sah es nicht vor, dass der große und mächtige Pontuz Niomär seine Finger im Spiel hatte. Er hatte er seine Chance den Frieden zu bringen verwirkt.

Der leuchtende Karfunkel des kleinen Luchses sprühte leichte Funken, während dieser seine Augen fest zusammenkniff. Unterdessen hielten die Mädchen ihre Augen auf die zahlreichen Monde gerichtet, hinter denen sie dank Bamutis Anstrengungen so manch ein Sternenglitzern ausmachten.

Der Hexenmeister wurde nun nicht mehr gebraucht. So konnte er sich ziellos umsehen. Seine Beine trugen ihn bis ans Heck des Schiffes, wo ihm kein Mast den Ausblick auf den zurückgelegten Weg verwehrte. Das Schiff fuhr in ruhigen Gewässern, doch sah man nach Westen oder Osten, erkannte man in der Ferne die Wellen der toxischen Wasserschlangen und die Stürme der eigensinnigen Zwillingsharpyien, die in ihrem Terrain nach Lust und Laune Unwetter heraufbeschworen. Die Gewässer um die Mondlande waren voller Gefahren und selbst, wenn man den richtigen Weg einschlug, war man nur einen Atemzug vom reinsten Grauen entfernt.

»Das Glitzern ist verschwunden«, sagte Koralie plötzlich schockiert, als Adelyn sogleich im selben Ton fort fuhr: »Woher kommt jetzt wieder dieser Nebel?«

Bei den Worten der Brünetten wurde Pontuz hellhörig. Im Stand wirbelte herum und zog seine buschigen Augenbrauen nach oben. »Nebel sagt ihr?«, gab er in einem hellen Tonfall von sich. Beide Mädchen sahen ihn nickend an und auch Bamuti hatte inzwischen seine Augen wieder geöffnet. Vermutlich dachte der kleine Kronluchs er habe etwas falsch gemacht.

Die Legende der Kronluchse | 1  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt