Kapitel 30 - Ashton (ü)

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„Es tut mir leid" flüstere ich immer wieder, während ich vor Micah's Grabstein hocke. Tränen verlassen meine Augen, doch ich halte sie nicht auf. Ich habe wieder mal etwas in meinem Leben so mächtig verbockt, dass meine Liebsten ernsthaft davon betroffen sind.

Ich betrachte die Blumen, die ich gerade eingegraben habe, da sich neben Blake und mir ja sonst niemand um das Grab schert. Meine Eltern waren an Micah's Beerdigung das erste und letzte Mal hier, doch das soll mir recht sein. Es ist besser als wenn sie mit geheuchelter Trauer Micah sogar bis unter die Erde folgen würden.

„Kann ich nicht einfach wie früher zu dir kommen, du hältst mir eine Standpauke und dann gehen wir Pizza essen?"

Meine Stimme zittert und ist belegt, doch da mich hier eh keiner hört ausser Micah vielleicht, ist mir das egal. Sie hat mich oft weinen sehen, meine Eltern jedoch fast nie. Vor ihnen halte ich immer meine Fassade aufrecht, die besagt, dass alles gut ist und ich ein kaltblütiger Arsch bin.

Bist du ja auch Ash.

Skylars tränenüberströmtes Gesicht spukt immer wieder in meinem Kopf rum, und ich frage mich die ganze Zeit, ob ich wirklich das richtige getan habe. Ob es das richtige war, Sky von mir fernzuhalten, um sie nicht noch mehr in den Abgrund zu ziehen. Ich will nicht, dass sie plötzlich als Druckmittel gegen mich oder die East Cobras eingesetzt wird. Ich will nicht mal, dass sie überhaupt verletzt oder angerührt wird von jemandem, ich will einfach nur, dass sie ein normales Leben führen kann, und ich stehe ihr dabei im Weg. Ich habe sie zu den East Cobras gebracht, also muss ich sie auch wieder von uns wegbringen. Das ist das Mindeste was ich tun kann.

„Wusste ich doch, dass du hier bist."

Die Stimme meines Bruders lässt mich herumfahren, und da steht er, und zündet sich gerade eine Kippe an.

„Auch eine?" fragt er, und hält mir die Schachtel hin. Eigentlich rauche ich seit ein paar Monaten nicht mehr, doch ich nehme mir trotzdem eine Zigarette. Blake setzt sich neben mich und zündet meine Kippe an, ehe er einen Zug von seiner nimmt.

„Sie hat uns dafür gehasst" murmelt er, während er auf Micah's Grabstein schaut. Ich nicke, und ein leichtes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen. Ich denke daran, wie Micah immer unsere Zigarettenschachteln versteckt hat, damit wir endlich aufhören zu rauchen. Sie hat nie Erfolg gehabt, doch nach ihrem Tod habe ich alles darangesetzt, ihr wenigstens diesen Wunsch zu erfüllen. Sie hat immer das Gesicht verzogen, wenn Blake oder ich geraucht haben, und Würgegeräusche gemacht.

„Wie lange bist du schon hier?" fragt Blake, und bläst den Qualm aus seinem Mund. Ich zucke mit den Schultern, weil ich es einfach nicht weiss.

„Ich bin nach dem Krankenhausbesuch sofort her."

Blake nickt, dann fällt sein Blick auf die frischen Blumen vor Micah's Grab. „Das warst du, oder?" Ich nicke und ziehe eine Augenbraue hoch. „Wer denn sonst, wenn du's nicht warst?"

Blake sieht mich verwirrt an, dann verdunkelt sich ein Gesicht. „Sind sie etwa nie mehr hergekommen?" Ich schüttle verbittert den Kopf. „Natürlich nicht. Es ist ihnen egal. Zu Micah's Todestag wollten sie mich zum Essen einladen, um mich mit der Tochter der Coopers zu verkuppeln, und nicht, weil dieser Tag Micah gewidmet ist. Sie haben ihn nur als Vorwand benutzt. Aber es ist besser, wenn sie mit ihrer geheuchelten Trauer weit weg bleiben von Micah. Sie soll hier in Frieden ruhen können."

Blake schnaubt, und ich weiss genau, was er denkt. Zum Glück habe ich mich von diesen Monstern abgewendet.

„Finanzieren sie dir immer noch alles?"

Weglaufen ist keine LösungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt