Kapitel 36 - Back in Seoul (3)

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Das Essen verlief mehr oder weniger still. Hin und wieder hatte Kyra mir, oder Joo Hyuk irgendwelche belanglosen Fragen gestellt, um das ganze nicht noch peinlicher zu machen. Er hatte mich die ganze Zeit über angestarrt und ich hatte ihn die ganze Zeit über angestarrt, wenn er mich gerade nicht angestarrt hatte. Die Gespräche waren eher unangenehm und erzwungen und sogar das Essen begann nach einer Zeit fad zu schmecken. Das schlimmste an all dem war jedoch, dass ich ertragen musste, dass er schräg gegenüber von mir saß. Dass unausgesprochene Worte in der Luft lagen. Dass sie neben ihm saß. Tae nahm hin und wieder meine Hand und Namjoon sah mich ebenfalls des öfteren besorgt an. Natürlich bemerkten sie es. Das tat jeder. Selbst Joo Hyuk. Und als wir alle fertig gegessen hatten, war es noch stiller und noch unangenehmer. Darum wunderte es wohl auch niemanden, als ich mich entschuldigte, um für einen Moment an die Luft zu gehen. Ich hielt es nicht länger aus. Dieses Schweigen, diese Leere.

Ich wollte schreien, ich wollte irgendetwas kaputt machen, ich wollte wegrennen. Ich hatte Joo Hyuk, er war wundervoll. Ich wollte mit ihm zusammen sein. Ich war gerne mit ihm zusammen, also warum war es so unerträglich? Als würde er persönlich all meine Narben aufschneiden. Als würde er mir ein Messer in mein Herz rammen. So sehr tat es weh. Vor ein paar Jahren hätte ich die Steine auf dem Boden vor der Terrasse aufgehoben und wild und wütend umher geschmissen, bis Yoongi gekommen wäre und mir mit einem „Es reicht jetzt" und seinem ach-so-süßen Stimmenklang meine ganze Wut ausgetrieben hätte. Wie damals.

Jetzt war die Situation ein wenig anders. Jetzt war sie neben ihm. Warum sie? Warum kümmerte es mich? Es sollte mir vollkommen egal sein.Ich war nicht mehr in seinem Leben und er war nicht mehr in meinem. Ahh. Schon wieder dieser Schmerz.

„Ich soll dir sagen, dass du wieder reinkommen sollst, Nachttisch ist jetzt gleich fertig."

Dann war es, als hätte die Zeit für einen Moment angehalten und die Luft um mich herum wurde noch kälter, als sie es ohnehin schon war. Ich drehte mich nicht um. Das Glitzern in meinen Augen hätte mich verraten.

„Ich habe keinen Hunger, ich bleibe noch ein wenig hier und komme gleich rein."

„Joo Hyuk fragt auch nach dir."

„Warum ist er dann nicht selbst gekommen?"

„Er hilft beim Abwasch."

„Dann sollte ich das auch tun."

Ohne ihn auch nur ein einziges Mal anzusehen, versuchte ich durch dir Tür ins Haus zu laufen, doch ehe ich die Chance dazu hatte, packte er mich am Arm und hielt mich davon ab. Ich zog erschrocken die Luft ein und sah mit großen Augen zu ihm auf. Mein Körper brannte. Mein Herz brannte. Wut, Trauer, Reue, Schmerz. So viele Emotionen.

„Lass mich los."

Meine Stimme klang um einiges schwächer, als gewollt. Er sah herab auf meine Hand. Er sah auf den Ring. Ja, seit er ihn mir geschenkt hatte, hatte ich ihn nicht auch nur für eine Sekunde abgenommen. Warum? Ich wusste es nicht. Vielleicht, weil es das letzte bisschen Vergangenheit war, dass ich mit mir trug und an dem ich festhielt. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch im Gegenzug wurde er nur noch fester.

„Du trägst ihn?"

Ich antwortete nicht.

„Was hält Joo Hyuk davon?"

Ich wusste nicht, warum mich meine Wut verleitete zu sagen, was ich nun sagte. Ich wusste nicht mal warum ich so unfassbar wütend war.

„Was soll er von einem Ring von einem einfachen Freund halten?"

Das war hart. Ich wusste es. Aber es war notwendig. Auch, wenn das ironische Lachen, dass nun seine Kehle verließ mir noch mehr weh tat.

„Das hast du ihm gesagt?"

No more Dreams (No more scars 2) BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt