Meine nackten Füße lagen an der schwarz gestrichenen Wand hoch. Unter mir mein flauschiger Teppich, der sich so weich an meinen Oberkörper schmiegte. Mein rechter Arm war schwarz angemalt. Wieso hatte ich nur diese blöde Vorahnung gehabt? Ich drehte meine Musik auf volle Lautstärke, sodass ich nichts anderes mehr hören konnte. Mit geschlossenen Augen versuchte ich das Summen und unangenehme Kribbeln in meinem Arm zu vergessen. Vielleicht war es eine Eintagsfliege?
Wie lang ich dort lag, konnte ich nicht sagen. Und wie lang ich bereits Gesellschaft hatte erst recht nicht.
Sanft, ja fast schon liebevoll strich mir jemand die stillen Tränen von den Wangen.
Ich öffnete meine Augen, sah an meine Zimmerdecke, die gepflastert war mit Zeichnungen von Dingen. Mein Blick glitt neben mich, ehe ich meine Kopfhörer aus den Ohren zog.
„Was tust du hier?"
„Wenn deine Musik weiter so laut läuft, kriegst du irgendwann einen Gehörschaden, Äffchen." Er legte sich zurück auf den Teppich. Seine Füße standen neben meinen an der Wand.
„Was tust du hier?", fragte ich erneut.
„Yannik meinte, du gehst schon seit ein paar Tagen nicht zur Uni und willst niemanden sehen?"
Ich sah wieder an meine Zimmerdecke. „Jeder geht mal nicht zur Uni", schnaubte ich.
„Aber du siehst mir nicht danach aus als würdest du aus Bocklosigkeit nicht hin gehen."
„Was an dem Teil ‚er will niemanden sehen' hast du denn bitte nicht geschnallt?" Ich funkelte ihn böse an. Er nervte!
„Ich hab das schon sehr gut verstanden."
„Und warum bist du dann hier? Verpiss dich einfach."
„Ich werde mich nicht verpissen", sagte er ruhig und blieb einfach neben mir liegen.
Fuck. „Bitte... lass mich einfach allein."
„Das werde ich nicht tun."
„Warum?" Ich hielt krampfhaft meine Tränen zurück.
„Weil es dir schlecht geht und ich nicht möchte, dass du dann allein bist." Sein Blick glitt zu mir. „Du musst nicht reden oder sonst irgendwas. Ich möchte nur, dass du weißt, dass du nicht allein bist."
Da brachen alle Dämme. Schluchzer ließen meinen Körper beben. „Scheiß Idiot", stieß ich hervor.
Er ließ mich weinen, versuchte nicht mich zu trösten. Das hätte er sowieso nicht geschafft.
„Was hat es mit der schwarzen Farbe auf sich?" Leicht berührte er meinen rechten Arm.
Ich schüttelte den Kopf. Darüber wollte ich nicht reden. Denn wenn ich darüber sprach, würde es zur Realität werden. Das wollte ich nicht. Vielleicht würde es einfach wieder weggehen.
Er ließ es so stehen. Dafür war ich ihm sehr dankbar.
„Was isst du gerne?", fragte er mich nach stiller Ewigkeit.
„Dosenpfirsiche."
Ohne ein weiteres Wort stand Ursus auf und verließ mein Zimmer. Mir fiel auf, dass ich die ganze Zeit nicht mehr als meine grauen Boxershorts mit den Aliens drauf anhatte. Röte stieg mir ins Gesicht. Wie peinlich. Heulend und am Boden zerstört und dann in so dämlichen Alienboxern. Wenn das kein intimer Moment war, wusste ich auch nicht weiter.
Ich rappelte mich schwerfällig auf und fuhr mir über das Gesicht. Meine Augen waren etwas geschwollen vom Weinen.
„Äh du solltest übrigens anfangen die Wohnungstür vernünftig zu zu machen. Ich konnte vorhin einfach rein spazieren." Der große Kerl ließ sich wieder neben mich auf den Teppich sinken und hielt mir eine Schale mit Pfirsichhälften hin.
„Sag das meinem Mitbewohner." Ich schniefte ein letztes Mal und betrachtete die Pfirsiche. „Danke."
„Sag mal, was hast du in den Semesterferien vor?"
Leicht zuckte ich mit den Schultern. „Weiß nicht. Du darfst mich gern ein paar Mal entführen." Das erste Mal seit Tagen lächelte ich wieder.
„Nice." Er grinste mich an. „Aber dann stellst du mir deine Schwester vor?"
„Wieso willst du sie unbedingt kennenlernen?" Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Ich bin einfach nur neugierig."
Ich schmunzelte, aß mein Obst.
„Dein Zimmer ist übrigens wirklich interessant. Ich hab es mir irgendwie... anders vorgestellt." Er sah sich um.
„Wie meinst du das?"
„Na ja irgendwie weniger dunkel. Schwarze Wände. Schwarzer Teppich. Vorhänge zu gezogen. Vor allem keine rote Lampe."
„Die hab ich mir besorgt, nachdem wir in diesem roten Badezimmer in der Wanne saßen. Auf dieser Party", gestand ich.
„Echt? Wieso?"
„Hast irgendwie so eine pornöse Inspiration." Ich lachte.
„Klingt total bescheuert."
„Ich weiß." Ich betrachtete ihn. Er trug seine Mütze nicht. Ohne sie sah er fast schon nackt auf.
„Deine Alienunterhose find ich aber fast pornöser als das rote Licht." Er deutete auf meine Boxer.
Fast vergessen. Ich lachte peinlich berührt auf. „Ich steh auf so verrückte Bilder auf Unterwäsche. Besonders auf Socken. Ich liebe verrückte Socken."
„Witzig." Er grinste mich an. „Weißt du, dass dich das unglaublich sympathisch macht?"
„Jetzt schon."

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Ursus [boyxboy]
Romance„Wieso sprichst du ihn nicht einfach an?" „Er will sicher keinen Typen. Schon gar nicht einen, der im Rollstuhl sitzt. Sieh mich doch an." „Gut, dann zeichne ihn halt für den Rest deines Lebens nur in dein Skizzenbuch ohne je ein Wort mit ihm gewech...