Drunk

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Nach dem vierten Longdrink konnte ich nicht mehr. Meine Augen wurden immer schwerer und ich begann schon alles doppelt zu sehen.
Die Gespräche meiner Freunde bekam ich nur noch gedämmt mit.

Was hat mich nur geritten, dass ich mich so dermaßen voll laufen ließ?
Ach richtig, mein ehemaliger Kunstlehrer, den ich richtig toll fande, vielleicht sogar schon zu toll, hatte sich nach fast einem Jahr gemeldet.

Ich hatte ihn am letzten Schultag geschrieben, wie toll ich ihn finde, dass er mein Lieblingslehrer ist und ich ihn vermissen werde.
Und nach einem Jahr hat er sich gemeldet. Ich hätte nicht mal mehr im Traum daran geglaubt, dass er irgendwann mal wieder auf Facebook sein wird und meine Nachricht empfängt.

Falsch gedacht. Und dann war er auch noch so mega süß zu mir und meinte er hat sich immer gefreut mich zu sehen und in seinem Unterricht zu wissen. Wir haben dann noch eine Weile geschrieben und es war direkt wieder so vertraut wie damals schon.
Wir haben uns im Unterricht immer so gut verstanden und dann musste er einfach zurück an seine Seminarschule und ich habe bis vor ein paar Tagen nie wieder etwas von ihm gehört.

Jetzt haben wir sogar Nummern ausgetauscht, was ein sehr großer Fehler war. Ich darf nicht so viel mit ihm schreiben, weil wieder alles hoch kommt. Die ganzen Gefühle, die ich dieses ganze Jahr lang verdrängt hatte. Sie kommen wieder hoch, als wären sie nie weg gewesen.
Aber auf der anderen Seite fühlt es sich so gut an, wieder Kontakt mit ihm zu haben.
Ouh man und jetzt hat es nicht mal etwas gebracht den Frust wegzusaufen, weil ich trotzdem die ganze Zeit an ihn denke.

"Leeeenaaa?" Wurde ich gerufen.

"Hmm, was?" Gab ich verwirrt von mir.

"Gehts dir noch gut? Du siehst so abwesend aus."

"Ja du, nach vier Coktails wirds bei mir scho kritisch. Ihr habt ja nicht ma den ersten leer." Stellte ich fest
"Vielleicht wärs einfach besser, wenn ich zuhause anruf, dass mich jemand abholt. Ich will eigentlich scho noch mit euch feiern, aber ich seh scho alles doppelt." Erklärte ich mit einem geschlossenen Auge, dass ich meine Freunde halbwegs erkennen konnte.

Sie stimmten mir zu, dass es vielleicht durchaus sinnvoller wäre, jetzt lieber im Bett zu liegen, als weiter zu trinken.

Wieder mit einem zugekniffenen Auge suchte ich nach meinem Bruder in den Kontakten. Der ist um die Uhrzeit bestimmt noch wach.

Es klingelte und klingelte, doch er nahm nicht ab. Verdammt. Ich drückte noch mal auf anrufen und dieses mal ging er nach kurzer Zeit doch an sein Handy.

"Lena, hast du mal auf die Uhr geschaut? Wir haben kurz nach drei." Meinte er etwas verärgert.

Der klang ziemlich komisch. Vermutlich, weil ich ihn gerade geweckt hatte.

"Oh fuck sorry, ich dacht du wärst noch wach. Die Mama wollt ich net anrufen... naja, warum ich anruf: ich bin so voll und kann net mehr und wäre dir dankbar, wenn du mich abholen könntest. Wir sin in Frankfurt im Gekkos." Lallte ich ihm in den Hörer.

"Ähm... also..."

"Bitteee, ich hab dich letztens auch abgeholt."

"Was? Lena, wie viel hast du schon getrunken?"

"Vier Cocktails, aber was spielten des jetzt für ne Rolle, ich will bitte einfach nachhause."

"Alles klar Lena, ich fahr gleich los."

"Danke, bis später." Dann legte ich auf. Mann, war der komisch am Telefon.

Ungeduldig schaute ich auf die Uhr, 30 Minuten sind schon längst um, wie lang brauch der denn bitte?

Nach weiteren 20 Minuten stand ich auf. "Ich schau mal draußen, ob ich ihn irgendwo sehe."

"Lena?" Hörte ich es irgendwann hinter mir.

Ich drehte mich um und der Mann, weshalb ich hier überhaupt so betrunken war, stand mir direkt gegenüber.

"Sebastian, was machst du denn hier?"

"Du hast mich angerufen, dass ich dich abholen soll."

"Dich? Ich dacht ich telefonier mit meinem Bruder. Deshalb hast du dich so komisch angehört. Oh Gott, es tut mir so leid" Stellte ich peinlich berührt fest.

"Ja, ich dachte es mir schon, wollte aber die Chance nutzen, dich endlich mal wieder zu sehen."

Sofort wurden meine Knie wieder weich. Ah fuck, er ist viel zu alt für mich. Lass es Lena. Bleib lieber doch hier und ruf dieses mal wirklich deinen Bruder an, sagte mir die Stimme in meinem Kopf.

"Ich hol drinnen schnell mein Zeug."

Wag es ja nich, Lena!

Er nickte und ich maschierte zurück in die Bar.

"Ist er da?"

Eifrig nickte ich und verabschiedete mich von allen.

Herr Richter lächelte mich leicht verschlafen an, als ich wieder durch die Tür nach draußen trat.

Plötzlich flossen mir einfach die Tränen über meine Wangen und tropften nacheinander auf den Asphalt.

"Hey, was ist denn los?" Fragte er besorgt und kam einen Schritt näher auf mich zu.

"Also, ich... ich bin einfach so froh, dass wir wieder Kontakt haben."

Nun stand er direkt vor mir und wischte mir vorsichtig die vereinzelten Tränen vom Gesicht. Dann legte er seine Arme um mich und schloss mich in eine innige Umarmung. "Ich auch Lena, ich auch." Flüsterte er mir ins Ohr und strich mir sanft über den Rücken.

"Komm, ich bring dich nachhause." Sagte er, als wir uns aus der langen Umarmung lösten.

Ich nickte nur.
Auf einmal wurde mir richtig kalt und ich fing an zu zittern, nachdem ich die Wärme durch seine Umarmung nicht mehr spürte. Kommentarlos legte er mir seinen Mantel über die Schultern.
Er ist aber auch echt ein Char­meur. Warum macht er es mir denn so verdammt schwer?

An seinem Auto angekommen öffnete er mir die Beifahrertür und ich setzte mich schmunzelnd in seinen Audi, der ziemlich neu aussah. Er muss sich meinen Rat von der KS-Party, sich lieber einen Audi als einen BMW zukaufen, wohl zu Herzen genommen haben.

"Was grinst du so?" Wollte er wissen.

"Ein Audi also."

Nun lachte er auch. "Ja, mir ging da damals so eine auf die Nerven, dass ich mir unbedingt einen Audi kaufen soll. Dann hab ichs halt jetzt wirklich gemacht."

"Ey, jetzt werd mal nicht frech." Befahl ich ihm und stand mittlerweile wieder vor ihm.

Unschuldig hob er die Hände nach oben.

Sein Blick fiehl für kurze Zeit auf meine Lippen. Ich erwischte mich dabei, wie mein Blick auch von seinen Augen hinunter zu seinen Lippen wanderte. Wie gerne ich diese jetzt auf meinen spüren würde.

Sein Gesicht kam meinem immer näher. Die gehobenen Hände fanden nun Platz auf meinen Wangen und zärtlich legte er seine Lippen auf meine.
Meine Hände verschränkte ich in seinem Nacken und drückte ihn somit enger am mich.

"Würde es dir etwas ausmachen, einfach bei mir zu schlafen?"

Ich schüttelte müde und grinsend den Kopf. Nach einem weiteren gefühlvollen Kuss ließ ich mich zufrieden in den Sitz sinken.

Meinungen und Ideen sind bei mir gerne gesehen :)


LehrerXSchüler Oneshots 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt