Mandy

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„Also, Ursi, wo fahren wir hin?" Wir waren bereits seit einer Stunde unterwegs.

„Streng geheim", meinte er und grinste mich an.

„Och bittö!" Ich zog eine Schnute.

„Was krieg ich, wenn ich dir das verrate?"

Ich lachte. „Einen Blowjob."

Ursus wackelte mit den Augenbrauen. „Aber nur wenn du schluckst."

„Aber meine Mami hat gesagt, ich soll nichts schlucken, was ich nicht kenne."

Lachend knuffte er mich und konzentrierte sich auf die Landstraße.

Ich sah aus dem Fenster. Immer wieder fuhren wir an kleinen Rastplätzen vorbei. Schwarze Autos mit dunklen Scheiben standen dort am Waldrand. Leicht bekleidete Damen ebenfalls. Mir kam das ganze wirklich komisch vor. Besonders als der Wuschelkopf hinterm Steuer auf einen der Rastplätze fuhr. Dort stand kein schwarzes Auto, aber eine aufgetakelte Frau.

Ursus blieb stehen und die Leichtbekleidete kam auf uns zu. Der Mann packte mich an Hüfte und Bein und zog mich sanft auf der Sitzbank näher zu sich. Äh... hallo?

„Ist er da?", fragte er die Frau durch das offene Beifahrerfenster.

Die trat ihre Zigarette mit ihrem High Heel aus. „Nein, aber er müsste jeden Moment wieder kommen."

„Dann hüpf mal rein."

Grinsend stieg sie in den alten Pickup und ließ sich auf den Platz fallen, auf dem ich gerade gesessen hatte.

„Was geht hier ab?", fragte ich und musterte die perfekten Frauenbeine, die durch die Netzstrumpfhose schimmerten.

„Ich sollte das zu meinem Job machen", lachte die Mütze und fuhr mit quietschenden Reifen los. „Leute entführen? Kann ich."

„Fuck, ich fass es nicht!", rief das Mädel und warf ihre Arme in die Luft.

Hilfe...?

Ich wusste nicht, wie lang ich wie der blöde zwischen den beiden Verrückten saß. Das alte Auto fuhr viel zu lange viel zu schnell.

„Oh mein Gott ich zittere immer noch." Das Weibchen strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Du bist ein verdammter Spinner!"

Ich sah zwischen ihnen hin und her. „Kann mir mal bitte jemand sagen, was hier abgeht?" Ich fühlte mich unwohl. „Wieso entführen wir eine Nutte? Sorry, nichts für ungut."

„Ex-Nutte", verbesserte mich Ursus.

„Ex-Nutte!", rief die Frau und lachte. „Bete für mich, dass es wirklich funktioniert!" Sie lehnte sich mit dem Ellenbogen auf meine Schulter. Zigaretten und Parfum. Das Parfum roch gut, doch in Verbindung mit ihrem Outfit sah ich das rote Licht nur so vor mir.

„Sorry, dass wir dich da mit rein gezogen haben, Süßer", meinte sie.

„Aber hätte ich dich erst nach Hause gebracht, dann wäre es vielleicht zu spät gewesen. Es musste heute klappen." Er sah mich entschuldigend an.

Ich fasste mir an die Schläfen. „Ich schnall gar nichts."

Mein Kumpel bog auf den Parkplatz eines Cafés und stellte den Pickup ab. „Das erklären wir dir bei einem Milchshake", meinte er und lächelte mich an, ehe er ausstieg und meinen Rollstuhl von der Ladefläche holte.

Schwerfällig rückte ich weiter zur Tür. Da ich so aufgewühlt war, war es besonders anstrengend meine Beine zu benutzen. „Magst du mir kurz helfen?", fragte ich die junge Frau.

„Klar." Sie stützte mich und half mir zu meinem Rollstuhl. Es nervte mich tierisch, dass sie mir helfen musste.

„Hier, ich hab dir was zum überziehen mitgebracht. Wird dir zwar drei Meilen zu groß sein, aber besser als nichts." Der Große gab ihr einen Stapel Klamotten.

Wir gingen zusammen ins Café. Ursus und ich setzten uns an einen Tisch in der Ecke, während das Mädel erstmal auf die Toilette verschwand.

„Mal Klartext..." Ich betrachtete ihn. „Wieso haben wir eine...? Woher kennt ihr euch überhaupt?"

Er lachte auf. „Das ist eine komische Geschichte." Er griff sich die Eiskarte. „Ich war mit meiner Diva unterwegs und hab auf dem Rastplatz Pause gemacht, wo Mandy arbeitet. Oder eher gearbeitet hat. Wie das halt so ist, kam sie zu mir und na ja vielleicht hätte ich sie sogar gefickt. Aber sie saß dann bei mir im Auto und hat angefangen zu weinen. Wir haben uns lange unterhalten. Sie tat mir wohl leid. Denn ich bin dann öfter zu ihr gefahren und wir haben einfach nur geredet. Irgendwann hab ich ihr versprochen, sie da raus zu holen."

Ein komisches Gefühl machte es sich in meiner Brust breit. „Also hast du es einfach getan...", murmelte ich.

„Klar. Für meine Freunde würde ich alles tun." Er lehnte sich zurück.

„Du bist zu gut für diese Welt." Ich schmunzelte und schob meine Brille hoch, sah auf, als unsere Begleiterin zu uns kam. Sie trug einen riesigen Pulli und Sportshorts. Die High Heels zerstörten das Bild. Denn sie hatte sich das billige Make-up aus dem Gesicht gewaschen. Eine wirklich hübsche Frau und es war unglaublich süß, wie verloren sie in seinen Sachen wirkte. Trotzdem war ich etwas eifersüchtig. Denn ich würde gern seinen Hoodie tragen.

„Willst du meine Schuhe?", fragte ich sie. Die Frau war recht groß und für einen Kerl hatte ich wirklich kleine Füße.

„Aber du brauchst doch selbst welche?"

„Ich hab nicht vor heute noch zu laufen, ich brauche meine Schuhe nicht", meinte ich lächelnd und zog meine Sneaker aus.

„Das ist echt süß von dir." Sie strahlte, als sie in meine Schuhe schlüpfte. „Ah! Ich bin übrigens Mandy."

„Hey, Mandy."

„Oh genau. Mandy, das ist Simia."

„Heißt du wirklich so?" Sie setzte sich auf die Sitzbank.

Ich lachte. „Nein."

„Sondern?"

„Sag ich nicht, solang er dabei ist." Ich deutete auf den Kerl uns gegenüber. „Aber seinen Namen will ich genauso wenig wissen, okay?"

Sie band sich schmunzelnd ihr Haare zusammen. „Okay."

Wir tranken gemeinsam unsere Milchshakes. Mandy weinte viel und bedankte sich immer wieder und hoffte, dass die Typen sie nicht fanden. Sie wollte ein normales Leben führen. Und immer wieder sah ich Ursus an. Ob sie es ohne ihn dort weg geschafft hätte?

Verrückter Tag, dachte ich und trank meinen Erdbeermilchshake.

Ursus [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt