„Sicher, dass ich dir nicht helfen kann?", fragte ich meinen besten Freund, der fleißig in seiner Küche herum werkelte, während ich faul in der Ecke herum saß.
„Hab ich dir erzählt, wer mir letztens im Schulflur begegnet ist?" Yps wandte sich zu mir um und warf sich das Geschirrhandtuch über die Schulter.
„Nein. Und das war auch nicht die Antwort auf meine Frage."
„Chris."
„Und? Sie ist deine Frau? Ist sie nicht schon öfter bei dir in der Schule gewesen?" Ich verstand nicht, was er mir damit sagen wollte. Da er allerdings auch nicht weiter darauf einging, ließ ich das Thema zur Seite. „Ich finde es übrigens immer noch komisch, dass du mit meiner kleinen Schwester verheiratet bist. Und dass es bald ein Mini-ihr geben wird, macht es nicht gerade besser."
Keine Ahnung, wie lang es zwischen den beiden bereits am laufen war und ich hatte nichts davon gewusst. Die zwei haben mir Ewigkeiten nichts davon erzählt, weil sie Angst vor meiner Reaktion hatten. Dabei freute ich mich für die beiden. Wirklich! Es war eben nur etwas merkwürdig, wenn die kleine Schwester und der beste Freund zusammen waren. Yps ist nicht nur symbolisch, sondern auch wirklich offiziell Teil meiner Familie geworden.
„Mini-ihr?" Er zog die Augenbrauen zusammen.
„Na ja. Das Baby!"
„Welches Baby?" Seine Arme verschränkten sich vor seiner Brust.
„Euer Baby?" Auch ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Wir haben kein..." In seinem Kopf schien es zu rattern. „Oder willst du mir damit sagen, dass..."
„Oh fuck, du hast es nicht gewusst?"
„Christiane ist schwanger...?!"
Oh Gott, durfte ich es ihm überhaupt sagen? Aber er war ihr Ehemann? Und der Vater des Kindes? Also ich ging jedenfalls stark davon aus. „Ähm..."
„Ist sie? Oder ist sie nicht?"
„Yps, ich weiß nicht einmal, ob ich dir irgendwas erzählen darf!"
„Du bist mein bester Freund!"
„Und sie meine Schwester. Ich sag doch, es ist merkwürdig mit euch beiden. Ich kann in ernste Schwierigkeiten geraten, wegen euch verrückten Menschen!"
„Komm schon, Mika!"
„Ich finde, darüber solltest du mit Chris sprechen. Ich bin jedenfalls nicht schwanger."
„Ach wirklich nicht? Dann bist du also nur fett geworden?" Er schlug mich leicht mit dem Geschirrhandtuch.
„Was soll das denn jetzt heißen?"
„Na dass du echt ein kleines Bäuchlein bekommst, alter Freund!"
„Dann lad mich nicht immer zum Essen ein." Ich zog eine Schnute.
„Wie wäre es, wenn du mal Joggen gehst?" Er sah so todernst aus, dass man hätte denken können, er meinte er ernst.
Ich sah ihn entsetzt an, deutete auf meinen Rollstuhl. „Ich glaube, dir ist in den letzten keine Ahnung wie vielen Jahren wohl etwas entgangen?"
„Oh seit wann sitzt du denn im Rollstuhl? Das ist mir nie aufgefallen."
„Du bist so bescheuert!", rief ich.
„Was ist denn mit euch los?", mischte sich meine kleine Schwester ein, die einen Einkaufsbeutel auf die Kücheninsel legte und ihren Mantel auszog.
„Er hat mir gesagt, dass du ein Mini-wir hast."
Ich erntete einen bösen Blick ihrerseits. „Du hast es ihm erzählt?"
„Es ist mir raus gerutscht!", verteidigte ich mich sofort.
„Also bist du wirklich schwanger?!"
Sie zögerte kurz, ehe sie nickte, was ihren Mann wirklich sehr unmännlich quieken ließ. Stürmisch umarmte er sie und verteilte eine Millionen Küsse auf ihrem Gesicht. Und anscheinend kam ich langsam in das Alter, in dem ich es tatsächlich ganz süß fand, wie sehr die beiden sich darüber freuten, Eltern zu werden.
„Wir bekommen ein Baby..." Yannik schien völlig überwältigt. Die Tatsache, dass ich es vor ihm gewusst hatte, schien ihn nicht mehr zu stören.
„Ja, mein Schätzelein, und dein Essen brennt an, wenn du mich nicht loslässt."
„Oh fuck!"
Lachend ließ sich Chris auf die Fensterbank sinken.
„Wann hattest du vor, es ihm zu sagen, herzallerliebste Schwester?"
„Ich hab auf den richtigen Augenblick gewartet."
„Der wäre so in neun Monaten gewesen? Im Kreissaal? Schreiend: ‚Ach übrigens, Schatz, wir bekommen ein Baby!'. Ja nee ist klar", lachte ich.
„Du bist doof! Na los, Krüppel, mach dich nützlich. Deck den Tisch."
„Ich werde hier nur gemobbt, wieso besuche ich euch noch?" Ich manövrierte meinen Rollstuhl an Yps vorbei und holte das Geschirr aus dem Schrank, ehe ich den Tisch deckte.
„Oh Mika, deck mal einen Teller mehr", warf mein Kumpel ein.
„Erwartest du noch jemanden?" Meine Schwester schien genauso überrascht zu sein wie ich.
„Ich dachte, es wäre doch ganz nett? So eine kleine... Zusammenkunft alter Freunde...?" Er rührte weiter in seiner Soße herum. „Mika, ich hab dir doch vorhin erzählt, dass ich jemandem auf dem Schulflur begegnet bin?"
„Ja...? Chris."
„Ich war nicht bei ihm in der Schule." Christiane erhob sich, als es an der Tür klingelte.
Mein bester Freund warf mir einen kurzen Blick zu. „Bitte bring mich nicht um, okay?", bat er mich.
Es traf mich wie ein Blitz. „Fuck, Yannik, ist das dein Ernst?!"

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Ursus [boyxboy]
Storie d'amore„Wieso sprichst du ihn nicht einfach an?" „Er will sicher keinen Typen. Schon gar nicht einen, der im Rollstuhl sitzt. Sieh mich doch an." „Gut, dann zeichne ihn halt für den Rest deines Lebens nur in dein Skizzenbuch ohne je ein Wort mit ihm gewech...