Kapitel 1

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{Hope}

Mittlerweile sind wir aus unserem Urlaub in Miami nach 10 Tagen  wieder in New York, weil das College wieder begonnen hat. Ich bin auf der Columbia in New York, eine der besten Unis von Amerika.
Ich schließe die Tür hinter mir und ziehe meine goldenen Sandalen aus, die ich dann in das Schuhregal direkt neben der Haustür stelle. Meine Jeansjacke, die ich aufgrund der Sommertemperaturen heute nicht gebraucht habe, hänge ich in die Garderobe zurück. Diese steht gegenüber des Schuhregales an einer weiß gestrichenen Wand. Anschließend laufe ich den weiten Flur hinab, der mit verschiedenen Gemälden von bekannten Künstlern geschmückt ist. Bis ich in die Küche komme, die auf der linken Seite liegt, und meinen Schlüssel auf der Küchentheke ablege. Die Küche ist weiß und modern gestrichen und direkt gegenüber steht ein riesiger Esstisch, an dem dann auch das große Wohnzimmer grenzt.

»Mom, ich bin daheim!«,rufe ich. Niemand meldet sich, weshalb ich davon ausgehe, dass meine Mutter und ihr neuer Freund noch bei der Arbeit sind. Sie haben sich dort kennengelernt und er ist sowas, wie ein Vorsitzender von ihr. Seit einem halben Jahr leben wir mit ihm zusammen. Er ist ein Idiot, ich kann ihn nicht leiden, hat sich in unser Leben eingeschleust und sieht sich selbst als ein Heiliger. Ich verstehe immer noch nicht, was meine Mutter in ihm sieht.
Dennoch liebe ich sie, so perfektionistisch und anstrengend sie auch manchmal sein mag...

Wir leben in New York auf der Upper East Side in einem zweistöckigen Penthouse und meine Mutter ist eine der bekanntesten Modedesignerinnen in NYC.Für Stars, wie Beyoncé oder Taylor Swift hat sie bereits Kleider für verschiedene Galas geschneidert. Ihr Beliebtheitsgrad wirkt sich natürlich auch auf mich aus, weshalb ich bereits mehrere Male gemodelt bin und ziemlich beliebt bin. Dass ich oft ausgenutzt werde ist mir klar, aber in der heutigen Gesellschaft muss man mit so etwas zurechtkommen.

Hoffentlich kommt Heather - meine Mutter - bald, denn mein Magen rumort schon vor Hunger. Ich setze mich auf einen weißen Stuhl, der an dem Tisch aus weiß-grauem Mamor platziert ist, und krame mein IPhone Xs aus meiner Louis Vuitton Tasche. Ich chatte mit ein paar Freunden, bis sich zum Glück die Haustür öffnet.

Meine Mutter kommt mit aufrechter Haltung in die Küche stolziert.
»Hallo, Liebes«, zwitschert sie als sie mich sieht. Sie kommt auf mich zu und drückt mir einen feuchten Schmatzer auf die Stirn. Schnell wische ich mit dem Handrücken über die nasse Stelle, denn meine Mutter trägt einen knallroten Lippenstift, der sicher seine Spuren hinterlassen hat.

»Hey, Mum«, entgegne ich und lächele sie an. Sie lässt sich auf dem Stuhl neben mir fallen und stöhnt auf.
»Alles in Ordnung?«, frage ich sie.
»Ja, war nur ein anstrengender Tag. Ein komplettes Chaos wegen der vielen Galas steht an«,entgegnet sie ehrlich.
»Ich kann mal schauen, wie es bei mir mit der Uni aussieht diese Woche. Eventuell kann ich ja aushelfen?«, biete ich ihr an und schenke ihr ein mitfühlendes Lächeln.
»Mach du dir keinen Kopf, du hast schon genug um die Ohren. Dass du wieder modelst, erleichtert schon vieles.«

Ich zucke mit den Schultern und schenke mir ein Glas Wasser ein.
»Wo ist Michael?«,wechsle ich das Thema und schaue sie verwirrt an. Sie kommt eigentlich immer mit Michael nach Hause, ihrem arroganten festen Freund.

»Der muss noch ein wenig arbeiten. Später werden wir vermutlich alle zusammen etwas beim Mexikaner essen gehen, in Ordnung?«
»In Ordnung«,willige ich genervt ein. Stimmungsschwankungen at their best. Das ist überhaupt nicht in Ordnung.
Obwohl ich das mexikanische Essen liebe, hasse ich es mit Michael essen zu gehen.

Denn er spielt sich wie der größte Macho gegenüber den Kellnern und mir auf, allerdings meiner Mutter gegenüber wie ein Gentleman. Kein Wunder, dass sie so auf ihn reinfällt.

Meine Mutter scheint meinen Gesichtsausdruck erkannt zu haben, denn sie fängt wieder mit dem alltäglichen Gespräch an:
»Liebes, ich weiß, was du von ihm denkst. Vermutlich würde ich mich genauso verhalten, wenn ein neuer Mann in mein Leben kommen würde, der sozusagen mein neuer Vater wird«

Ihr Vater ist nämlich vor ein paar Jahren umgekommen, doch im Gegensatz zu meiner Mutter, hat sich meine Großmutter noch keinen neuen Mann angelacht. Außerdem ist mein Vater ist nicht gestorben, sondern hat uns verlassen als ich erst vier Jahre alt war. Einfach so, ohne Vorwarnung.

Ich kann mich noch ganz genau an den Abend davor erinnern, wo er mir noch versprochen hatte, mich und meine Mutter niemals zu verlassen und uns immer zu lieben. Was für ein Heuchler. Und dann wagt er es noch sich nach fünfzehn Jahren wieder zu melden und mich zu fragen, ob ich ihn und seine neue Familie nicht mal besuchen will. Ganz ehrlich, das kann er glatt vergessen. Mein Wutausbruch beim Telefonat war zugegebenermaßen nicht einer meiner besten Momente...

Auf seine darauffolgenden Anrufe, die immer noch kommen, antworte ich nicht. Ich habe sogar extra einen bestimmten Klingelton für ihn eingerichtet, damit ich nicht aus Versehen dran gehen kann.

Meine Mutter legt mir eine Hand auf meine Schulter und fährt fort:
»Aber glaube mir, Michael ist ein guter Kerl und er behandelt mich gut.«
Auf der einen Seite muss ich zugeben, dass er meine Mum nicht schlecht behandelt. Doch wie er sich mir gegenüber verhält, ist komplett niveaulos.
Immerhin bin ich die Tochter seiner Freundin.

Immer wieder kritisiert er mich und macht mich runter, natürlich in Abwesenheit meiner Mutter. Nur schade, dass er seinen Plan nicht durchgesetzt bekommt und ich dadurch nur noch selbstbewusster werde.

»Mum, er gibt mir doch auch keine Chance. Du bekommst es nur nicht mit. Aber mach du was du willst, aber zieh mich nicht andauernd da mit rein. Wenn sich irgendwann rausstellt, dass er ein riesen Arschloch ist, dann erwarte nicht von mir, dass ich nicht <Ich hab es dir doch gesagt> sage«, erwidere ich knallhart.

Das ist die Wahrheit und auch wenn ich weiß, dass sie es schwer verkraftet, muss ich es ihr sagen. Ich muss sie warnen, das ist meine Verpflichtung. Noch einmal würde es nicht ertragen, sie traurig und niedergeschlagen wegen eines Mannes zu erleben. Denn das ist das Schlimmste. Es ist eine Sache, dass man selber damit klarkommt, aber damit klarzukommen den Schmerz der eigenen Mutter mitzuerleben und wie sie elendig jeden einzelnen Tag in ihrem Bett verbringt? Das ist ein ganz anderes Übel.

»Hast du über das Angebot deines Vaters nachgedacht?«,wechselt sie nun das Thema. Mit dem Angebot meint sie, dass ich ihn und seine neue Familie in Florida besuche und dann bei ihnen einziehe.
»Mum, da brauch ich nicht lange nachdenken. Ich bin fest davon entschlossen, dass ich niemals zu ihm nach Florida gehen werde.«
»Aber Liebes, bist du dir wirklich sicher? Ich weiß, du bist furchtbar sauer auf deinen Vater. Aber vielleicht hat er ja aus seinen Fehlern gelernt-«
Ich lache, weil ich es lustig finde, wie naiv meine Mutter ist.
«-Ja, siebzehn Jahre später.«

Doch diese Frau neben mir lässt mir immer noch nicht die Ruhe und beharrt auf ihrer Meinung:
»Lass es dir wenigstens durch den Kopf gehen. So wirst du abschließen können. Ich bin mir sicher, dass dein Vater dich immer geliebt hat. Und ich werde eh in nächster Zeit nicht oft zu Hause sein, weil die Met Gala ansteht und ich einige Kleider anfertigen muss. Das wäre die perfekte Gelegenheit, ihn zu besuchen. Irgendwann wird es sowieso dazu kommen müssen. Ob jetzt, oder in ein paar Jahren. Ist das wichtig?«
Ja, das ist es. Sie scheint das nicht zu verstehen, weil sie nicht in der selben Lage ist. Dieser Mann hat nämlich nur mir das Angebot gegeben und nicht uns Beiden. Das zeigte noch einmal, dass er es nicht bereut, meine Mutter verlassen zu haben. Er denkt nicht daran, wie sehr sie gelitten hat. Und das sage ich auch meiner Mutter. »Denk darüber nach«,seufzte sie. Werde ich sowieso nicht, oder?

My Happy-EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt