Kapitel 3

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<< „Hope" is the thing with feathers
That perches in the soul,
And sings the tune without the words,
And never stops at all. >>

- Emily Dickinson

Freya hielt ihr eigenes Versprechen, dass sie sich am Vortag gegeben hatte. Kurz nachdem sie ein kleines Mittagessen zu sich genommen hatte, welches aus einer Kürbissuppe und einem Gemüseauflauf bestand, machten sie und Gennady sich auf den Weg zu den Feldern außerhalb der Stadt. Sie musste den Kopf frei bekommen, brauchte frische Luft zum atmen und um zu vergessen, was bald auf sie zukam. In weiser Voraussicht hatte die Prinzessin auf ein Kleid verzichtet und stattdessen eine dicke Leinenhose und eine Bluse angezogen. Sie würde mithelfen, wenn die Bewohner noch nicht die restliche Ernte einholen mussten. Rohana, die älteste und beste Köchin in der Küche des Schlosses hatte ihr einen ganzen Korb voller Essen mitgegeben. Belegte Brote, Früchte, Gemüse und Wasser. Sie wusste, dass die Prinzessin oft ihre eigenen Bedürfnisse vergaß, wenn sie wieder mal für eine Sache brannte.

Als die beiden auf dem größten Feld ankamen und sogleich fröhlich von mehreren Kindern begrüßt wurden, denen Freya sofort etwas zu essen anbot, sah sich Gennady um und stöhnte innerlich auf. Es waren immer noch viele Kartoffeln in dem Feld und so wie er seine beste Freundin kannte, würden sie Beiden erst wieder in das Schloss zurückkehren, wenn keine Kartoffeln mehr unter der Erde waren. Freya trat sogleich neben ihn und krempelte sich mit einem zufriedenen Lächeln die Ärmel ihrer beigen Bluse nach oben.

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Zur gleichen Zeit saß König Emric auf dem Fenstersims in seinem Arbeitszimmer, das Feuer im Ofen brannte langsam herunter, während er über sein Reich sah. Er konnte von diesem hohen Punkt die Kirche in der Stadt sehen, die vielen Menschen auf den Feldern, unter denen auch seine Tochter war, die Wälder und Wiesen und das große Gebirge weit hinten am Horizont.

Er genoss die Stille und das Knistern des brennenden Holzes, als es sanft an der Türe klopfte. Eine Dienerin kam leise herein, die Türe fiel wieder ins Schloss und sie ließ sich in einen tiefen Knicks fallen. „Mein König", fing sie langsam und mit leicht zitternder Stimme an, „Herzog Torryn bittet um eine Audienz." Der Angesprochene stöhnte auf und trat vom Fenster weg. Natürlich konnte er nicht einmal einen halben Tag ohne Störung erleben. Und dann auch noch Torryn. Mit festem Schritt ging er auf die Dienerin zu, die nach wie vor in dem Knicks verharrte und zog sie harsch auf die Füße. „Sag mir", gab er von sich, „Warum möchte er mich sehen?"

Der König hatte die Dienerin eindeutig verängstigt. Obwohl sie wusste, dass er manchmal zu grob und dann auch zu emotional reagierte, so etwas hatte sie auch noch nicht erlebt. Es war nicht das erste Mal, dass sie Besuch ankündigen musste. Und es war auch nicht das erste Mal, dass der König nicht erfreut darüber war. Sie versuchte dennoch ruhig zu bleiben und nicht zu sehr zu zittern. „Ich weiß es nicht, mein Herr", flüsterte sie, weil sie einfach keine feste Stimme mehr zustande brachte. Der König nickte genervt und entließ sie mit einer Handbewegung. Dann musste er jetzt wohl mit dem unbeliebtesten Mitglied seines Hofstabes sprechen. Oder besser gesagt: Streiten.

Die Dienerin nickt nochmal, knickste schnell und machte, dass sie aus dem Raum kam. Nächstes Mal würde sie jemand anderen schicken, der solche Nachrichten überbringen konnte. Die Türe ließ sie offen, denn davor stand schon Herzog Torryn und grinste sie im Vorbeigehen anzüglich an. „Der König empfängt Euch jetzt", murmelte sie und huschte davon. Sie musste sich erst wieder beruhigen. Von dem König. Und diesem Herzog.

„Majestät", gab Torryn von sich als er mit hoch erhobenem Haupte in das Zimmer trat. Die Türe schloss er mit einem Tritt und senkte nur einmal kurz den Kopf. Er würde sich nie richtig vor ihm verbeugen. Und König Emric war es zu anstrengend, ihn darauf hinzuweisen. Die beiden Männer kannten sich schon sehr lange und hatten sich noch nie leiden können. Das hatte schon angefangen, als es um einen passenden Ehemann für die ehemalige Königin ging, Ríona. Sie hatte sich für Emric entschieden und nicht für Torryn, der damit die Krone in unerreichbarer Ferne wusste. Bis sowohl Ríona, als auch die Frau des Herzogs beinahe zeitgleich ein Kind bekamen. Prinzessin Freya war nur wenige Tage jünger als Prinz Noam. Seit der Geburt seines Sohnes lechzte der Herzog wieder nach Macht.

The Dark CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt