Kapitel 68

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{Hope}
»Komm schon, du verarschst mich.«
Ich lache und schüttele den Kopf. Es war so klar, dass Kayden nicht direkt mit der Wahrheit rausrücken würde.
Doch als Kayden mich immer noch kritisch und ernst anschaut, wird mir klar, dass er die Wahrheit sagt.
»Das ist dein Ernst...«,stoße ich hervor und fahre mir frustriert durch die Haare. Das kann nicht wahr sein.
»Er ist sicher von selbst abgehauen, das kennt man ja von ihm. Warum sollte er gegen seinen Willen gehen?«
Ich kann mir um Gottes Willen nicht vorstellen, dass mein Vater gegen seinen Willen verschwunden ist. Ich meine, wer sollte dafür sorgen wollen? Was soll der Grund dafür sein, wenn doch gefühlt jeder um uns herum meinen Vater toll findet? Oder doch nicht? Was ist, wenn mein Vater gar nicht so gut immer ankommt, wie es immer zu sein scheint? Hat er Rivalen oder Feinde, die ihm etwas Böses tun wollen?

»Seine ganzen Klamotten sind noch da. Ich bezweifle, dass er mit nur einem Outfit verschwindet.«
Scheiße. Ich schüttle den Kopf und lehne mich an die Wand hinter mich.
»Es ist sicher alles in Ordnung«,lüge ich. Warum ich lüge? Ich glaube, weil ich mich selbst davon überzeugen will. Dabei ist mir klar, dass nichts in Ordnung ist. Irgendwas ist da faul und wenn ich nicht herausfinde, was es ist, werde ich es mein Leben lang bereuen.
»Nein. Bullshit«,korrigiere ich mich selbst und raufe mir meine Haare. Ein dicker Kloß bildet sich und obwohl ich versuche ihn wegzuschlucken,klappt es nicht. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer und langsam schnürt es mir die Kehle ab.

»Hast du schon irgendwas rausgefunden?«,frage ich Kayden, der mir meine Sorgen anzusehen scheint, denn es ist aus seinem Blick direkt herauszulesen.
»Nicht wirklich. Die Polizei kann man auch nicht einschalten, weil sie den Fall nicht ernst nehmen würden. Ich meine, er hat euch schon verlassen. Es kann ganz theoretisch auch sein, dass er einfach nur wieder die Fliege gemacht hat.«
Kayden runzelt die Stirn und fährt sich durch die Haare.
»Mach dir keinen Kopf...«,fügt er noch hinzu.
»Das ist so einfach zu sagen, Kayden. Er ist mein Vater. Ich will nicht, dass ihm etwas zustößt, auch wenn er sich wahrscheinlich keinen Dreck um mich schert. Trotz allem ist er immer noch Familie.«
Vor einer Weile hätte ich wohl behauptet, dass es mir egal wäre, würde so etwas passieren. Oder auch, dass ich es ihm regelrecht wünschen würde. Jetzt, wo es allerdings wirklich geschieht, will ich nichts anderes, als einfach zu wissen, dass es ihm gut geht.
»Scheiße, ich weiß. Ich werde alles dafür tun, um ihn zu finden, okay?«
Er tritt ein paar Schritte auf mich zu, bis er vor mir stehen bleibt. Sachte streicht er mir über meine Wange und eine Gänsehaut überzieht meinen Körper.
»Okay. Danke«,ich nicke leicht, lächle, doch schiebe daraufhin seine Hand von meiner Wange.
»Was ist los?«
Bedrückt schaut er mich aus seiner verdammt grünen Augen an, die mich immer wieder an Smaragde erinnerten. Doch jetzt funkelt es nicht belustigt und fröhlich in ihnen - wie es oft gewesen ist - sondern traurig. Als hätte ich ihn wahrhaftig mit meiner Geste verletzt.

»Es hat sich nichts geändert, oder? Es war ja alles nur, um mich zu beschützen. Weißt du, ich dachte, dass dir endlich klar geworden ist, dass wir eine Chance haben können - zumindest habe ich es gehofft. Wäre mein Vater nicht verschwunden, wärst du immer noch in Florida und würdest dich nicht melden«,werfe ich ihm verächtlich vor und bereue dabei kein einziges meiner Wörter. Wie konnte ich nur so naiv sein und glauben, dass er wieder Hoffnung hat.
Tonlos blickt er auf den Boden und seine Wangenknochen kommen zum Vorschein. Dies zeigt mir nur noch mehr, dass er ganz genau wusste, dass meine Worte der Wahrheit entsprechen.
»Es tut mir leid, aber ich kann nicht so tun, als wäre alles wieder gut.«
»Musst du auch nicht. Ich-«,beginnt er, doch ich schneide ihm mitten im Satz das Wort ab.
»Wenn was zwischen uns geschieht, dann will ich, dass wir beide mit dem Gedanken leben, dass es eine Zukunft hat. Dass es nicht vielleicht das letzte Mal ist und dass wir es keine einzige Sekunde bereuen. Du brauchst noch Zeit? Okay. Ich habe sie auch gebraucht. Du wirst es von selbst merken und dann bin ich da. Weil ich warten werde - egal, wie lang es auch dauern mag.«

Mit diesen Worten entferne ich mich von Kayden und greife nach meiner Handtasche.
»Wo gehst du hin?« Er verfolgt jede einzelne meiner Bewegungen und verstaut seine Hände in seinen Hosentaschen.
»Zu meiner Mum. Sie soll es als erstes von mir erfahren«,entgegne ich und verlasse das Zimmer.
»Ich fahre dich.«
»Das ist nicht nötig. Ich frage einfach Molly oder so«,widerspreche ich und lächle ihm ein letztes Mal zu, bevor ich die Zimmertür hinter mir schließe und ihn alleine im Raum stehen lasse.

Kurz darauf öffnet sich die Türe wieder und Kayden kommt mir hinterher gelaufen.
»Doch es ist nötig«,besteht er darauf, mich zu fahren und läuft neben mir die Treppen hinunter.
Schließlich gebe ich also nach und nicke einverstanden.
Ein letztes Mal bahne ich mir meinen Weg zu Molly, die ich an der selben Stelle wie vorhin vorfinde. Mittlerweile hält sie einen dunkelroten Becher in ihrer Hand und lacht, als Joey irgendetwas zu ihr sagt.
»Molly«,unterbreche ich das Gespräch und empfinde direkt ein wenig Reue, weil sie gerade so gelacht haben.
»Hope, wo wart ihr so lange?« Sie nimmt einen Schluck aus dem Becher und verzieht daraufhin kurzzeitig das Gesicht.
»Ich muss gehen. Ich muss mit meiner Mum reden, sorry. Wir telefonieren und ich erzähl dir alles.«
Sofort erstirbt Mollys Lachen und sie beäugt mich verwirrt.
»Alles klar«,entgegnet sie dennoch und umarmt mich kurz zum Abschied.
Ich verabschiede mich also von Joey und Molly und bahne mir dann meinen Weg zurück zu Kayden, der schon an der Haustüre wartet und mit seinem Autoschlüssel spielt.
»Alles klar?«
»Ja«,antworte ich lapidar und folge ihm zu seinem Auto. Das Auto erinnert mich immer wieder daran, wie wir damals zum Daniel's gefahren sind. Unser erstes Nicht-Date, was so viel mehr als das gewesen war. Und ich ihn dennoch danach im Aufzug von mir gestoßen hatte, weil ich mit der ganzen Situation nicht zurechtkam und zu viel in Dinge herein interpretiert habe, die nichts bedeuteten. Im Nachhinein bin ich mir darüber bewusst, dass ich vermutlich überreagiert habe und Kayden damit ziemlich verletzt habe. Aber wer will schon in der Vergangenheit leben? Wir haben im Moment ganz andere Probleme, als ein Fehlverhalten von mir.

»Woran denkst du gerade?«,reißt mich Kayden schlagartig aus meinem Gedankengang und ich zuckte perplex zusammen. Erst jetzt realisiere ich, dass ich schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen habe und Kayden bereits den Motor startet.
»An unser erstes Nicht-Date«,erwidere ich ehrlich und werfe Kayden ein Lächeln, das er direkt erwidert.
»Irgendwann lade ich dich wieder dorthin ein, auf ein richtiges Date.«
Er schaut mich durch seinen Augenwinkel an und grinst vielsagend.
Wow, meine Ansage vorhin scheint ihn nicht zurückgeschreckt zu haben. Ich kann nicht verleugnen, dass ich seinen Ehrgeiz nicht anerkennend finde. Vielleicht habe ich es bereits geschafft, ihn zu überzeugen.

Trotzdem meldet sich wieder die Ungewissheit darüber, wo mein Vater ist, in mir und mir zieht ein dunkler Schauer den Rücken hinunter. So viel dazu, dass heute ein ganz normaler Tag werden würde. Das ich nicht lache...
»Ich hab ein ungutes Gefühl, Kayden«,spreche ich meine Sorgen aus und erleichtere die Last dadurch ein wenig, da ich sie nicht für mich behalten muss. Kayden sitzt nämlich hier und ist für mich da, unterstützt mich mal wieder. Ob ich das alles verdient habe? Einen Menschen, der mir in jeder Lebenslage zur Seite steht und mich nicht krumm anschaut, sollte ich mich komisch verhalten.
»Ich bin mir sicher, dass wir ihn finden. Und wenn nicht, läuft er wie durch Zauberhand die Tür hinein und er ist unbekümmert.«
»Ich revidiere letzteres«,scherze ich und schnalle mich im nächsten Moment ab, da wir vor dem riesen Hochhaus Halt machen, in dem unser Appartement ist.

•••

»Mum! Wo bist du?«,rufe ich, als ich kurze Zeit später in der Küche stehe und nervös im Penthouse umher schaue.
»Bist du da?«,frage ich nochmal, doch ich bekomme immer noch keine Antwort. Wo ist sie nur? Sie hat doch heute noch gesagt, sie würde daheim bleiben...
»Wahrscheinlich hat sie sich mit irgendeiner Freundin oder so getroffen«,überlegt Kayden.
Doch gerade als ich etwas erwidern will, ertönt ein lauter Schuss aus meinem Zimmer. Im nächsten Moment kommt jemand aus meinem Zimmer gerannt und mir wird schwarz vor Augen.

Wohoo ein neues Kapitel! Was glaubt ihr, wer da jetzt angerannt kommt und wer angeschossen wurde? wie wird es wohl weiter gehen HMM 🤫

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