𝒂𝒖𝒕𝒖𝒎𝒏 | »Protzkarre«

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K A P I T E L || 23

{Emma Clark}

Je näher der Abend rückt, desto bewusster wird mir, dass mich Shawn a) geküsst hat und ich b) nichts zum Anziehen habe. Verzweifelt starre ich, in der Hoffnung auf Pinterest Outfitideen zu finden, auf mein Handy. Ehrlich gesagt, bin ich in der letzten halben Stunde nicht wirklich weiter gekommen.

Shawn, kann ich in Jeans kommen?

Die letzte Nachricht entsteht aus purer Verzweiflung. Ich hätte niemals gedacht, dass ich zu einen von den Mädchen mutiere, die außer Mode nichts im Kopf haben. Allerdings wird auch nicht jedes Mädchen auf eine Promi Party eingeladen. Das ist eine absolute Notsituation.

Kannst meinetwegen auch im Pyjama kommen, wenn du willst.

Ich verdrehe meine Augen. Im nächsten Moment klingelt es an der Tür. Meine Asiabox ist wohl endlich da. Ich laufe zur Tür.

»Du siehst aber nicht sehr asiatisch aus«, sage ich und blicke an Shawn herauf.

»Äh nein?«, verwirrt quetscht er sich an mir vorbei. Ich grinse in mich hinein und knalle mit dem Fuß die Tür zu.

»Bist du in einen Kleidercontainer gefallen?«, fragt Shawn und deutet auf mein sehr eigenwilliges Outfit.

Obenherum habe ich meinen fetten Hoodie an und das schwarze Kleid, das ich drüber gezogen habe. Unten guckt meine Jogginghose raus.

»Ich wollte den Hoodie nicht ausziehen, weil mir kalt ist, aber natürlich passt das Kleid dann nicht...und die Jogginghose...Ach man«, fange ich an, mich zu rechtfertigen. Shawn kommt ein Lachen über die Lippen.

»Ich würde sagen: Gut, dass ich dieses Kleid für dich habe.«

Er hält ein champagnerfarbenes Satin Kleid hoch, das am Ausschnitt locker fällt.

Ich stemme meine Hände in die Hüfte: »Das ist doch lächerlich. Nur in Filmen kommt der Typ mit perfekt passenden Kleidern an und es gibt eine Cinderella Transformation.«

»Ich kann das Kleid auch wieder mitnehmen. Außerdem wäre es keine Cinderella Transformation, weil du bereits wie nach dem bibedibabediboo aussiehst.«

»Ich probiere das Kleid an«, sage ich und greife danach. Damit verschwinde ich im Badezimmer.

»Was letztens betrifft...Es tut mir leid. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die Freundinnen Geschichte so schnell wie möglich hinter mich bringen muss. Sobald sich der Trubel legt, kann sich wieder jeder auf meine Musik konzentrieren«, höre ich Shawn durch die Badezimmertür sagen. Ich ziehe mir das Kleid über den Kopf und merke, wie mir der Stoff über den Körper fließt. Die Fasern streifen meine Haut so, dass sich meine Härchen aufstellen. Es ist angenehm prickelnd, als würde dich jemand mit einer Feder kitzeln.

»Ist schon okay. Schließlich haben wir einen Deal. Heute komme ich doch deshalb mit dir zu dieser Promo Party«, sage ich und reiße die Tür schwungvoll auf.

»Ich-«, Shawn hält inne, »Ich nehme dich mit, weil ich dich dabei haben will als meine beste Freundin, nicht wegen des Deals.«

»Awww«, antworte ich darauf, da ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll. Shawn grinst mich an, ehe ich wieder in dem Bad verschwinde und mich endgültig fertig mache.

Freudig erzähle ich, während ich mich schminke:»Du wurdest heute übrigens mit Persil verglichen!«

»Wie darf ich das denn verstehen?«, fragt Shawn irritiert.

»Ich glaube Estelle hat das positiv gemeint. Sie meinte, du seist das Persil unter den Waschmitteln und irgendwas von Zahnpastaklon oder so...Ach ja und Perle von Kanada«, lache ich. Ein schallendes Gelächter dröhnt durch die Wand zu mir durch.

»Die Perle von Kanada. So habe ich mich selbst auch schon immer gesehen«, sagt er dann. Sein Lachen hört nicht auf. Ich verdrehe meine Augen.

Dann scherze ich:»Ich wusste doch, dass du ein einfältiger Popstar mit einem zu großen Ego bist.«

»Zja und du bist bloß eine Normalsterbliche mit einem zu großen Ego«

Ich mache die Tür auf.

»Tze. Du nennst mich eine Normalsterbliche?«

Shawn blickt an mir herauf und herab.

»Ja«, sagt er schließlich trocken. In seinem Blick erkenne ich, wie sehr ihn das amüsiert. Dafür kassiert er einen Schlag in die Seite.

»Aua, wofür war das denn?«, fragt er, bevor er hinzufügt, »Ich muss ja dafür sorgen, dass du nicht überkackst.«

Ein Grinsen schleicht sich auf meine Lippen und ich verdrehe meine Augen. Das sind genau die Worte, die ich zu ihm gesagt habe.

»Lass dir bessere Sprüche einfallen, anstatt meine zu klauen.«

Ein eingeschnapptes Schnauben kommt von ihm, während er zu der Tür geht und diese schwungvoll öffnet.

»Wären wir dann so weit?«

Ich entgegne, während ich an ihm vorbei laufe:»Also ich bin es schon. Wenn du mich verjagen willst, dann spricht ruhig weiter wie ein Psychiater.«

Erneut ertönt ein Schnauben. Irgendwie übertüncht meine Schlagfertigkeit nur äußerlich, dass mir dieses Event Angst bereitet. Ich werde zwischen lauter Promis stehen, die allesamt dabei sein werden, wie Shawn mich als seine Freundin präsentiert. Zwar nur, indem er mich mitnimmt, aber das ist schon genug Aussage, um die gesamte Pressewelt zum Herzkollaps zu bringen.

Dass wir von einer Limousine abgeholt werden, war nicht abgemacht. Demnach habe ich auch nicht damit gerechnet, dass dieses ausladende Ding vor meinem Haus steht. In einer Gegend, in der man nicht mit Limousinen fährt.

»Wir fahren damit?«, frage ich und deute auf das lange Ding. Es erstreckt sich gefühlt über die ganze Straße.

»Na klar.«

Shawn öffnet die Tür und hält sie mir auf. Ich blicke ihn fast eine Minute lang verwundert an, steige letztendlich aber ein.

»Protziger geht's auch nicht«, murmele ich, nachdem ich eingestiegen bin. Shawn lässt ein Lachen verlauten.

»Du bist die Einzige, die sich darüber beschwert in einer Limousine zu fahren.«

Ich zucke mit meinen Schultern.

»Ich meine ja nur. Wegen Dingern wie diesen, muss Greta Thunberg auf die Straße gehen«, gebe ich zurück.

Shawn dreht sich zu mir, bevor er antwortet: »Wirfst du mir vor, ein Umweltsünder zu sein?«

»Das haben Popstars so an sich.«

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12 rules [s.m.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt