Kapitel 10

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<< Life is a dance of love and loss.
- d.j >>

Freya wagte es kaum zu atmen. Noch immer hielt sie den Blickkontakt mit dem Mann, hörte nur am Rand den verhaltenen Applaus der Wesen und Menschen. Sie konnte und wollte nicht wegsehen. Stattdessen starrte sie den Vampir an, der völlig entspannt wirkte und ihren Blick mit einer solchen Intensität und Kraft erwiderte, dass es die Prinzessin beinahe in die Knie zwang. König Emric bemerkte ziemlich schnell, dass seine Tochter mit ihren Gedanken nicht mehr anwesend war und musste mit Panik feststellen, dass sie einen Dunklen einfach nur anstarrte und ihr Blick etwas Bewunderndes angenommen hatte.

Der Diener am Fuße der Treppe sah das Zeichen des Königs etwas zu spät, konnte nicht schnell genug für Ablenkung sorgen, sodass Emric selbst nach dem Arm seiner Tochter griff und sie etwas näher zu sich zog. Verwirrt sah sie ihn an, kam zurück in die Realität, während der Diener alle Anwesenden einlud, sich in den großen Saal zu begeben und dort niederzulassen. „Geht es dir gut, mein Kind?" Besorgt strich der König über den kalten Arm seiner Tochter und wartete, bis sie meisten Menschen und Wesen durch die große Holztüre getreten waren. Er brauchte einen kurzen ruhigen Moment alleine mit der Prinzessin. „Ja, ich denke schon", kam es leise zurück und Freya musste die Stirn runzeln. „Hat der Vampir dich in seinen Bann gezogen?", fragte der König flüsternd, denn er wusste um das sehr gute Hörvermögen seiner Gäste und wollte sie nicht beleidigen.

Freya schüttelte den Kopf und befreite sich aus dem bereits klammernden Griff ihres Vaters. „Nein", gab sie entschieden von sich und war schon etwas enttäuscht, dass ihr Vater es ihr zutraute, innerhalb weniger Minuten den Wesen zu verfallen. Sie kannte die Geschichten und Legenden und würde dafür sorgen, dass sie niemals in eine Abhängigkeit gegenüber einem Dunklen gelangte. Sie sah ihren Vater an und musste feststellen, dass er sehr erschöpft aussah. Seine Haare lagen matt unter der Krone, seine Wangen waren etwas eingefallen und seine ganze Haut sah nicht mehr sehr gesund aus. Hoffentlich würden die anstehenden Verhandlungen nicht allzu kräftezehrend werden.

„Wir sollten auch gehen", sagte Freya, raffte ihr Kleid etwas zusammen und ging langsam die Treppe hinunter. Emric nickte, mehr sich zu sich selbst und schritt seiner Tochter hinterher. Die beiden Wachen standen still in der Türe und verbeugten sich leicht, als die beiden Mitglieder der königlichen Familie an ihnen vorbeischritten. Kaum im Saal, musste Freya stoppen. Sie war schon überwältigt von der Treppe gewesen, aber hier hatten sich die Helfer aus Kestramore wirklich übertroffen. Die Kronleuchter, die tief von der hohen Decke hingen, waren nur spärlich mit brennenden Kerzen bestückt worden und brachten kaum Helligkeit. Im ganzen Raum waren Tafel verteilt worden, einmal lange Reihen, ein anderes Mal nur kleine Tische, an denen  lediglich nur wenige Personen Platz nehmen konnten. Sie alle trugen die schwarze Tischdecke mit den Sternen darauf und Freya musste erfreut feststellen, dass vor allem die Hexen davon begeistert schienen. Es war bereits gedeckt worden und das weiße Geschirr wurde von dem Licht sämtlicher Kerzen angestrahlt. Alles war dämmrig und man konnte durch die Dunkelheit zwar leicht etwas übersehen, aber die Atmosphäre setzte Freya in eine solch fröhliche Stimmung, dass sie mit einem Lächeln auf den Lippen zum Kopf der Tafeln ging.

Die Wesen hatten sich bereits auf den Stühlen niedergelassen, manche saßen zusammen und untereinander gemischt auf den Plätzen, andere blieben in ihrer Gruppe  und wollten auch den Platz nicht mit anderen Dunklen teilen. Der gesamte Hofstaat Evendors hatte sich an der Tafel auf der anderen Saalseite platziert und sah immer noch mit großen Augen auf die Gäste.

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Der Vampir sah der Prinzessin hinterher, wie sie nah an seinem Platz vorbeiging, um nach vorne zu ihrem Vater zu gelangen. Ein leichter Windstoß brachte ihren Geruch in seine Nase und er musste sich ein genießerisches Seufzen unterdrücken. Die Blumen und ihr Eigengeruch hatten eine wunderbare Mischung. Dieser Meinung waren wohl auch der Dämon und der Werwolf auf beiden Seiten von ihm. Zusammen atmeten sie tief ein und er musste sich konzentrieren, seine Reißzähne nicht auf die volle Länge auszufahren. Als schließlich auch der König und seine Tochter saßen, kamen sämtliche Diener herein und brachten das Essen. Es musste wohl gut riechen, denn die ganzen Menschen klatschen und begannen dann, sich ziemlich schnell die Bäuche zu füllen, als hätten sie schon lange nichts mehr gegessen. Auch den Dunklen wurde aufgetischt und auch sie schienen es zu mögen, denn einige bestellten nochmal Nachschlag. Die Vampire saßen derweil ohne Essen vor sich, denn menschliche Nahrung machte sie nicht satt. Aber es war klar gewesen, dass die Menschen ihnen kein Blut servieren würden. Deshalb hatten sie vor ihrer Ankunft in weiser Voraussicht in einem nahen Dorf nochmals getrunken. Sie hatten niemanden getötet, soviel Anstand hatten sie sich selbst eingestanden.

The Dark CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt