Kapitel 22

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<< Life went on,
But it was
Never the
Same
Again. >>
- d.j

Freya hatte die Zeit ihres Lebens. In dieser einen Nacht konnte sie alles vergessen und einfach nur mit ihren Freunden tanzen. Und als Weylyn mehr als schüchtern Gennady um einen Tanz gebeten hatte, hatte sie ihre verdutzte Leibwache einfach in die Arme des wartenden Werwolfes geschoben. Und wenige Zeit später hatten die Beiden miteinander getanzt, als hätten sie nie etwas anderes getan.

Die Musik war immer lauter geworden, war angeschwollen auf das große Finale und man konnte die Energie im Saal förmlich berühren. Alle hatten sich zu den letzten Tönen gedreht und waren in einen tiefen Knicks oder tiefe Verbeugung gefallen. Die Musik hatte geendet. Und dann war das Licht ausgegangen. Die Schreie die folgten, gingen jedem durch Mark und Bein. Freya war mehr als verwirrt als sie wieder in die Senkrechte kam und nichts sehen konnte. Gar nichts. In dem ganzen Saal brach Panik aus. Die Schreie wurden von Befehlen unterbrochen. Befehle, die für den Hofstaat gebrüllt wurden. Irgendwo neben ihr mussten ihre Zofe und Gennady sein. „Schützt den König", hörte sie ganz in der Nähe mehrere tiefe Stimmen und allmählich kam Bewegung in die Gruppe. Die Prinzessin konnte sich nicht mal fragen, warum die Kerzen plötzlich ausgegangen waren, denn als sie den ersten Schritt in Richtung Fenster machen wollte – dort war es immerhin etwas heller als in der Mitte -, wurde sie unsanft aus dem Weg geschubst und fand sich keine Sekunde später auf dem Boden wieder.

„Wir brauchen Licht", kam die Stimme König Emrics durch die Halle bei ihr an und innerlich stimmte sie mürrisch zu. Es war ihr egal, dass sie hingefallen war, dass ihr Fuß ungeschickt umgeknickt war. Es waren ihre Hände, die sich eindeutig nass anfühlten. Doch es war kein Alkohol, denn sie fühlten sich nicht klebrig an. Eher schwer, sie hatte so etwas noch nie gefühlt. Ihre Augen hatten sich mittlerweile so sehr an die Schwärze um sich gewöhnt, dass sie das Etwas vor sich sehen konnte. Sie konnte nicht identifizieren, was da auf dem Boden vor ihr lag. Ihre Finger, die sie zaghaft ausgestreckt hatte, wagten sich nicht weiter. Aus irgendeinem Grund, einem Urinstinkt, befahl ihr Kopf, ihre Finger bei sich zu behalten. Fast schämte sie sich, denn es konnte auch einfach nur ein weiter Mantel einer der Lords sein. Doch sie folgte dem Befehl ihres Kopfes, denn eigentlich wollte sie die Flüssigkeit auch nicht an andere fremde Sachen bringen.

Das Nächste was die Prinzessin hörte, war erneut die Stimme ihres Vaters, der sowohl nach einem Diener rief, der wieder Helligkeit bringen sollte, und auch nach ihr rief. Ihre Stimme ging unter in den Schreien. Immer wieder spürte sie Kleider an ihrem Rücken, ihren Armen und beschloss, auf dem Boden zu bleiben. Immerhin konnte sie hier nicht mehr hinfallen. „Ruhe", brüllte der König so laut, dass es im ganzen Saal totenstill wurde. Alle hielten in ihrer Bewegung inne. Dann hörte man schnelle kleine Schritte über den Boden huschen; das Geräusch eines entflammenden Streichholzes und dann ging ziemlich weit vorne im Saal, und damit weit weg von Freya, eine Kerze an. Dann noch eine. Und noch eine. Immer mehr Kerzen wurden entzündet und an die versammelten Personen gegeben. Langsam stand die Prinzessin auf und sah sich um.

Die Gesichter um sie herum gehörten sowohl Menschen als auch Dunklen. Sie konnte allerdings nirgends Evette, Gennady oder etwa Weylyn sehen. Sie mussten in dem Trubel in eine andere Ecke geschwemmt worden sein. Als das Licht bei ihr ankam, konnte sie Prinz Noam neben sich erkennen, der, als er sie erkannte, die letzten Schritte zu ihr überwand und nach ihrem Arm griff. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Schock, der gegenwärtigen Situation geschuldet, und fast schon wieder Genugtuung, dass er die Prinzessin in seinem Arm hielt. Sie beide tauschten einen kurzen Blick. „Geht es Euch gut?" Freya nickte leicht und nahm die brennende Kerze entgegen, die ihr eine Lady in einem so tief ausgeschnittenen Kleid hinstreckte, dass sie kaum den Blick in das Gesicht der Dame heben konnte. Die Dame sah sie aber nicht an, knickste oder erkundigte sich möglicherweise noch, wie es der Prinzessin ging, sie starrte auf ihr Kleid. Dann keuchte sie auf. Die Menschen um Freya herum, drehten sich immer mehr zu ihnen um, denn die Kette aus Kerzen hatte bei Noam und der Prinzessin geendet. Die Dame ließ die Kerze nicht los, Freya griff mit ihrer anderen Hand an die der Dame und verstand nicht, was das Problem war. Als hätte sie ein Blitz getroffen, zuckte diese zurück und dann hatte Freya doch die Kerze in der Hand. Die Lady sah ihre eigene Hand an, als hätte sie einen Geist gesehen. Dann gab sie einen spitzen Aufschrei von sich. Hielt sich fast schon theatralisch die andere Hand vor den Mund, was spätestens jetzt die Aufmerksamkeit ihres Ehemannes neben sich auf sich zog. Er griff nach seiner Frau, doch die Frau schien völlig von Sinnen zu sein.

The Dark CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt