𝒂𝒖𝒕𝒖𝒎𝒏 | »Freundschaftscrush«

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K A P I T E L || 09

{Emma Clark}

Mit meinem Zeigefinger fahre ich über die Kante des Blumentopfes, der vor mir steht. Schließlich raffe ich mich dazu auf, ihn mit verschiedener Erde und Dünger zu befüllen.

»Ich würde gerne Rosen kaufen.«

Ich hebe meinen Blick. Shawn. Mein Gehirn will nicht begreifen, warum er sich tatsächlich die Mühe gemacht hat, hier her zu kommen.

»Welche denn?«, frage ich und bewege mich um den Tresen herum.

»Einen Strauß roter Rosen«, präzisiert er seine Aussage. Er hat sicherlich eine Freundin. Wem sonst sollte man rote Rosen kaufen?

»Wir haben leider keine Schnittblumen, aber wir führen Stockrosen oder...«, ich blicke mich hektisch um.

»Diese hier«, sage ich und deute auf eine kleine Rose, die sich in einem kleinen Blumentopf befindet.

Shawn sieht mich an, zumindest sieht es durch seine Sonnenbrille so aus, bevor er zögerlich sagt;»Dann nehme ich die.«

«Soll ich sie dir gleich umtopfen?», frage ich und senke meinen Blick auf die Rose. Er schüttelt seinen Kopf. So langsam wird es extrem seltsam, das mit der Kapuze und der Sonnenbrille. Ich meine, es ist schon wieder stockdunkel draußen.

«Kann ich sonst noch etwas tun?», frage ich und sehe ihn an.

Vermutlich ist es jetzt meine Aufgabe, einen Schritt auf ihn zu zu machen, aber irgendwie weiß ich nicht, was ich sagen oder tun soll.

«Nein, danke.»

Er nimmt den Topf in seine Hand und dreht sich um. Ich sehe ihm dabei zu, wie er Richtung Kasse läuft. Verblüfft und mehr, als nur irritiert, beobachte ich ihn dabei, wie er die Rose bezahlt. Das war seltsam. Aber immerhin ist jetzt wirklich klar, dass er nichts von mir will, außer Freundschaft.

Ich denke weiter nach. Aber unserem Deal zu Folge braucht er eine Freundin. Es macht keinen Sinn, wenn er schon eine hätte.

Ich blinzele etwas verwirrt, als ich sehe, wie er wieder zurück kommt. Ist etwas nicht gut mit der Rose?

«Stimmt etwas mit der Rose nicht?», frage ich ihn, als er wieder vor mir steht. Er stellt den Topf ab.

«Alles Bestens.»

Ich lege meinen Kopf schief.

«Ich verstehe nicht ganz...», ist alles was aus meinem Mund kommt.

«Die Rose ist für dich. Lässt du sie sterben oder lässt du sie wachsen?», fragt er unerwarteter Weise.

Wahrscheinlich lasse ich sie sterben.

Trotzdem sage ich; «Wachsen»

Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Doch es kann das Grinsen des Jungen nicht übertreffen.

«Warum trägst du eigentlich immer Kapuze und Sonnenbrille?», frage ich beiläufig, als würde es mich gar nicht so sehr interessieren, wie es es tut.

«Das wirst du noch zu gegebener Zeit erfahren. Also. Wie sieht es jetzt mit dem Deal aus? Immerhin sind wir uns jetzt ganz zufälliger Weise noch ein drittes Mal über den Weg gelaufen.»

Skeptisch will ich wissen:«Zu gegebener Zeit?»

Er sieht mich bloß grinsend an.

«Gut. Deal ist Deal. Aber nur damit das klar ist: Wenn ich wirklich deine Freundin spiele, dann muss ich wissen, wie mein Freund aussieht. Außerdem muss mein bester Freund sich wirklich Mühe geben, denn ich bin anstrengend.», sage ich schließlich.

«Wann hast du aus?», fragt er, ohne auf das einzugehen,was ich vorher gesagt habe.

«In einer Stunde. Aber ich muss noch aufräumen. Das dauert etwa eine halbe Stunde.»

Der Junge stützt sich auf dem Tresen ab.

Selbstbewusst verkündet er :«Gut. Dann hole ich dich in eineinhalb Stunden hier ab.»

Ich nicke bloß stumpfsinnig und murmele etwas wie «bis nacher».

Meine Gedanken sind wie ein Karussell, sie drehen sich nur noch im Kreis und nur noch um Shawn, seit er gegangen ist. Nicht im Sinne von ich bin so verliebt, sondern ich habe einen freundschaftscrush auf ihn. Das ist ein Crush auf eine Person, mit der man unbedingt befreundet sein will.

Ich denke das könnte lustig werden. Vermutlich gehe ich aber wieder viel zu optimistisch an die Sache heran. Ashton hat keinen guten Einfluss auf mich.

Oh nein. Ahston. Morgen findet das große Familientreffen statt. Das einzig Positive an der Sache ist, dass Sabrina aus Deutschland her kommt. Sie wollte mir irgendetwas mitteilen, womit sie am Telefon nicht rausrücken konnte.

Was auch immer das ist, es wird gewaltig. Wenn es etwas mit Finn zu tun hat, dann bin ich wirklich sehr gespannt, wie sie das unseren Eltern beibringt, die bis jetzt noch nichts von ihm wissen.

Als ich auf die Uhr blicke, bemerke ich, dass es Zeit wird die Kunden darauf hinzuweisen, sich zu der Kasse zu bewegen, da der Baumarkt in zehn Minuten schließt.

Estelle habe ich seit heute morgen  nur noch ab und zu vorbei huschen sehen. Zeit zum Reden war nicht. Ich fege die Erde weg, die sich um den Tresen gesammelt hat.

Durch das Radio tönt Señorita. Ich ertappe mich dabei, wie ich meine Hüften etwas hin- und her schwinge.

«Land in Miami the air was hot from summer rain, sweat dripping off me», singe ich meine Lieblingsstelle mit. Was Musik angeht, bin ich manchmal sehr seltsam. Die komischsten Stellen gefallen mir, nur weil ich es liebe, wie der Sänger oder die Sängerin manche Worte betonen.

Bei dieser Liedzeile ist es genauso.

Die Art, wie Shawn Mendes «sweat dripping off me» singt, mag ich besonders, weil er das «dripping» so lustig betont. Vermutlich würde es niemand verstehen, dem ich es erkläre. Je mehr ich über Betonungen nachdenke, desto mehr fällt mir auf, wie ähnlich Shawns Stimme mit der des Sängers ist.

Am Ende ist es ein und dieselbe Person.

Ich muss über mich selbst lachen. Das wäre dann doch ziemlich unwahrscheinlich. Ziemlich lächerlich, dass ich an so etwas überhaupt denke. Ich stelle den Besen ab und hoffe, dass er nicht gleich wieder umfällt. Er rutscht gefährlich zur Seite, bleibt aber stehen.

Im Angestelltenraum streife ich mir die Arbeitskleidung ab und schlüpfe in mein schwarzes Crop Top und meine schwarze Baggy Jeans. Man kann nicht sagen, dass mein Kleidungsstil zu den farbenfrohsten zählt.

Als ich den Baummarkt verlasse, sehe ich Shawn, der an die Wand gelehnt auf mich wartet. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.

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12 rules [s.m.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt