Kapitel 66

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Das Fell der hellgrauen Kätzin unterschied sich stark von dem des schildpattfarbenen Katers, der direkt neben ihr durch den bunten Blattfall-Wald lief. Ihre Pelze streiften einander und der Boden raschelte unter ihren Schritten.

Der Himmel färbte sich bereits blutrot, obwohl es noch nicht sonderlich spät war. Einige Tage waren ins Land gezogen, seit Seerose und Sturmgeist Gefährten geworden waren. Die Tage wurden kürzer und die Nächte länger, was in letzter Zeit immer evidenter wurde.

"Seerose." Sturmgeists Stimme durchbohrte die Stille wie Krallen das Fell der Gegner. Er blieb stehen und sah seine Gefährtin an.

"Ja?", fragte die SternenClan-Kriegerin und erwiderte seinen waldfarbenen Blick.

"Dir ist schon bewusst, dass wir Rosenstern nicht einfach so überzeugen werden, den SonnenClan anzugreifen und deine Jungen zu retten?"

Seerose seuftzte. "Ja", murmelte sie und betrachtete ihre Pfoten, "das ist mir bewusst. Aber irgendwie müssen wir meine Jungen doch retten. Außerdem hast du versprochen, dass du mir helfen wirst."

Der schildpattfarbene Kater schnaubte missbilligend. "Das werde ich auch", murmelte er, "doch auch ich werde nicht in der Lage sein, den ganzen SonnenClan zu besiegen, um Sonnenschein und Nachtfrost zu retten."

Seerose wirbelte herum und funkelte den Zweiten Anführer wütend an. "Ich habe doch auch gar nicht gesagt, dass ich das erwarte!", protestierte sie, "ich erwarte, dass du Rosenstern davon überzeugst, den SonnenClan anzugreifen."

Sturmgeist riss entsetzt die Augen auf. "Bist du verrückt?", fauchte er, "ist dir bewusst, dass das Folgen für den ganzen Clan hat! Es würden vermutlich Katzen sterben! Und selbst dann wäre es nicht einmal sicher, ob wir es überhaupt schaffen, deine Jungen zu retten! Vielleicht würden sie ja nicht gehen wollen oder Geisterstern würde sie festhalten!"

Seerose bleckte wütend die Zähne. "Sie würden nicht gehen wollen?!", wiederholte sie aufgebracht, "hast du mir nicht zugehört? In meinem Traum wurde deutlich klar, dass meine Jungen gehen wollen!"

Ihr schildpattfarbenes Gegenüber musterte sie nur mit seinem klaren, waldfarbenen Blick, der sie zu durchbohren schien. Seine grünen Augen waren wie dunkle Seen des Verständnisses. Seerose hatte das Gefühl, sich in ihnen zu verlieren, als würde ihr Geist ihren Körper verlassen und in Sturmgeists smaragdfarbener Welt versinken. Doch schnellte holte er sie in die Wirklichkeit zurück, als er cholerisch miaute:

"Einerseits verstehe ich dich: Du liebst deine Jungen und möchtest ihnen helfen. Das ist normal. Andererseits musst du aber auch an das Wohl deines Clans denken. Du kannst nicht nur an Katzen denken, die dir vor Monden genommen wurden."

Seerose spürte, dass sich ihr Nackenfell vor Empörung sträubte. Ihre eisblauen Augen glitzerten vor Entrüstung. "Ach ja?!", knurrte sie ungehalten, "du hast doch keine Ahnung, wie sich das anfühlt! Dir wurden deine Jungen nie gekommen!Dir wurden nicht die Katzen genommen, für die du dein Leben gegeben hättest! Du hast nicht alles verloren, was du liebst!"

Sie wirbelte erbittert herum und wollte gehen, doch Sturmgeist stellte sich ihr in den Weg.

"So was das überhaupt nicht gemeint!", knurrte er gereizt und erbost. "Ist dir bewusst, dass der SonnenClan, ohne zu zögern, in so einer Schlacht töten würde? Dass du dabei sterben könntest? Verfluchter WunderClan, ich möchte dich nicht verlieren! Ich möchte nicht, dass du stirbst!"

Warrior Cats - Special Adventure - Seeroses BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt