Kapitel 49 - Wine

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Kaija's P.O.V:



"Joo Hyuk?" rief ich in unser riesiges Haus und vernahm das Echo meiner Stimme. Es war dunkel. Ich war sicher, dass er nach Hause gefahren war, nachdem wir unsere Konversation hatten (die wir noch fortsetzen mussten, weswegen ich hier war, abgesehen davon, dass ich hier wohnte). Ich war nicht mehr lange in dem Haus der Jungs geblieben, ich konnte mich die ganze Zeit über auf nichts konzentrieren. Meine Gedanken waren immer zu bei Joo Hyuk und ich betete, dass er hier war, damit ich alles mit ihm klären konnte. Mir wurde klar, dass er absolut nichts von mir wusste. Weder von meiner Vergangenheit, noch von meiner Familie, oder meiner Beziehung zu...

"Joo Hyuk?"

Er wusste nicht, was meine Lieblingsfarbe war, oder, dass ich große Angst vor Flugzeugen hatte... dass halb-fertig gestrichene Türen mich immer traurig machten, oder dass ich früher einmal geklaut hatte. All diese Kleinigkeiten, die eigentlich keine Kleinigkeiten waren. Er kannte nichts davon.

"Lasst uns einen Film schauen!" rief Namjoon und setzte sich auf die große Couch im Wohnzimmer. "Bin dabei." schloss Jungkook sich an und auch Jimin und Jin setzten sich zu uns. Yoongi und ich hatten uns bereits auf dem Sofa breit gemacht. Sein Arm um meine Schulter, hatte er mich an sich gedrückt. "Wie wäre es mit... 'Wenn ich bleibe'? Der soll sehr gut sein." schlug Jimin vor. Die meisten stimmten zu und warteten darauf, dass Jimin den Film anschaltete, bis Yoongi ihn stoppte. "Nein, nicht den." sagte er. "Wieso nicht? Alle sind dafür." wandte Jin ein und zog eine Schnute. Yoongi sah zu mir und biss sich auf die Unterlippe, als würde er stark über etwas nachdenken. Ich zuckte mit den Schultern, als Zeichen, dass ich auch mit dem Film einverstanden war, doch er schüttelte den Kopf. "Nicht den." wiederholte er ernst. Jimin seufzte. "Okay... welchen willst du denn dann sehen?" fragte er, ein wenig genervt von der unerklärten Abgeneigtheit des Älteren. "Sucht euch eine Komödie aus." antwortete dieser, worauf die anderen ihm ergeben gehorchten und sich einen Film mit Owen Wilson und Ben Stiller aussuchten, dessen Name mir bis heute nicht einfiel. Ich beugte mich zu Yoongi vor. "Warum wolltest du den anderen Film denn nicht schauen?" fragte ich verwundert über sein Verhalten. Er nahm meine Hand. "Das war ein Film über einen Autounfall, also... dachte ich, es wäre eine schlechte Idee." mein Mund formte sich zu einem O und ich blickte ihn dankend an. Er lächelte flüchtig und drückte mich näher an sich, worauf ich schmunzeln musste. Er kannte mich.


"Joo Hyuk, bist du zu Hause?"

Er war nicht im Wohnzimmer, und unser Schlafzimmer war ebenfalls leer. Als mir nichts anderes einfiel, suchte ich in der Küche, in der ich ihn fand. Am Küchentisch. Zerzauste Haare. Ein Hemd, bei dem ein Knopf zu viel aufgeknüpft war. Schweiß auf seiner Stirn. Und eine Weinflasche direkt vor ihm. Ich lehnte mich an den Türrahmen und beobachtete ihn ein wenig. Wie er immer und immer mehr Alkohol in sein Blut aufnahm. Wie er seinen Kopf schlaff hinunter hängen ließ und sich ab und zu die Schläfen massierte und seufzte. Es war das zweite Mal, dass ich ihn so aufgelöst sah. Er tat mir leid. Ich entschied mich bemerkbar zu machen und trat einen Schritt nach vorn. "Joo Hyuk?" sagte ich zaghaft und sofort schreckte er auf und sah zu mir hoch. Er versuchte vergebens die Weinflasche und das Glas zu verstecken, merkte jedoch, dass es dafür bereits zu spät war. Er schämte sich, dass ich ihn so sah. "M-Mianhae, ich wollte nur... ich war... ich wollte mich ein wenig beruhigen." er zwang sich ein trauriges Lächeln auf, dass ganz genau sein innerste widerspiegelte. Ohne weiter zu überlegen, setzte ich mich zu ihm, füllte sein Glas mit Wein und trank alles in einem Zug aus. Er sah mich mit großen Augen an, doch ich füllte das Glas als Antwort lediglich erneut auf und reichte es ihm. Er zögerte einen Moment, bis er es seufzend annahm. "Joo Hyuk, ich... ich will, dass du weißt, dass alles, diese ganzen Sachen... nichts mit dir zu tun haben." begann ich und sah ihn so ehrlich an, wie ich konnte. Er nickte, konnte jedoch nicht die Kraft aufbringen meinen Blick zu erwidern. "Ich habe mich immer wohl mit dir gefühlt und du bist ein... ein wundervoller Mann, das bist du wirklich... aber - " - "Aber ich bin nicht Min Yoongi." unterbrach er mich und sah über den Rand des Weinglases zu mir auf. Ich schwieg. Er seufzte. "Ich bin nicht blind, so viel kannst du mir schon zutrauen." wieder schwieg ich. "Du liebst Yoongi." sagte er und ich sah, wie schwer es für ihn war das auszusprechen. Ich wollte opponieren, aber es war die Wahrheit. Ich liebte Yoongi und daran würde sich nie etwas ändern. "Joo Hyuk, ich -" - "Ich verstehe schon. Ich meine, ich habe es gesehen, schon damals. Dass du ihn nicht so leicht vergessen wirst und der Ring, den du am Finger trägst und nie abgenommen hast... oder die vielen Male, die du deine Freunde am Telefon nach ihm gefragt hast, oder dich in den Schlaf geweint hast..." ich versucht meinen geschockten Blick in einem Glas Wein zu ertränken und hoffte, er würde nicht bemerken, wie überrascht ich war, dass er all das immer gewusst, und nie etwas gesagt hatte. "Auch, dass wir beide nie miteinander ge- " - "Das war aber nicht, weil ich -" - "Ich weiß warum es so war, Kaija. Das sollte kein Vorwurf sein." Er war so ernst. Jegliche Spur von Wärme und Verständnis, was ihn sonst ausgezeichnet hatte, war nicht mehr vorzufinden. "Ich denke, ich habe einfach gehofft, dass du nur deine Zeit brauchst. Dass du irgendwann glücklich mit mir wirst." - "Ich war glücklich mit dir, Joo Hyuk. Ich war sehr glücklich, es ist nur, ich habe mir selbst eingeredet, dass ich hinweg über mein altes Leben bin, weil ich es gerne so gehabt hätte. Das war nicht richtig. Damit habe ich dich und auch mich selbst angelogen... Es... Es tut mir leid." er trank noch einen großen Schluck Wein und sah mich an. "Ich kann nicht so tun, als würde mich das kalt lassen, denn für mich warst du immer... die Frau, mit der ich mir vorstellen konnte mein Leben zu verbringen." Er lächelte traurig. Ihn so verletzt zu sehen, ließ mein Herz vor Schuld beinahe zerplatzen. Ich griff nach seiner Hand, doch er zog sie weg, ehe ich die Chance dazu hatte. "N-Nicht..." er sah bedrückt zu Boden. Ich nahm es ihm nicht übel. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Er hatte jedes Recht mich zu hasse. Es wunderte mich, dass er überhaupt so ruhig war. "Es tut mir leid, Joo Hyuk." Er nickte lediglich. "In Ordnung... ich werde mich um die Presse kümmern. Das mit der Scheidung müssen wir dann besprechen..." er stand auf und stellte die Weinflasche wieder in den Schrank, was unnötig war, da kaum noch Wein darin war. Mein Herz wurde schwer, als ich sah, wie er versuchte all das nicht an sich heranzulassen. "Ich... kann auf der Couch schlafen." sagte er und lehnte sich an die Arbeitsplatte neben dem Herd. Sein Blick war müde, seine Augen glasig und er sah ausgelaugt aus. Ich stand auf und ging langsam auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stand. "Ich... werde heute bei meiner Familie schlafen." er nickte und vermied es mir in die Augen zu sehen. "Joo Hyuk, du bist ein wundervoller Mann. Das ist nicht deine Schuld. Es ist, weil ich einfach... du verdienst jemanden, der dich so sehr liebt, wie du es verdienst, jemanden, der wirklich zu dir passt. Ich bin nicht diese Person für dich, Joo Hyuk und du bist auch nicht diese Person für mich." er fuhr sich mit seinen Händen übers Gesicht, als würde er versuchen all den Schmerz ganz einfach von sich wegzuwischen, dann sah er mich an und ich konnte sehen, dass seine Augen nass waren und ich bemerkte erst, dass ich auch weinte, als er mir zögernd eine Tränen von der Wange strich. "Es tut mir so leid..." brachte ich mit zitternder Stimme heraus. Er nickte nur und ging an mir vorbei zur Küchentür. "Ich werde... ich gehe dann." er wies mit seinen Augen zur Treppe und ging ohne ein weiteres Wort nach oben in das Zimmer, dass früher unser Schlafzimmer war.

No more Dreams (No more scars 2) BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt