Prolog - Die Sache mit den Zitaten.

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B O N N I E



Mein Grandpa sagte immer: „Das Leben ist wie eine Pralienenschachtel, du weißt nie was du bekommst."

Es dauerte sehr lange, bis ich ihn dafür anklagte, dass er sich dieses Zitat von Forrest Gump geklaut hatte. Doch statt peinlich berührt zu sein, lächelte er nur und meinte: „Der gute alte Forrest hat sicher nichts dagegen, wenn man seine Einstellung weiter gibt."

Damit mochte er recht haben.

Er sagte jedoch auch: „Das, was man aus Liebe und für die Liebe tut, ist frei von jedem Preis."

Meine Granny sah das anders. Nüchtern und zynisch behauptete sie: „So ein Blödsinn! Die Liebe ist gefährlich und sorgt regelmäßig dafür, dass Leute ihren Kopf verlieren."

Ich wusste nicht, wem ich mehr zustimmen sollte. Denn mich hatte die Liebe noch nie so erwischt, dass ich glaubte meinen Kopf verloren zu haben. Deshalb sah ich die Dinge vielleicht 5% mehr, wie meine Granny. Schließlich veränderten sich meine Freundinnen immer, wenn die Liebe vorübergehend bei ihnen einzog.

Plötzlich lachten sie über dumme Jungswitze, hatten nur noch wenig Zeit und machten sich ständig einen Kopf, warum ihr geliebtes Handy stumm blieb und der Typ nicht genauso heiß und innig an sie dachte, wie sie an ihn.

Ich hasste das und wünschte die blöden Kerle oft genug zum Mond, oder noch weiter, zum Jupiter! Verzweifelt sehnte ich mich nach einem anderen Thema, wenn wir eine Sleepoverparty machten. Denn es interessierte mich nicht, was Tyler vor Schulbeginn sagte, oder wie niedlich Alex sei, wenn er im Unterricht heimlich Chips in sich reinstopfte und wie toll Jake doch war, wenn er im Basketball den größten Pascha raushängen ließ.

(„Ich bin der Grööööößte!" - und ich wollte brüllen: „Das bist du niiiicht!")

All die Tylers, Alexs und Jakes waren unnötig und überflüssig. So wie Mücken, Spinnen und Milben.

Musste ich meine zwei besten Freundinnen doch auf Wolke sieben ertragen, dann schwor ich mir regelmäßig, dass ich mich niemalsniemalsniemals so verhalten würde. Ich würde ich selbst bleiben, meine Freundinnen nicht vernachlässigen und um Himmels Willen nicht wütend darüber sein, wenn mir mein Schwarm vierundzwanzig Stunden nicht schrieb.

Meine Vorsätze waren gut. Es gab dabei jedoch nur ein Problem.

Unterm Strich hatten weder meine Granny, noch mein Grandpa recht und unrecht. 

Mich erwischte die Liebe völlig unvorbereitet. 

Sie klopfte nicht an meiner Tür und flötete: „Hallihallo, hier bin ich und stelle nun dein Leben auf den Kopf. Ich verpasse dir Herzklopfen, dass du meinst du stündest kurz vor einem Infarkt. Schlafen kannst du nun auch vergessen, denn deine Gedanken gehören mir alleine und ganz nebenbei werde ich dafür sorgen, dass du die gesamte Palette an Peinlichkeiten einmal abklapperst. Und gewöhnt dich besser daran nervlich fix und fertig zu sein. Aber abgesehen davon wirst du mich gar nicht bemerken."

Im Gegenteil, sie schlug ein, wie ein Blitz und ich wusste am Ende nicht einmal mehr, ob ich überhaupt einen Kopf zum vernünftigen Denken besaß. Alles, was ich tat, bestimmte mein Herz, und natürlich mein völlig verwirrter Hormonhaushalt.

Und da waren wir schon beim Thema, die Liebe hat keinen Preis. Natürlich hatte sie den. Sie forderte Zufälle, Hindernisse, Endgegner, Mut, Selbstlosigkeit und den kleinen Funken Wahnsinn, den wir alle in uns trugen.

Als wäre Liebe ein Spiel für die Playstation. Und wenn sie es wäre, dann würde vorne drauf ganz fett und rot stehen: FSK 18. (Nur für verantwortungsbewusste, erwachsene, langweilige, fantasielose und befugte Menschen mit 18+ Kerzen auf der mickrigen Geburtstagstorte.)

Damit war ich raus.

Aber wie das mit Altersbeschränkungen so war, es gab doch immer einen Weg sie zu umgehen. Nicht ganz legal und auch nicht ganz einfach. Schließlich kannten wir alle jemanden, der jemanden kennt und wieder jemanden grüßt, der für uns die Altersgrenze knackt.

Mit der Liebe war es ähnlich.

Was blieb, war der Preis und damit die zentrale Frage: „Ist es das wert?"

Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich genau so wurde, wie ich es niemalsniemalsniemals wollte und die Liebe bei mir den vollen Preis inklusive Zinsen forderte.


Sweet Sixteen ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt