Kapitel 25

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Der Wind umstrich Seepfote sanft. Sie konnte es nicht glauben! Das konnte nicht sein! Sie hatten erfahren, dass Windnebel der Verräter war! Aber wie? Wie konnte das sein?! Wurden sie belauscht? Oder hatte Sandpfote es weitergesagt? War er deshalb nicht in seinem Nest gewesen?

Seepfote warf ihrem Vater einen vielsagenden Blick zu. Er trat unruhig von einer Pfote auf die andere:
Ich kann nicht verbannt werden! Meine Jungen brauchen mich! Ich war nie ein guter Vater, aber WunderClan, ich verspreche dir, dass ich mich ändern werde! Gib mir noch eine Chance.

Seepfote kniff die Augen zusammen und ließ den Schweif sinken. Sie hasste ihn. Sie hasste ihn so sehr und doch — er tat ihr leid. Er hatte Recht gehabt, als er sagte, dass er immer noch ihr Vater sei.
Er durfte nicht verbannt werden! Das durfte nicht passieren!

"Ruhe!", fauchte Aschenstern nun und die Katzen hörten auf zu flüstern, "eine Katze hat unseren Clan verraten, indem sie sich mit einer MondClan-Kätzin traf. Oder sollte ich "er" sagen?"

Sein Blick schweifte durch die Runde und haftete einen Moment auf Windnebel, der zusammen zuckte. "Nun", hob Aschenstern an, "ich soll doch sicherlich kein Geheimnis daraus machen, wer unseren Clan verraten hat, oder?"

Er warf einen hämischen Blick in die Runde und stolzierte auf und ab. Doch dann verfinsterten sich seine Augen.

"Wer war es?!"
"Sag es uns!"
"Wir wollen es wissen!"

So erklangen die Rufe um Seepfote herum. "Na dann", lachte Aschenstern, "Windnebel, tritt sofort vor!"

Seepfote blickte ihren Vater traurig an, doch er rührte sich nicht.

"Ich habe nichts getan", versuchte er zu erklären, aber seine Worte prallten an Aschenstern ab.

Der graue Anführer verengte die Augen zu Schlitzen und fuhr die Krallen aus. "Tritt sofort vor, sonst zerfetze ich dir die Kehle", blaffte er.

Windnebel betrachtete seine Pfoten und trat dann vor. Die Blicke der anderen Katzen ruhten auf ihm. Alle schwiegen sie und beobachteten gespannt das Geschehen.

Seepfote konnte es nicht glauben — wurde er gerade wirklich verbannt? Wurde ihr Vater wirklich verbannt? Ihr Vater!

"Ich rufe den WunderClan an und bitte ihn, meine Entscheidung zu akzeptieren", jaulte Aschenstern gen Himmel, dann sprang er los und landete genau vor Windnebel. "Du elender Verräter!", zischte er, "du hast deinen Clan verraten!"

Windnebel hob den Kopf, legte die Ohren an und kniff die Augen zusammen. "Woher willst du das wissen?!", fauchte er seinen Anführer an.

Aschenstern lachte kalt auf. "Dein eigener Sohn, Sandpfote, hat dich verraten. Er ist dem Clan loyal!"

Seepfote wurde schlecht. Sandpfote hatte Windnebel wirklich verraten? Wie konnte er das nur tun? Er war immer noch ihr Vater! Trotz allem!

Dann schnellte Aschenstern vor und stürzte sich auf Windnebel. Er riss ihn um und seine Krallen verfehlten nur knapp seine Kehle.

Windnebel rollte sich zur Seite und wich Aschensterns Angriffen aus, aber dieser wurde immer schneller und griff von Rechts nach Links an, bis er den blaugrauen Kater zum Wasser getrieben hatte.

Windnebel wollte zurücktreten, doch der Boden bröckelte nur und seine Pfoten trafen ins Wasser. Gerade noch konnte er sich halten.

Aschenstern biss ihn in den Nacken und zog ihn mit sich nach vorne — in die Mitte der Katzen. Dann fuhren seine Krallen durch Windnebels Gesicht und hinterließen blutige Spuren.

"Windnebel!", jaulte Seepfote, aber Geisterfuchs hielt sie zurück, "bleib hier."

Mit Schrecken musste sie beobachten, wie Aschenstern Windnebels rechtes Auge mit seinen Krallen zerkratzte. Jemand musste ihm doch helfen!

Aber alle Katzen standen nur da und beobachteten das Geschehen. Sie waren nicht erschrocken, entsetzt — nein, sie genossen das Geschehen! Wie konnten sie nur?!

"Geisterfuchs!", flüsterte Seepfote, "warum tut ihr nichts?" Geisterfuchs antwortete nicht.

Nun trat eine grauenvolle Stille ein, ehe ein markerschütternder Schrei ertönte. Windnebels Gesicht war blutüberströmt, als Aschenstern von ihm wegging und sich entspannt die Krallen leckte.

"Nun", fuhr Aschenstern fort, "von diesem Tag an verbanne ich dich! Für immer und ewig! Jeder Anführer des SonnenClans, der dich wieder in seinen Clan aufnimmt, soll einem qualvollen Tod sterben, bis jedes seiner neun Leben verschwunden ist! Sollte eine Katze meines Clans dich irgendwann und irgendwo erblicken, so hat sie die Pflicht, dich zu ermorden. Egal, wo. Und nun — verlasse den Clan! Sofort! Ehe ich dich gleich töte!"

Er machte noch eine Pause. "Ach ja", fauchte er, "ich hoffe, dein Auge blutet schön."

Windnebel erhob sich schwach auf die Pfoten und taumelte auf den Fluss zu, als er an Seepfote vorbeilief, nahm sie den stechenden Gestank des Blutes wahr.
"Danke", flüsterte er, "danke, dass du mich nicht verraten hast."

Seepfote schwieg. Sie wusste, dass sie vor ihren Clan-Gefährten nichts sagen konnte. Nicht vor Geisterfuchs.
Und dann verschwand Windnebel für immer, doch der Geruch seines Blutes hing weiterhin in der Luft.

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Irgendwie tut er mir leid, auch wenn ich ihn absolut nicht leiden kann. Na ja, fürs Geschehen war's jedenfalls notwendig, da es noch sehr große Auswirkungen auf die Handlung haben wird. Ihr merkt schon die Folgen von Schwarzfluss' Tod, denke ich.

Warrior Cats - Special Adventure - Seeroses BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt