{Hope}
»Hey hey, alles in Ordnung?«,flüstert mir Eathon leise in's Ohr und legt mir einen Arm um die Taille, als würde er mich davor retten wollen, dass ich jeden Moment zusammenbreche. Ich spüre die Besorgnis, die seine Stimme belegt und die angespannte Situation.
Langsam fasse ich mich und richte mich auf. Ein halbes Lächeln zwinge ich mir auf die Lippen.
»Alles gut, mir war nur kurz schwindelig«,rede ich mich heraus und finde sogar, dass ich ziemlich überzeugend klinge, obwohl mich Eathon nach wie vor besorgt mustert.
»So, ich schätze, ich darf jetzt jemanden auswählen«,wende ich mich wieder der Gruppe zu und lasse meinen Blick über die Menge schweifen.
»Klar!«,rufen sie gleichzeitig und schenken mir ein beeindrucktes Grinsen, als wäre das gerade eben so schwierig gewesen. Hier besteht der große Unterschied zwischen New York und Florida. In New York werden solche Spiele viel häufiger gespielt und in noch viel härteren Varianten.
Schließlich setze ich mich wieder zu den anderen und überlege noch einmal, wen ich wählen sollte.
»Sollen wir lieber gehen?«,fragt mich Eathon leise, damit ihn die anderen nicht hören können.
»Nein, ich hab doch gesagt, dass alles gut ist. Mach dir keine Sorgen, kleiner Bruder«,tapfer lächle ich ihm zu und endlich schaffe ich es, ihm ein warmes Lächeln zu entlocken.
»Gabriela. Wahrheit oder Pflicht?«
Perplex schaut sie mich an und hatte wohl nicht mit meiner Wahl gerechnet. Dabei hätte sie es sich denken können. Sie wird wahrscheinlich irgendwann die Freundin meines Bruders sein und für das werde ich eigenhändig sorgen.
»Wahrheit«,antwortet sie behaglich und beißt auf ihre Lippe. Wahrscheinlich kann sie sich denken, was jetzt bekommt. Andernfalls wäre sie sicher nicht so nervös.
»Was bedeutet dir Eathon?«,stelle ich ihr die Frage ganz unverblümt und zucke nicht einmal mit der Wimper. Schnell starrt sie zu Eathon, der mich anschaut, als würde er mich eigenhändig erwürgen wollen, da er genau weiß, was mein Plan und meine Hintergedanken sind. Stetig färben sich ihre Wangen rot, was sie noch süßer wirken lässt. Hilflos schaut sie mich an in der Hoffnung, dass ich mich für eine andere Frage entscheide.
»Ich nehme Pflicht«,entscheidet sie sich um und da ich damit gerechnet habe, dass sie sich doch noch anders entscheidet, habe ich mir einen Plan B ausgedacht.
»Na gut, sage ihm direkt ins Gesicht, was er dir bedeutet.«
Ich weiß, ich bin ziemlich fies und ich mache mich gerade sicher unbeliebt bei Gabriela. Aber ich vermute - zumindest hoffe ich es -, dass ich ihnen endlich die Augen öffne und sie mir später dafür danken werde, dass ich es getan habe. Und natürlich bin ich mir darüber bewusst, dass Eathon mich in diesem Moment wirklich hassen muss. Dafür, dass ich Gabriela diesem peinlichen Moment ausliefere. Aber wenn wir ehrlich sind, würde dies niemanden von den hier anwesenden Leuten überraschen. Im Endeffekt weiß jeder, dass die Beiden so viel mehr als nur Freunde sind.
Verlegen lacht sie, fährt sich durch ihre gelockten Haare und dramatisch langsam wendet sie sich an Eathon und schaut ihm direkt in die Augen. Der Moment aller Momente.
»Eathon... Eigentlich weißt du, was du mir bedeutest. Alles. In Zeiten, wo ich an mir selbst und an allem anderen zweifelte, warst du immer da und hast es geschafft mich zum Lachen zu bringen. Dafür kann ich dir nicht genug danken.«
Eine kurze Rede, dennoch so herzerwärmend und süß. Ein beeindrucktes Raunen ertönt von den anderen, doch nichts kann gerade Eathon und Gabriela stören, die sich weiterhin intensiv in die Augen schauen.
»Was hast du nur angestellt?!« Gespielt bestürzt schaut mich Ella neben mir an, dich muss sich dabei ein Grinsen verkneifen.
»Ich hab ihnen vielleicht die Augen geöffnet«,vermute ich stolz und recke mein Kinn angeberisch in die Höhe.Eathon, Gabriela und ich laufen zurück zum Wagen und es herrscht eine unbehagliche Stille zwischen uns. Was nicht daran liegt, dass sie sauer auf mich sind, sondern weil sie gerade nicht wissen, wie sie miteinander umgehen sollen. Ob ich deswegen schlecht fühle? Kein bisschen. Das dauert nur noch wenige Minuten, Stunden oder wenige Tage. Wobei ich letzteres eher bezweifle. Wenn sich jemand mit so etwas auskennt, bin das ganz sicher ich. Schon des Öfteren hatte ich Erfolge damit, Freundinnen mit Freunden zu verkuppeln und auch mich selber mit anderen.
Was für eine Ironie... Ich rede davon, Erfahrung in Bezug auf Liebe zu haben und bekomme die Sache mit Kayden nicht auf die Reihe. Dabei muss man aber beachten, dass es einfach nicht so leicht zwischen uns ist. Nichts wird die Tatsache ändern, dass er mein Stiefbruder ist und gerade ziemlich verletzt.
Da ich weiter komplett in Gedanken versunken über Kayden bin, läuft das alles wie ein Gleitfilm an mir vorbei. Plötzlich stehen wir vor Gabriela's Haus, was ein ziemlich protziges Erscheinungsbild trägt. Eathon begleitet sie bis zur Tür und ich erkenne noch, wie sie über irgendetwas reden. Ach wie gerne würde ich wissen, um was es sich bei ihrem Gespräch handelt. Interessiert beobachte ich sie, bis Gabriela sich auf die Zehenspitzen stellt und Eathon einen Kuss auf die Wange gibt. Euphorie über meinen gelungenen Plan kommt in mir auf und ich kann mich kaum auf dem Sitz halten. Ja, es ist nur ein bloßer Kuss auf die Wange, aber das ist ja nur der Anfang. Stolz klopfe ich mir auf die Schulter und applaudiere mir selbst.
Auf einmal öffnet sich die Autotür wieder und Eathon blickt mich leicht verstört an. Okay, vielleicht mehr als nur leicht.
Sofort breche ich in Gelächter aus und vor lauter Gelächter treten mir Tränen in die Augen.
»Du bist echt nicht sauber«,beschwert sich Eathon gespielt, doch auch er muss sich das Lachen verkneifen.
»Ich weiß.«
Jetzt fangen wir beide an zu lachen und ein warmes Gefühl kommt in mir auf.
Verdammt, bin ich froh einen kleinen Bruder zu haben.
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My Happy-End
RomanceCinderella, Ariel, Aurora. Das Happy-End, das diese bekommen hatten, wünschte sich Hope schon ihr Leben lang. Hopes Leben scheint auch perfekt zu sein. Studentin an einer der renomiertesten Universitäten in New York, geliebte Tochter und Freundin...