Kapitel 41

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{Hope}
»Alle werden sich wundern, warum wir so nass sind«,merke ich an und fange an zu lachen. Mein Kleid klebt mir aufgrund seiner Nässe komisch am Körper. Genauso wie meine Haare, die ich so schön gestylt hatte.
»Ehrlich gesagt, frage ich mich das auch«,wundert Kayden sich und fährt sich durch seine nassen Haare.
Wir laufen gerade die Einfahrt entlang, nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit im Meer verbracht haben. Nach der Offenbarung von Kayden habe ich es als nötig befunden, die Stimmung ein wenig aufzubessern. Natürlich habe ich bemerkt, dass auf ihm auf jeden Fall eine gewisse Last liegt. Die Geschichte hat mich erschüttert. Wie kann ein einziger Mann sich so idiotisch verhalten und aus eigener Hand seine eigene kleine Familie kaputt machen. Kayden war so klein. Kein Kind - nein, kein Mensch - hat solche Hausgewalt verdient. Was das schlimmste aber noch an der Sache ist, ist, dass Hailey schwanger mit Eathon war. Wie konnte er seine Frau schlagen, mit dem Gedanken daran, dass sie sein Kind in sich trug. Das Kind, das ihre Familie, vollenden sollte. Natürlich ist es tragisch, seinen hochgestellten Job zu verlieren, obwohl man unschuldig ist. Und dann auch noch seinen ganzen Ruf zu verlieren. Dennoch rechtfertigt das auf keinerlei Weise, dass er sich Tag und Nacht abschoss. Selbst ich kann das alles gar nicht wahrhaben, dabei möchte ich mir am Liebsten gar nicht vorstellen, wie es Hailey und Kayden damit geht. Endlich verstehe ich, warum Kayden die Ehre seiner Mutter so wichtig ist und warum er einen so unbändigen Hass seinem Vater gegenüber empfindet. Das ist mehr als verständlich und ich finde trotzdem, dass er toll damit umgeht. Viele andere würden vermutlich durch diesen Schmerz und diese Enttäuschung um sich schlagen und niemanden an sich ranlassen. Um damit so klarzukommen, wie Kayden es tut, ist eine große Menge Stärke und Kraft nötig.
Ich bin so verdammt stolz auf ihn.

Völlig in Gedanken versunken, nehme ich vorerst gar nicht wahr, dass Kayden die Haustür öffnet und mir den Vortritt gewährt. Verlegen lächele ich ihm zu und trete hinein.
Sofort kommt Hailey aus der Küche gelaufen und ich spüre sofort, dass etwas nicht stimmt. Genauso wie Kayden, der schnell zu ihr läuft und sie dazu auffordert, etwas zu sagen. Denn Hailey steht uns gegenüber, komplett bleich im Gesicht und der leere, geschockte Blick. Was ist nur los? In so kurzer Zeit hatte sie schon so viele Seiten von sich gezeigt, die mich alle überrascht, aber so neben der Sache - so verstört - konnte ich mir im Traum nicht vorstellen.
»Mum, sag was«,schreit Kayden sie an und sucht ihren Blick, der dennoch in die Leere gerichtet ist und durch ihn hindurch. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich meinen Blick auf Kayden richte und bemerke, dass ihm auch immer schlechter wird bei dem Anblick seiner Mutter. Augenblicklich fühle ich mich wie in einem falschen Film, in den ich nicht gehöre. Dessen Plot sich ohne Ankündigung eine komplette Veränderung unterzogen hat.
Bevor ich und Kayden noch komplett den Verstand verlieren, fordere ich ihn still dazu auf, selbst nach dem Auslöser der Starre seiner Mutter zu schauen. Mit schnellem Schritt verschwindet er auch schon um die Ecke. Zaghaft lege ich einen Arm um Hailey, die sich sofort in die Umarmung schmiegt. Dennoch gibt sie kein Wort von sich.
Augenblicklich kommt mir ein Gedankesblitz in den Sinn. Hat es vielleicht etwas mit Kayden's Vater und Eathon zu tun? Schon heute morgen war sie so fertig aufgrund dieser Sache. Was, wenn sich dies noch mehr gesteigert hat und er vielleicht sogar aufgekreuzt ist?
Ich heiße, meine Gedankengänge als bestätigt, als lautes Geschrei und Gepolter direkt aus der Küche zu hören ist. Schlussendlich erweckt auch Hailey aus ihrer Starre und zieht mich hinter sich her. Meine Aufregung steigt immer mehr in mir und mir wird schon schlecht bei dem Gedanken daran, dass Kayden jetzt gerade völlig austickt.
»Du wagst es hier aufzukreuzen, nach all diesen Jahren, nach all diesem Schmerz, den du Mum zugefügt hast ... und MIR?! Was bist du für ein grausamer Mensch und sitzt hier mit voller Selbstverständlichkeit in unserer Küche, wartend darauf unser Leben, das wir uns ohne dich aufgebaut haben, aufs Neue zu zerstören!«, schreit Kayden voller Erschütterung und Verzweiflung ihn an. Als ich in die Küche trete, traue ich meinen Augen nicht. Es sitzt tatsächlich ein Mann dort, dem Kayden aus dem Gesicht geschnitten ist. Lässig und unbeeindruckt betrachtet er seinen Sohn dabei, wie er sich quält. Was für ein Arschloch.
»Ich erwarte von dir, dass du sofort dieses Haus verlässt und nie wieder zurückkehrst.« Kayden ballt seine Hände zu Fäusten und rammt sie gegen die Wand. Ich schrecke zurück, bei dem Aufprallen.
»Du hast mir gar nichts zu sagen, Kayden. Nach allem, bin ich immer noch dein Vater«,meldet sich jetzt Richard zu Wort. Am Liebsten würde ich jetzt auf ihn losgehen und auf ihn einschlagen. Wie kann jemand so egozentrisch und herzlos sein, nicht ein Funken von Reue zu verspüren nach allem. Warum taucht er dann überhaupt hier auf, wenn es ihm doch so egal ist.
»Nach allem was passiert ist, bist du nicht mehr mein Vater. Du bist für mich gestorben.«
Kayden's Stimme klingt ruhig und kontrolliert, doch sie bricht. Er mag unfassbar stark sein und er mag die Dinge gut verarbeitet haben, aber mit dem Wiedersehen mit seinem Vater hat er nicht gerechnet. Genauso wie kein Anderer hier in diesem Haus. So gerne würde ich ihm jetzt seelischen Beistand leisten, aber ich weiß  einfach nicht wie. Ich war noch nie in einer solchen Situation und zu groß ist meine Angst, dass ich etwas falsch machen könnte und er mich von sich stoßen würde.
»Sprich nicht so mit mir!« - »Ich spreche mit dir, wie ich will!«
Hailey zappelt neben mir nervös hin und her. Sie überlegt, ob sie einschreiten soll, doch sie entscheidet sich dagegen.
»Eigentlich bin ich nur hier, um meine Familie wieder zu sehen. Wobei eine Person ist ja gar nicht mein Blut, wie ich erfahren durfte, nach so vielen Jahren.«
Richard steht auf und stämmt sich an der Tischkante ab. Wovon redet er? Irgendwas in mir sagt mir, dass nicht von mir die Rede ist und auch nicht mein Vater. Es steckt mehr dazwischen, zu provozierend ist der Ausdruck Kayden's Vater und zu ängstlich Hailey's.
»Wage es ja nicht!«,schreit sie auf einmal und tritt nah an ihn heran, um ihm warnend in die Augen zu schauen. Doch er grinst sie nur boshaft an. Er legt seine schwere Hand an ihre Wange, doch sie schlägt sie sofort weg. Ihre Verzweiflung ist kaum zu übersehen. Sie versucht stark und standhaft vor ihm zu wirken, als hätte er ihr Leben nicht ruiniert, doch es gelingt ihr nicht. Man kann es ihr nicht einmal zum Vorwurf machen. Aber was ist diese Sache, die ungelöst in der Luft steht. Was war das für eine Andeutung, die er von sich gegeben hat?
Kayden ist sein eigenes Blut, das ist ja kaum zu übersehen. Aber -
»Eathon! Du kommst genau richtig!«,ruft Richard auf einmal und entfernt sich von Hailey um auf Eathon zuzugehen, der gerade in die Küche kommt. Er muss das ganze Theater gehört haben, das war ja auch kaum zu überhören. Aber wo zur Hölle ist mein Vater, wenn man ihn einmal braucht. Er sollte jetzt hier sein und einen lauten Schrei ablassen, dass dieses Biest dieses Haus verlassen soll.
Völlig perplex schreckt Eathon zurück und betrachtet Richard von oben bis unten. Doch als ich die Beiden so nebeneinander sehe, empfange ich nicht das selbe Gefühl wie vor ein paar Minuten. Die ganze Zeit hatte ich erwartet, dass Eathon ihm genauso ähnlich sieht.
Doch ihre Gesichtszüge sind komplett verschieden, ihr ganzes Aussehen.
Scheiße.
Als Richard das Folgende sagt, wird mir schlagartig speiübel und ich wünschte, ich wäre ganz weit weg, hauptsache nicht hier.
»Du Armer! Dein ganzes Leben hast du mit der Lüge gelebt, wer dein eigener Vater ist. Aber falls dich das tröstet, ich wurde auch damals belogen. Wann kommt denn dein Vater endlich nach Hause?«

My Happy-EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt