𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 | »Heatwaves in the middle of June«

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K A P I T E L || 76
{Emma Clark}

Sommerhochzeiten sind ja solange schön, bis es so heiß ist, dass ich fast mehr zerschmelze, als der Fondant der Torte. Sabrina rennt immer wieder nervös hin und her und sieht nach der Eisskulptur, die jedoch momentan noch ihm Kühlraum steht, weshalb sie sich diesbezüglich noch keine Sorgen machen müsste. Die kirchliche Trauung war bereits heute Morgen, wobei danach jeder am liebsten in der Kühle der Kapelle sitzen geblieben wäre. Sabrina wedelt sich immer wieder Luft zu, doch auch sie scheint unsäglich zu schwitzen.

»Oh übrigens, das Kleid hat ein Feature, von dem du noch nichts weißt«, murmelt sie auf einmal und verschwindet hinter mir. Shawn habe ich gebeten erst nach der Kirche zu uns zu stoßen, da vorher sowieso niemand auf mich achtet und er eh noch irgendwas zu tun hatte. Obwohl er es sogar für mich absagen wollte. Aber ich habe darauf bestanden, dass er trotzdem hingeht.

»Ein Feature? Was soll denn passieren? Sind da heimlich Ventilatoren eingebaut, mit denen ich die ganze Hochzeitsgesellschaft kühlen kann? Oder Jetpacks mit denen ich schnell vor Mom wegfliege, wenn sie mit ihrem typischen »nie benimmst du dich anständig-hör auf so sarkastisch zu sein« Blick aufwartet?«

Ich kann förmlich hören, wie Sabrina ihre Augen verdreht, auch wenn ich es nicht sehe. Sie murmelt nur, während sie auf einmal an meinem Kleid zieht: »Jetzt sei nicht albern. Da Kleid hat Schnüre, mit denen man es enger machen kann. Schau nur, wie es deine schlanke Taille und deine Boobies betont!«, erklärt sie und dreht mich zum Spiegel, der an dem Kleiderschrank hängt.

»Jetzt sehe ich die Vision auch«, murmele ich geschockt. Ich meine man soll sich ja nicht selbst loben, aber das Kleid bewirkt tatsächlich Wunder. Mein Busen wird nach oben gedrückt, wodurch es aussieht, als würde er ganz von alleine stehen und meine Taille sieht unglaublich schmal aus. Wenn mich Jack nur so sehen könnte.

»Los lass uns zusammen ein Bild machen!«, schlägt Sabrina vor und schnappt sich ihr Handy und drückt es einer der herumstreuenden Beautjungfern in die Hand.

»Warte, da habe ich eine bessere Idee!«, sage ich und ziehe meine Canon aus der Handtasche. Ich schalte den Blitz ein und gebe ihn an Maria, so heißt ihre Freundin, denke ich, weiter.

»Boar wie geil, das wird ja voll Retro!«, quietscht Sabrina und umarmt mich für das Foto. Genau diese Reaktion hatte ich mir erhofft. Die ganzen Fotos werden so cool werden, ich kann es kaum erwarten sie mir heute Nacht direkt nach der Hochzeit anzuschauen.

»Wann meintest du noch einmal kommt Shawn?«, fragt sie auf einmal, kaum, dass wir die Fotos gemacht haben. Ich erkläre, dass er jetzt gleich, eben zu dem Empfang, kommen wollte. Es ist noch nicht einmal spät, aber dennoch so heiß, als würden wir in der Sahara feiern. Zum Empfang gibt es gefrohrenes Erdbeersorbet aufgegossen mit Sekt und ich höre schon die ersten Kellner fluchen, da es schon halb am Auftauen ist, obwohl sie es gerade erst aus dem Kühlschrank genommen haben. Doch so langsam trudeln auch die ersten Gäste ein. Um meine Verwandtschaft zu ertragen, greife ich schnell nach einem der Gläser und nehme einen großen Schluck des Sekt-Erdbeergemisches. Es schmeckt echt ziemlich lecker.

»Es ist noch so früh am Tag und schon bist du am Saufen, ei ei ei«, höre ich eine Stimme hinter mir sagen. Ich zucke zusammen und drehe mich um. Ein Glück ist es Shawn und nicht mein total seltsamer Onkel Milton, der glaube ich nicht einmal wirklich zu unserer Familie gehört. Aus irgendeinem Grund ist er trotzdem bei jeder Familienfeier dabei. Irgendwie denke ich, dass jede Familie so jemanden hat.

»Wow du bist ja überpünktlich!«

»Meckerst du jetzt etwa an meiner-übrigens äußerst löblichen Eigenschaft-pünktlich zu sein, herum? Wie wäre es mit Shawn du genialer Lebensretter mit der Stimme eines Engels, ich bin überaus froh dich zu sehen«, gibt Shawn eingeschnappt von sich, um mich zu ärgern.

Besorgt sehe ich ihn an und rufe entsetzt: »Oh nein! Ich glaube du hast einen Sonnenstich! Hilfe! Leute, wir brauchen einen Arzt, dieser Junge Mann ist ganz dehydriert und leidet unter Wahnvorstellungen!«

»Die Leute können uns hören!«, murmelt Shawn und zieht mich zur Seite. Außer meiner Tante hat sich niemand umgedreht und daher kann ich so laut gar nicht gewesen sein. Wobei ich schon einen Punkt machen wollte, um ihn zu ärgern.

»Tu nicht so, als hätte ich ein Megaphon benutzt. Aber hey Shawn?«

»Ja?«

»Danke, dass du gekommen bist«, sage ich und lächele ihn an. Dann drehe ich mich mit dem Rücken zu ihm, um zu schauen, ob langsam auch die restlichen Gäste eintrudeln. Irgendwie vermute ich, dass er nicht wollte, dass ich es höre, doch ich meine ein »Für dich würde ich doch alles tun«, herauszuhören. Ich schüttele meinen Kopf, als könnte ich so meine eigenen Gedanken loswerden, wie Äpfel eines Apfelbaumes.

Man, was ist das nur in letzter Zeit. Vermutlich setzt mir aber auch die Hitze zu. Ich kann es kaum erwarten, bis es Abend wird und damit ein wenig kühler. Außerdem ist der Abend meiner Meinung nach sowieso das Beste an einem Tag. Eine Party ist für mich auch erst dann eine Party, wenn es dunkel ist. Vielleicht bin ich irgendein nachtaktives Tier oder ein Vampir und weiß es nur noch nicht. Jedenfalls habe ich das Gefühl zu staub zu zerfallen, wenn ich noch einmal in die pralle Sonne muss. Zum Glück sind hier überall weiße Zelte aufgebaut. Die Dekoration sieht wirklich wahnsinnig toll aus. Sabrina hat sich selbst übertroffen. Als Shawn gerade nicht hinschaut, mache ich ein Foto.

»Hey du Paparazzi«, lacht er und tut so, als würde er sich vor vielen Kameras abschirmen.

»Guck mal, ich habe eine neue Kamera!«, sage ich und zeige ihm ganz stolz meine Kamera, als würde er sie nicht ohnehin schon sehen, weil ich von ihm ein Foto gemacht habe und sie ihm jetzt direkt unter die Nase halte.

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12 rules [s.m.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt