Beste Freunde

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Ich saß im Park auf der Bank, auf der ich immer saß. Theoretisch machte es keinen Unterschied, ob ich mich auf die Bank setzte oder im Rollstuhl blieb. Aber nicht im Rollstuhl zu sitzen, während ich zeichnete, gab mir das Gefühl von Freiheit. Und dieses Gefühl war unglaublich schön.

„Wieso sprichst du ihn nicht einfach an?", ertönte die immer heisere Stimme meines besten Freundes neben mir.

Ich schreckte auf und sah Yannik an. „Wo kommst du denn plötzlich her?"

Amüsiert zog er seine Augenbrauen hoch. „Ich sitz hier schon ein paar Minuten."

Das hatte ich gar nicht bemerkt. „Oh..."

Er lachte auf, deutete auf meinen Block. Wieder hatte ich ihn gezeichnet. Ich kannte seinen Namen nicht, denn ich hatte nicht gefragt. „Ohne Witz jetzt... wieso sprichst du den Typen nicht an? Ich hab ihn schon öfter auf meiner Uni gesehen. Und bei euch läuft er wohl auch ein und aus."

Ich schlug meinen Block zu und wurde rot.

„Du hast ein Auge auf ihn geworfen. Du kannst das nicht vor mir verheimlichen."

Ich biss mir auf die Unterlippe, zögerte. „Er will sicher keinen Typen. Schon gar nicht einen, der im Rollstuhl sitzt. Sieh mich doch an."

Er lehnte sich seufzend zurück und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. „Gerade sitzt zu nicht im Rollstuhl, sondern auf einer Bank. Aber gut, dann zeichne ihn halt für den Rest deines Lebens nur in dein Skizzenbuch ohne je ein Wort mit ihm gewechselt zu haben." Yps zuckte mit den Schultern und sah mich unbeeindruckt an.

Ich zog eine Schnute. „Genau genommen hab ich schon mit ihm geredet!"

„Achja?"

Ich nickte und rieb mit dem hinteren Ende meines Bleistifts über meine Jeans. „Letztens stand er Modell für meinen Kurs. Und wir haben ein bisschen geredet. Er ist total lustig... und seine Stimme ist schön..." Meine Worte wurden immer leiser.

Mein Bester zog mich an sich. „Ohje. Schätzelein, wo liegt denn dein Problem? Es wäre nichts außergewöhnliches, wenn du ihn einfach anlaberst."

Ich drückte mein Gesicht an seine Schulter. „Trau mich nicht..."

„Das ist doch aber nicht so schwer."

„Sagst du! Auf dich fliegen die Mädels. Außerdem hast du Beine, die du richtig benutzen kannst." Ich schnaubte und schob ihn von mir.

Er äffte mir nach.

Ich schlug ihm auf den Hinterkopf.

„Aua!"

„Verdient."

„Idiot."

„Selber Idiot."

Wir begannen beide zu lachen. Egal, was wir einander an den Kopf werfen würden, es würde unser Verhältnis nie verschlechtern. Ganz im Gegenteil.

„Darf ich mir die Zeichnung nochmal ansehen?", fragte Yps.

Ich übergab ihm meinen Block. Er schlug ihn auf und betrachtete die neuste Zeichnung von ihm. „Also ich bleib bei Frauen", lachte mein Kumpel.

Ich lachte ebenfalls. „Weißt du... Ich kann nicht einmal sagen, wieso ich ihn so attraktiv finde. Das klingt so bescheuert. Aber es ist irgendwie ganz merkwürdig..."

Yannik betrachtete mich. „Du musst ihn einfach nochmal ansprechen. Trau dich, Mika."

Ursus [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt