Kapitel 50

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{Hope}
»Okay, ich glaube wir sollten langsam nach unten«,räuspere ich mich nachdem ich mich im Bad fertig gemacht hatte. Doch als ich wieder in mein Zimmer zurück komme, sehe ich nur ein leeres Zimmer. Ohne Kayden, der bis vor ein paar Minuten noch hier saß ... und mich küsste. Bei dem Gedanken daran macht sich wieder ein Kribbeln in meiner Magengrube bemerkbar und unwillkürlich stiehlt sich mir ein Lächeln auf die Lippen. Ich versuche der Enttäuschung darüber, dass er einfach gegangen ist, ohne mir Bescheid zu sagen, keine Beachtung zu schenken. Wobei sie auch noch pure Überreaktion ist... Immerhin befinden wir uns im selben Haus und sehen uns sowieso gleich unten.
Ich entschließe mich also und laufe allein nach unten, wobei Aufregung in mir aufkommt. Die Aufregung, gleich wieder Kayden zu sehen. Gott, ich fühle mich wie in einer Teenie-Romanze. Nur ist da nicht dieser beschissene Fakt, dass die zwei Hauptpersonen erwachsene Menschen und Stiefgeschwister sind... Warum sich mir wieder diese negativen Gedanken in den Weg stellen? Ich weiß es nicht, es passiert einfach unangekündigt und ich kann nicht dagegen ankämpfen. Ich sollte versuchen, den Moment einfach zu genießen.
»Guten Morgen«,begrüße ich Hailey, Eathon und Kayden und setze mich neben Eathon an den Tisch.
»Guten Morgen, Hope.« Es ist schier nicht zu übersehen, wie Hailey erleichtert darüber ist, dass sich langsam alles wieder zum Guten wendet. Ich kenne nicht ihre Seite der Story, ehrlich gesagt von fast niemandem. Wer weiß, was wirklich der Auslöser ihrer Entscheidung war. Klar, ihre Tat ist unverzeihlich und ich verstehe es voll und ganz, wenn die beiden Jungs verletzt sind. Aber hat nicht irgendwie jeder eine zweite Chance verdient?
Zweite Chance. „Hope, ich hoffe du kannst mir eine zweite Chance geben",hatte mein Vater damals gesagt, als er mich anrief. Zweite Chance. Aber um genau zu sein, wäre es nicht nur die zweite Chance. Es standen ihm so viele Chancen offen, zurückzukommen, sich zu melden ... egal was. Er nutzte sie aber nicht aus. Und das hätte wahrscheinlich auch nie getan, wenn da nicht Hailey gewesen wäre, die darauf bestand. Zu gern würde ich sagen, dass ich ihm vergeben kann und es vergessen kann, was er mir angetan hat. Wobei dies wahrscheinlich nie möglich sein wird. Mein eigener Vater hat mir das weggenommen, das ich - als seine Prinzessin - am Meisten gebraucht habe. Einen Vater, der mich zu Tanzaufführungen begleitet, meinen Geburtstag mit mir feiert, mich bei meinem Schulabschluss stolz betrachtet, mir immer zur Seite steht. Ich habe zwar eine Mutter, die ihr Bestes gab, alles was sie konnte. Aber seine Rolle hätte sie nie ersetzen können. Bei ihr war es nie das Gleiche, wenn sie mir Geschichten erzählte. Sie waren schön, perfekt, aber keine brachte mich zum Einschlafen, weil sie einfach nicht von meinem Daddy war. Der beste Geschichtenerzähler der Welt.
Leider Gottes aber auch der beste Lügner.
»Wo ist mein Vater?«,frage ich plötzlich, bevor ich überhaupt realisiere, was ich vorhabe.
Aber jetzt tu ich es. Ich möchte ihm all das einmal in sein Gesicht sagen. Ihm all die Sachen vorwerfen, die er getan hat.
»In seinem Büro. Warum?« Fragende Blicke liegen auf mir.
Ohne irgendetwas darauf zu antworten - was vielleicht ein wenig unfreundlich ist, ich ignoriere es aber - springe ich auf, ohne überhaupt einmal von meinem Bagel abzubeißen. Das Adrenalin strömt durch meinen Körper. Ich muss das jetzt alles loswerden, sonst raste ich echt noch aus oder breche zusammen. Zu lange hab ich das alles in mich hineingefressen. Habe sogar so getan, als würde es nicht an mich rankommen.
Kräftig stoße ich die Tür zu seinem Büro auf, schließe sie direkt hinter mir und setze mich auf den Stuhl ihm gegenüber, an die andere Seite des Tisches. Verdutzt und ein wenig überfordert, schaut er mich an und er schiebt seine Brille, die er nur sehr selten trägt, hoch.
»Prinzessin, was -«,fängt er an, doch ich unterbreche ihn sofort.
»Erst einmal, hörst du auf mich Prinzessin zu nennen. Denn weißt du was? Das erinnert mich an damals. An die Zeit, wo du mir jeden Abend vor dem Einschlafen Geschichten erzählt hast. Wo du mich wie eine Prinzessin behandelt hast und mich auf Händen getragen hast. Wo du mir versprachst, dass du mich und Mum für immer lieben würdest und uns nie verlassen würdest und uns letztendlich ohne jegliche Vorwarnung hast sitzen lassen. Deine Ehefrau und eure vierjährige Tochter, die nichts von alledem wahr haben wollte und herum erzählte, dass ihr Daddy im Urlaub ist und bald zurück kommen würde mit einem großen Geschenk für mich. Deine Tochter, die älter wurde. Die die ganze Zeit an der Hoffnung festhielt und sie nach und nach aus ihren Händen glitt. Deine Tochter, die soviel Erfolg hatte und dennoch nie wirklich glücklich sein konnte, weil ihr immer etwas fehlte. Ihr Vater, der ihr zeigt, wie stolz er auf sie ist und sie bei wichtigen Schritten ihres Lebens begleitet. Gott, weißt du eigentlich, was du alles verpasst hast? Nein, was frage ich noch?! Du hast keinen blassen Schimmer, denn sonst hättest du dich viel früher gemeldet ohne die Aufforderung deiner Verlobten. Ich hab es satt, so zu tun, als würde alles gut zwischen uns sein. Denn das ist es nicht und das ist ganz allein deine Schuld. Was glaubst du wie ich mich fühle, wenn ich mit dir abgeschlossen habe, du dann doch anrufst, mich einlädst, ich einwillige, komme und dann erfahre, dass du mich gar nicht wieder sehen wolltest. Dass dich deine Verlobte ZWINGEN musste und dass  ich einen Halbbruder habe. Ach und das würde ich auch gerne wissen, wie das zustande kam, weil Eathon genau in dem Alter geboren ist, wo du uns verlassen hast. Ich hätte niemals gedacht, dass ich einmal so mit meinem Vater rede. Ich habe mir immer geschworen, nie so mit einem Elternteil zu reden. Weil ihr mir das Leben geschenkt habt. Aber weißt du was du noch getan hast? Du hast es mir in dem Moment weggenommen, wo du gegangen bist und dich nie wieder gemeldet hast.«

My Happy-EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt