𝒔𝒑𝒓𝒊𝒏𝒈 | »Erstis«

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K A P I T E L || 70

{Emma Clark}

»Du gehst auf eine Erstis-Party und das ohne mich?«, fragt Shawn betroffen und fasst sich ans Herz. Bei diesem Satz ziehe ich meine Augenbrauen bis ins Unendliche in die Höhe. Man kann sie praktisch gar nicht mehr sehen.

»Du willst auf die Party mitkommen?«, frage ich überrascht.

»Ja! Wir beide auf einer Party, das kann doch nur lustig werden! Ich meine zwei lustige, umwerfende Menschen auf einer Party, das kann ja nur Hammer werden! Was würden die nur ohne uns tun!«

»Du scheinst einen winzigen Aspekt vergessen zu haben, nämlich, dass du berühmt bist und dich jeder erkennen wird und du dann- Ich weiß auch nicht...«, murmele ich und fuchtele mit meinen Händen herum, während ich überlege, was ein Star in so einer Situation überhaupt macht. Sich auflösen? Die Ninja-Bodyguards aus der Hosentasche ziehen? Eine Nebelbombe werfen?

»Stimmt...Egal. Lass uns einfach dahin gehen.«

»Was ist mit dir los? Hast du zu viel Curry inhaliert?«, frage ich und verziehe mein Gesicht.

Shawn reagiert mit einem lauten Lacher, der bestimmt bis ans andere Ende des Lokals dringt und verschluckt sich dabei fast tatsächlich an ein wenig Curry. Ich bin eine Hexe.

»Das könnte doch witzig werden. Immerhin bin ich auch nur ein normaler Mensch und auf einer College Party war ich noch nie. Ist es wirklich so schlimm mit mir gesehen zu werden?«, entgegnet Shawn schließlich und legt sein Stück Naan ab. Daraufhin schüttele ich meinen Kopf.

»Natürlich ist es nicht schlimm. Wenn du wirklich mitkommen möchtest, dann freut es mich, dich mitzunehmen. Aber die Geschichte könnte witzig werden. Zumindest in Anbetracht der Tatsache, dass Lucy ein Fan ist.«

Shawn grinst und schiebt sich einen Löffel Kokoscurry in den Mund. Ein Lächeln schmiegt sich um meinen Mund, als ich ebenfalls weiteresse.

Nach dem Essen bringt mich Shawn noch nach Hause, woraufhin ich sterbensmüde ins Bett falle und vermutlich wegen eines Frischluftflashs so gut schlafen, wie schon lange nicht mehr. Seit einiger Zeit bin ich schon nicht mehr gejoggt.

Am nächsten Morgen würde ich meinen Wecker am liebsten gegen die Wand kicken, aber da dieser mein Handy ist, lasse ich es lieber. Ich stehe also auf und beginne mich für die Uni fertigzumachen. Wenn ich nicht so unglaublich müde wäre, würde ich mich sogar tatsächlich auf die Vorlesung heute freuen.

Da dies aber nicht der Fall ist, ist das Einzige, dem ich meine Aufmerksamkeit schenke, meine Wimpern, auf die ich versuche Maskara aufzutragen. Meine müden Augen würden am Liebsten einfach geschlossen bleiben. So gestaltet sich der Prozess etwas schwieriger.

Frühstück ist jetzt das Einzige, was mich wieder zum Leben erwecken kann. Also ziehe ich mir meinen Mantel an und mache mich auf den Weg zum Bäcker. Meine Hände gleiten in die Manteltaschen und stoßen dabei auf eine Papiertüte. In dem Momemt fällt es mir wieder ein: Ich habe gestern ganz vergessen mit Shawn die Süßigkeiten zu essen.

Innerlich könnte ich mich jetzt schlagen. Da will man einmal eine süße Aktion bringen und verkackt es gleich. Wenigstens werden Süßigkeiten nicht so schnell schlecht. Dann kann ich sie ihm heute Abend geben, bevor wir zu der Party gehen.

Beim Becker bestelle ich mir das Übliche und mache mich danach auf den Weg zur Uni. Dabei laufe ich an einem Brautmodengeschäft vorbei, wobei mir die Brautjungfernkleider meiner Schwester einfallen. Ich habe gar nicht zurückgerufen!

Mit der Vergesslichkeit habe ich es in letzter Zeit aber wirklich. In meinen Gedanken setze ich »Sabrina anrufen« auf meine To do Liste und male daneben ein Ausrufezeichen. Hoffentlich vergesse ich das dann nicht. Wahrscheinlich muss ich jetzt als Rache tatsächlich dieses hässliche, pinke Ding tragen. Vielleicht war mein Argument aber doch überzeugend genug, sie davon abzuhalten, die Dinger zu kaufen.

-

Die Vorlesung ist, wie ich mir schon gedacht hatte, tatsächlich spannend. Der Professor, der vor mir steht, scheint tatsächlich eine Leidenschaft für das zu haben, von dem er redet. Nicht so, wie die Schlaftablette gestern. Leider ist vor mir stehen die Übertreibung des Jahrhunderts. Es liegen so viele Sitzreihen vor uns, dass ich schon gar nicht mehr einen Menschen, sondern nur noch einen Punkt mit Klamotten erkennen kann. Wenigstens spricht er in ein Mikro.

Während der Vorlesung mache ich mir eifrig Notizen, die leider nicht so ordentlich, wie sonst, werden. Vermutlich, weil ich so schnell schreibe, dass mir gleich der Arm abfällt. Seit meiner Highschool Zeit habe ich außer die Briefe an Julio nicht mehr sehr viel geschrieben. Irgendwie habe ich es vermisst, aber trotzdem könnte ich auch ohne leben.

Die meisten Studenten haben jedoch sowieso einen Laptop vor sich stehen. Nein, ich mache keinen auf Elle Woods, ich kann die Sachen nur schlichtweg besser begreifen, wenn ich sie tatsächlich mit einem Stift auf Papier schreibe.

Nach der Vorlesung mache ich mich auf den Weg zu den Bänken, wo ich gestern Lucy kennegelernt habe. Wir wollten uns heute wieder treffen, um uns über unsere Vorlesungen auszutauschen.

»Hey!«, begrüßt sie mich freudig. Grinsend umarme ich sie und begrüße sie ebenfalls.

»Na, wie war dein Prof?«, frage ich.

»Definitiv besser als gestern! Das ist zwar keine Kunst, aber trotzdem!«

Ich nicke mit meinem Kopf und murmele: »Meiner war auch viel besser. Allerdings hatte ich ja gar keine Ahnung, wie viele Studenten tatsächlich in einen Vorlesungsraum passen. Das ist ja irre! Es hat schon einen gewissen Flair muss ich sagen.«

»Ist es so, wie in den Filmen? Ich hatte heute nämlich eher in einer kleinen Gruppe Unterricht. Das war eigentlich auch ganz nett, weil man Fragen stellen konnte.«

In dem Moment, in dem sie das sagt, hat sie meine volle Bewunderung für etwas super Triviales erlangt. Während andere immer alle möglichen Fragen gestellt haben, habe ich in der Highschool nur dann etwas gesagt, wenn ich mir zu hundert Prozent sicher war, dass es das Richtige ist. Vielleicht ist es an der Uni aber auch anders.

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12 rules [s.m.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt