𝒔𝒑𝒓𝒊𝒏𝒈 | »Unfair«

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K A P I T E L || 56

{Emma Clark}

Einen Freund zu haben hat definitiv seine Vorteile. Das wird mir spätestens bewusst, als meine Mutter mich erneut wegen Sabrinas Hochzeit anruft. Als wäre es so unwahrscheinlich, dass ich tatsächlich eine Begleitung habe. Wer zur Hölle denkt sie denn, dass ich bin? Ein Gargol, der direkt aus der Hölle gekrochen ist und dass sich deshalb keine menschliche Seele jemals in mich verlieben könnte?

Vielleicht denkt sie auch nur, dass ich immer die falschen Typen an Land ziehe. Wobei ihre Auswahl für mich ja wohl kaum das Gelbe vom Ei ist. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich daran zurück denke, wie ich Marc eine reingehauen habe, nachdem meine liebe Mutter ihn zu einem Familiendinner eingeladen hatte.

Manchmal überkommen mich Flashbacks von unangenehmen Momenten ganz plötzlich, sodass ich mich vor Scham kaum noch halten kann. Nicht, dass der Schlag in die Fresse schlecht gewesen wäre- Der war das einzig Gute an der Nummer.

»Emma bist du noch dran?«, höre ich die Stimme meiner Mutter zu mir durchdringen. Augenverdrehend antworte ich schließlich: »Ja, ich bin noch da. Nein, ich komme wirklich nicht alleine und ja, die Begleitung ist mein Freund.«

»Das ist toll! Einfach nur toll!«, gluckst meine Mutter, wie ein Baby, dem man einen Schnuller in den Mund steckt.

»Weißt du, andere Mütter machen sich Sorgen, dass ihre Tochter sich nur auf Jungs fixiert, anstatt auf die Uni oder den Job...Das Glück ihrer Töchter liegt ihnen wirklich am Herzen...«, murmele ich abfällig. Da stehe ich einmal in der Gunst meiner Mutter und muss es gleich versauen.

»Schätzchen, jede Mutter wünscht sich einen lieben Mann für ihre Tochter. Das ist ganz natürlich!«

»Ja, aber nicht ausschließlich.«

Tadelnd gibt sie von sich: »Habe ich das je gesagt?«

Da ich mit dieser Antwort halbwegs leben kann, unterbreche ich die Diskussion an dieser Stelle. Man muss nicht alles bis ins Letzte ausdebattieren. Außerdem hat sie ja irgendwie recht. Jede Mutter wünscht sich, dass die eigene Tochter ihren perfekten Traumprinz findet. Bei meiner Mutter kommt ihr Bemühen nur einfach falsch herüber. Ihre Vorstellung eines Traumprinzens schweift stark von meiner ab.

»Jack?«, frage ich grinsend und sehe ihn mit einem aufgesetzten Dackelbick an.

Jack fährt sich mit der flachen Hand übers Gesicht, ehe er sich im Bett aufrecht hinsetzt und antwortet: »Welche Bank soll ich mit dir überfallen?«

Lachend lasse ich mich neben ihm nieder: »Meine Schwester heiratet demnächst. Würdest du mich auf die Hochzeit begleiten?«

»Ich habe zwar Angst vor deiner Schwester, aber ich denke, ich kann es trotzdem wagen«, sagt er, bevor er ein Lächeln aufsetzt, bei dem ich nur dahinschmelzen könnte. Seine braunen Augen wirken dabei so warm und nett, dass ich ihn einfach nur noch umarmen und nie wieder loslassen möchte.

»Das freut mich. Außerdem bin ich sehr stolz auf dich, dass du so ein Risiko auf dich nimmst. Das alles nur wegen mir! Mein strahlender Ritter!«, mache ich mich über ihn lustig. Er schubst mich ganz leicht zur Seite, woraufhin er einen Schlag gegen die Schulter erntet.

»Na warte!«, stößt er aus. In einer schnellen Bewegung packt er mich und wirft mich zurück aufs Bett, sodass er über mir liegt. Da passt man eine Sekunde Mal nicht auf...

»Ey!«, beschwere ich mich und fange an ihn zu kitzeln, als er mich an meinen Handgelenken packt und mir einen Kuss auf die Lippen drückt. Diesen erwidere ich, löse mich dann jedoch von ihm.

»Shit. Ich treffe mich heute ja mit meiner Schwester!«, kommt es mir just in diese Moment.

»Wann denn?«, fragt er. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich noch eine Stunde Zeit habe.

»In einer Stunde. Das heißt, ich sollte mich jetzt fertig machen.«

Jack lässt widerwillig von mir ab und streift sich sein T-Shirt über. Ich mache mich auf den Weg ins Bad.

»Ach du scheiße!«, flucht Jack, was mich dazu veranlasst kehrt zu machen und ihn entsetzt anzuschauen.

Alamiert frage ich ihn: »Was ist passiert?«

»Nichts...Beziehungsweise ich habe vergessen, dass ich mich heute morgen, genauer gesagt jetzt, mit Jack treffen wollte...Wieso bist du eigentlich so glimpflich davon gekommen? Du kannst dich noch in aller Ruhe für dein Treffen fertig machen...Ich muss losfah- Scheiße mein Auto!«, murmelt er aufgewühlt, während er sich seine Jeans anzieht.

»Das Treffen habe ich nicht vergessen, sondern für eine winzige Sekunde nicht beachtet. Du hingegen hast deinen Freund versetzt«, stichele ich aus unerfindlichen Gründen.

»Streu noch Salz in die Wunde.«

Mit diesen Worten reißt er die Wohnungstür auf. Er dreht sich jedoch noch einmal um, um mir einen Kuss zu geben und schließlich wegzustürmen.

»Wir sehen uns später«, murmelt er noch beim Treppen laufen. Meinen Kopf schüttelnd schließe ich die Tür hinter mir. Gemächlich laufe ich ins Bad, um mich fertig zu machen. Duschen ist definitv angesagt. Nach der Party gestern Abend rieche ich wie ein Aschenbecher.

Bevor ich in die Dusche steige, checke ich, ob ich neue Nachrichten habe. Meine Augenbrauen gleiten in die Höhe, als ich sehe, dass ich tatsächlich eine neue Nachricht habe und sie von Shawn ist. Was zur Hölle?

Ich kann überhaupt keine Krikotomie durchführen. Das was du gestern abgezogen hast, das war unfair...Ich wollte nur reden und du kommst mit dieser Ansprache. Wo hast du die überhaupt her? Aus irgendeinem komischen Film? Und was sollte das mit Jack?

Was zur Hölle soll das? So oft, wie dieser Satz in meinem Kopf herumschwebt, würde es mich nicht wundern, wenn sich ein Riss unter meinen Füßen auftun würde und ich direkt im Wartezimmer Satans höchstpersönlich landen würde. Nur, damit er mir erklären kann, was Shawn sich dabei gedacht hat. Ich meine was zur...

Kitschiger Film? Denkst du wirklich ich könnte meine eigenen Gedanken nicht formulieren und müsste deshalb eine Rede aus einem Film steheln? Außerdem bin ich dir ganz sicher keine rechenschaft schuldig. Schon gar nicht, wenn es um Jack geht. Alles oder nichts. Du hast mich vor die Wahl gestellt.

Anscheinend nicht, sonst würdest du nicht über Koniotomien reden. Das habe ich doch nur gesagt weil...Egal.

Wer schreibt denn so eine Nachricht? Wenn er es nicht aussprechen wollen würde, dann müsste er den letzten Satz komplett weglassen. Er will doch nur, dass ich nachfrage. Ach, was solls.

Weil?

Weil ich dachte, dass du all in wählst.

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12 rules [s.m.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt