Seejunges legte sich schnell wieder hin und schloss die Augen, als Grasfell auf sie zukam. "Lilienauge! Du wirst mich begleiten!", rief er, ohne sich umzudrehen. Lilienauge, eine sandfarbene Kätzin, eilte schnell zu ihrem Zweiten Anführer.
Ein Pfote stieß Seejunges an und sie blinzelte. Sie erhob sich auf die Pfoten und stellte sich neben Morgenjunges. "Wie heißt ihr?", fragte Grasfell. "Ich bin—", miaute Seejunges, brach jedoch ab, als Morgenjunges sie anstieß.
"Was geht das diese Fischhirne an?", fauchte ihre Schwester wütend. Lilienauge knurrte leise und Grasfell wandte sich an Morgenjunges. "Wir haben euch das Leben gerettet!", blaffte er, "schon vergessen?"
"Ich wüsste nicht, dass wir drum gebeten haben!", fauchte Morgenjunges widerwillig.
Zähne gruben sich Seejunges' Nackenfell und sie wurde hoch gehoben. "Wir bringen euch jetzt zurück zu eurem Clan", miaute Grasfell ohne jegliche Emotion in der Stimme.
Seejunges erwiderte nichts und auch Morgenjunges schwieg. Grasfell und Lilienauge liefen flussaufwärts. Die Bäume beschatteten den düsteren Kiefernwald und Seejunges fragte sich still, wie man hier leben konnte, geschweige denn sogar leben wollte.
Es ist so dunkel und finster. Hinter jedem Gebüsch könnte sich eine Gefahr verbergen. Wie kann man hier leben?
Sie blickte über den Fluss und und konnte weit entfernt einen normalen Wald mit hohen Bäumen ausmachen.
Vielleicht nicht so schön wie unsere Insel, aber sicherlich besser als dieser dunkle Wald.
"Wann sind wir wieder im Lager?", jammerte Morgenjunges, die in Lilienauges Maul baumelte. "Ich will zurück zu Schwarzfluss!"
Seejunges unterdrückte ein kühles Seufzen. Ich auch.
"Wer ist Schwarzfluss?", fragte Lilienauge. Die MondClan-Kriegerin schien scheinbar Morgenjunges' Vertrauen gewinnen zu wollen. "Meine Mutter!", fauchte Morgenjunges.
"Wie sieht sie denn aus?", fragte Lilienauge weiter. Morgenjunges antwortete nicht. "Sie sieht aus wie ich", miaute Seejunges anstelle ihrer Schwester. "Verstehe", murmelte Lilienauge.
"Und wie heißt euer Vater?", wollte Grasfell wissen.
"Windnebel!", maunzte Seejunges. "Er sieht aus wie Morgenjunges. Und er ist ein ganz, ganz tapferer Krieger! Schwarzfluss meint, dass er einer von Aschensterns besten Kriegern ist!"
Morgenjunges nickte. "Au ja! Ich hoffe, er wird eines Tages mein Mentor!"
"Schüler bekommen normalerweise keine Verwandten als Mentoren", erwiderte Grasfell. "Habt ihr denn Geschwister?"
Seejunges dachte an ihre Geschwister. Ob Sandjunges sich um sie sorgte? Vielleicht machte sich ja sogar Löwenjunges Gedanken? Oder hatten sie ihr Verschwinden gar nicht bemerkt?
"Wir haben zwei Brüder und noch eine andere Schwester", maunzte Morgenjunges. "Unsere Schwester heißt Sturmjunges. Sie ist total langweilig und macht nie etwas mit uns! Das ist richtig doof! Löwenjunges ist ein bisschen komisch und distanziert, aber totzdem habe ich ihn lieb! Und Sandjunges ist für jeden Spaß zu haben! Er liebt Abenteuer!"
Seejunges war ein wenig verwundert über Morgenjunges' ausführlichen Bericht, entschied sich aber, nicht weiter darüber nachzudenken.
"Na ja, ihr müsst Abenteuer auch mögen", maunzte Lilienauge streng, aber Seejunges hörte die Belustigung in ihrer Stimme.
"Wisst ihr, Jungen sind immer abenteuerlustig. Das weiß ich von meinen eigenen", miaute Grasfell sanft.
"Du hast eigene Jungen?", fragte Seejunges erstaunt.
"Ja!", miaute Grasfell. "Sie heißen Spinnenjunges, Erlenjunges und Efeujunges. Der Name meiner Gefährtin lautet übrigens Wassersturm."
Seejunges blinzelte überrascht. Was für ein komischer Name! Sie sagte aber nichts und ließ sich weiter tragen.
Bald erreichten die vier Katzen das SonnenClan-Lager, wo geschäftiges Treiben herrschte. Überall krochen Katzen umher und schienen jemanden zu suchen. Sie suchen uns!, wurde Seejunges bewusst. Weil wir abgehauen sind, haben sie sich Sorgen gemacht.
"Schaut nur! Sie sind zurückgekehrt!", rief da eine Stimme.
Dornenblatt, der Zweite Anführer, deutete mit dem Schweif auf die vier Katzen. Seejunges spürte, wie sie sanft auf den Boden gesetzt wurde.
Schwarzfluss schoss aus einer Ecke des Lagers auf sie zu. "Ihr seid wieder da! Geht es euch gut?! Haben sie euch etwas getan?!", rief sie besorgt.
Seejunges wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie spürte die raue Zunge ihrer Mutter über ihr Fell fahren. "Ich habe mir solche Sorgen um euch gemacht!", maunzte sie erschrocken.
Seejunges hob den Kopf und sah ihre Mutter an. "Es tut mir — uns — so leid!", wimmerte sie und drückte sich an ihre Mutter.
"Was tut dir leid?", fragte Schwarzfluss und schob die kleine Kätzin ein Stück von sich weg. Sie bedachte Seejunges mit einem strengen Blick und diese fühlte, wie sie zu zittern begann.
"Wir wollten in den Wald, um zu jagen, und dafür hätten wir den Fluss überqueren müssen, aber die Strömung hat uns mitgerissen. Wir wären fast ertrunken, doch dann wurden wir gerettet! Ich hatte solche Angst! Es tut mir so leid!", plapperte sie los und ihr Fell sträubte sich, als sie sich an das eisige Wasser erinnerte.
Schwarzfluss sah sie entsetzt an. "Was?!", fauchte sie aufgebracht. "Ich dachte, ihr wurdet entführt! Das Einzige, was bei euch entführt wurde, ist aber euer Gehirn!"
Seejunges ließ den Schwanz hängen und sah ihre Mutter traurig an. "Es tut mir leid!", piepste sie. "Ich tue es nie wieder! Nie wieder! Und Morgenjunges auch nicht! Wir haben unsere Lektion gelernt!"
Schwarzfluss musterte sie streng. "Das will ich hoffen", knurrte und zog ihre Jungen dann aber zu sich. "Ich kann euch nicht böse sein", schnurrte sie und leckte ihnen übers Nackenfell. "Trotzdem bekommt ihr eine Strafe. Ihr könnt bestimmt einmal die Kinderstube säubern oder Birkensee und Schilfpfote helfen", miaute sie sanft. Seejunges' Pfoten kribbelten vor Freude. Eine Schülerarbeit!
Am Abend lagen sie wieder in der Kinderstube. Morgenjunges und Seejunges hatten die Kinderstube säubern müssen; trotzdem: Der kleinen Kätzin hatte es Spaß gemacht und sie hatte ihre Lektion gelernt. Sie kuschelte sich eng an Schwarzfluss und gähnte, dann schlief sie ein.
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Mitten in der Nacht wachte Seejunges auf. Alles um sie herum war dunkel, doch sie meinte, bernsteinfarbene Augen zu sehen, die sie aus der Dunkelheit anfunkelten. Dann zerriss ein Schrei die Stille und Blütentraum, die Wache hielt, jaulte: "Wir werden überfallen!"
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Warrior Cats - Special Adventure - Seeroses Bestimmung
Fantasy"Schwarz und Weiß werden kämpfen, Eis muss fallen und Schatten sollen diese Welt regieren. Erst wenn einer siegt, kehrt Frieden ein." Die Zeit fließt immer weiter wie ein Fluss und niemand kann etwas dagegen tun. Das Schicksal ist für jeden vorbesti...