Kapitel 19

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<< beauty is a curse
the rose knows well
always picked first
yet never a chance
to grow >>
- bridgett devoue

Seine Augen schienen zu brennen und die Prinzessin war sich nicht sicher, ob es an seiner Wut lag, oder ob das vielleicht sogar völlig normal war. Seine Arme landeten mit einem lauten Schlag an der Wand und dieses Mal war der Käfig um Freya noch viel enger als zuvor. Sie konnte nicht mehr weg. Keine Chance. Seine Fangzähne glänzten nur wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht und sie konnte sein leises Knurren hören. „Soll ich dir mal zeigen, was gegen deinen Willen ist?", ertönte seine Stimme und Freya musste sich ein Zusammenzucken verkneifen. Denn obwohl er ihr gerade eindeutig Angst einjagte, sie würde nicht zitternd vor ihm stehen. „Wag es ja nicht", knurrte sie ihm deshalb genauso harsch ins Gesicht; er schien allerdings kein bisschen beeindruckt.

„Du würdest es überhaupt nicht merken", säuselte er jetzt verführerisch und Freya fragte sich, wie er so schnell seine Emotionen wechseln konnte. Seine Hand griff in ihr Haar und langsam fuhr er darin herum, „Und du würdest keine Gegenwehr zeigen." Damit sprach er aus, was der Prinzessin von Anfang an an der Ernährung der Wesen missfiel. „Genau das stört mich an der Regelung", erwiderte sie barsch und funkelte ihn an, „Keine Gegenwehr, obwohl sie eindeutig gegen die Manipulation wären." Damit schlüpfte sie flink unter seinen Armen hindurch und ging wieder etwas von ihm weg. Sie brauchte den Abstand, sonst konnte sie sich nicht mehr nur auf dieses Gespräch konzentrieren. Sie brauchte dennoch etwas zum Anlehnen und landete deshalb an der Wand gegenüber. Seufzend wandte sie sich wieder dem Dämon zu, der sich erst jetzt zu ihr drehte, als hätte er noch etwas über ihre Worte nachdenken müssen. Spöttisch und total überheblich sagte er: „Das ist so begrenztes menschliches Denken." Seine Stimme sorgte dafür, dass die Prinzessin mutig wurde und so erwiderte sie: „Und bei deinen Worten merkt man, dass du keine Seele hast."

Sie konnte nicht schnell genug schauen oder nicht einmal Einatmen, so schnell war Cathan wieder an ihr dran. Vor Schreck zog Freya die Hände hoch und presste sie quickend gegen die Brust des großen Mannes. Sie war steinhart und warm. Warum musste er sich immer so schnell bewegen? Sie spürte wie Cathan sie ansah, sie anstarrte, doch dieses Mal brachte sie den Mut nicht wieder auf, den Blick zu erwidern. „Hätte ich keine Seele, wären wir nicht bis zu diesem Punkt gekommen." Sein Kopf kam näher und sie konnte sein Atmen auf der Nase spüren. „Dann hätte ich dich bei unserer ersten Begegnung markiert. Und dich manipuliert, wenn du mir zu störrisch geworden wärst. Du wärst mein eigener lebendiger Blutvorrat, ohne dich dagegen wehren zu können. Aillard hätte ich getötet, denn niemand fasst meine Nahrung an." Freya musste leise aufkeuchen, denn seine Worte waren so kalt und ehrlich, dass sie Angst bekam. „Ich hätte dich gequält", macht er weiter, „Denn ohne Seele würde mir das nicht leidtun. Und ich hätte dich gebissen. Wieder. Und wieder. Bist du irgendwann gestorben wärst." Die Prinzessin musste ihre Finger in seinem Hemd verkrampfen, sich irgendwie festhalten; er kam näher, so nah, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzusehen. „Denkst du immer noch, ich hätte keine Seele?"

Seine Augen sahen in ihre, das Funkeln hatte etwas nachgelassen. Freya musste sich eingestehen, dass seine Ehrlichkeit zwar gut war, andererseits hätte sie auch eine Lüge völlig in Ordnung gefunden. Denn jetzt wusste sie, was er eigentlich getan hätte – vielleicht immer noch gerne tun würde. „Du bist verrückt", konnte sie nur noch flüstern und spürte erst dann, dass er seinen gesamten Körper gegen sie drückte. „Vielleicht", antwortet er und lacht leise auf. Sie musste sich konzentrieren, denn hier konnte es um so viel gehen. Wenn sie sich jetzt richtig anstellte, dann konnte sie ihn vielleicht von ihren Ideen überzeugen und dann konnte er dafür sorgen, dass die anderen Wesen sich ihm ebenfalls anschlossen. „Es muss eine andere Lösung geben. Irgendeine. Eine, bei der alle ihren Verstand behalten." Während sie sprach konnte sie ihn plötzlich riechen.

Dieses Mal roch er ganz anders. Blumig und zart und fast schon stark nach ihrem Parfüm. Verwirrt verstand sie gleich darauf, dass sie sich selbst roch, allerdings viel intensiver als jemals zuvor. Als wäre ihre Nase mutiert und würde jetzt alles so viel stärker wahrnehmen. Und dann verstand sie. Es war Cathan der sie gerade roch. Und irgendwie hatte er seine Emotionen und Wahrnehmungen auf sie übertragen. Freya wusste nicht, dass dies möglich war, doch sie war sich sicher. Sie roch sich selbst durch seine Nase.

„Hast du noch deinen Verstand?", unterbrach er ihre Gedanken, schien gar nicht gemerkt zu haben, dass er seine Beobachtungen auf sie übertragen hatte und die formelle Ansprache hatte er auch aufgegeben. In ihrem Bauch fing es leicht an zu ziehen und ihre Atmung geriet allmählich ins Stocken. Ihre Finger verkrampften sich noch mehr, doch es schien ihm nichts auszumachen. Ganz im Gegenteil. Sie merkte wie er sich näher an sie drückte, ihren Fingern noch mehr Angriffsfläche bot. Freya musste noch einen Moment warten, musste dieses aufsteigende Gefühl der plötzlichen Lust zurückdrängen, bevor sie antworten konnte. „Ja", kam es kratzig aus ihrem Hals und sie musste wirklich ihren Kopf an seine Brust lehnen.

Sie versuchte sich auf seine Atmung zu konzentrieren, doch Cathan atmete viel zu langsam. Er machte nur etwa halb so viele Atemzüge wie sie. Jetzt roch sie ihn. Sein Duft war plötzlich so überwältigend, dass sie beinahe in die Knie gegangen wäre. Der Geruch erinnerte sie an den Wald hinter dem Schloss, in dem sie so gerne Zeit verbrachte. Und das half ihr jetzt gerade gar nicht. „Sicher?" Er flüsterte, hatte seinen Kopf gegen ihren gelehnt, das Ziehen in ihrem Bauch wurde stärker und allmählich gesellte sich ein Pochen hinzu. Obwohl die Prinzessin solche Empfindungen noch nie so stark verspürt hatte, sie hatte keine Angst. „Cathan". Sie konnte kaum mehr reden, der Mann vor ihr hatte sie perfekt im Griff.

Freya hörte sein leises Lachen, welches alles nur noch schlimmer machte. „Was ist los? Verlierst du gerade deinen Verstand, Prinzessin?" Innerlich nickte sie wild – ja, sie hatte jetzt gerade den Verstand verloren. Komplett. Und obwohl sie gerne gesehen hätte, wie weit er zu gehen bereit war, das letzte kleine bisschen Verstand, dass sie in der Ecke geschützt hielt und das von dieser Tortur noch übrig war, wusste genau, wie bescheuert dieser Wunsch war. „Hör auf." Freya lehnte sich wieder an die Wand hinter sich und sah kurz zu ihm hoch. Ihre Stimme war nur noch ein leises Flüstern, die wenige Spucke in ihrem sonst staubtrockenen Mund sorgte dafür, dass kaum noch Töne aus ihr herauskommen konnten. Seine Fänge waren sichtbar und dieses besondere Funkeln war wieder da. Unter ihren Händen konnte sie jetzt allerdings auch spüren, wie er etwas schneller atmete. „Womit soll ich aufhören?", kam es von ihm und gleich darauf spürte sie seine Hände an ihrer Hüfte. Ihren Schenkeln. Ihrem Bauch. Cathan hielt sie in Bewegung, verweilte nirgends länger als wenige Augenblicke.

Seine Frage brachte Freya zum verzweifelten Lachen. War das nicht offensichtlich? „Damit", zischte sie und bewegte ihre Hände vor seiner riesigen Brust, um ihm zu zeigen, womit er aufhören sollte, doch sie verlor sich. In seinen Konturen. Seinen Kurven. Seiner Gestalt. Der Körper des Dämons zitterte etwas und er kam noch näher. Er drückte sie an die Wand, nicht unangenehm fest, aber eine Flucht war völlig unmöglich. „Warum?" Seine Stimme hatte einen rauen Unterton angenommen, seine Hände lagen still. Er schien dieses Fragen-Spiel wirklich zu mögen. „Weil das keine gute Idee ist", flüsterte Freya, ihr ganzer Unterleib zitterte mittlerweile.

Es musste seine gesamte Anwesenheit oder Aura sein, die dem Körper und dem Verstand der Prinzessin gerade so zusetzte. „Dein Leib sagt aber etwas anderes", stellte Cathan dann auch richtig fest und Freya merkte, wie sich seine Nasenflügel blähten. Er atmete tief ein und von ganz unten aus seiner Brust kam ein Grollen. Und Freya erkannte: Er verlor allmählich die Kontrolle über sich selbst. Sein betörender Duft schwappte in einer Welle über sie und ließ sie leise stöhnen. Die Reaktion kam sofort. Seine Augen weiteten sich, das Funkeln nahm ein neues Ausmaß an.

Sie fixierte ihn, wollte wissen, was er als Nächstes tat, als sie eine Kraft knapp unterhalb ihres Bauchnabels spürte. Sie hatte ihn demnach ebenso aus dem Konzept gebracht wie er sie. So weit hatte er mit Sicherheit nicht gehen wollen. „Prinzessin". Cathan knurrte ihren Namen, zog sie ganz an sich heran und atmete ihr seinen kalten Atem ins Gesicht.

Und dann küsste er sie. Drängend, aber liebevoll, voller Lust und doch ganz sanft. Freya genoss diesen einen Moment, dachte nicht an mögliche Konsequenzen, sondern lebte diesen Moment.
Wieder und wieder.

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Frohe Weihnachten an alle ♥️

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