Kapitel 53

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{Hope}
»Rihanna Montgomery. Lang nicht mehr gesehen, würde ich behaupten.«
Ich bemühe mich um einen freundlichen Ton, was mir aber ziemlich schwer fällt, da ich aufgrund all ihrer Taten keine Achtung mehr vor ihr habe. Da ich aber eine erwachsene Frau bin, lasse ich mir das nicht anmerken. Mittlerweile sind wir nicht mehr in der HighSchool, wo Anfeindungen und Drama Alltag sind. Wir sind in der Realität, wo es so viel Wichtigeres gibt als das.
Schließlich wendet sie sich auch an mich und reißt dramatisch die Augen auf.
»Oh mein Gott, Hope Evans!«,schreit sie und es wirkt tatsächlich so, als würde sie sich über unser unerwartetes Treffen freuen. Aber mich kann sie nicht täuschen, schon damals war sie ein Profi im Schauspielern. Deshalb fielen auch so viele Menschen damals auf sie herein, ich zu Beginn auch. Doch mir wurden die Augen geöffnet, wofür ich sehr dankbar bin.
»Wie geht's dir? Wie geht's euch? Woher kennt ihr euch?«,fragt sie neugierig und schaut aufgeregt zwischen uns hin und her. Sie schnappt sich einen Stuhl von dem Tisch neben uns und setzt sich zu uns.
Wow.
»Wir gehen beide auf die Columbia, ihr Vater ist Christopher und wir besuchen sozusagen beide unsere Familie«,erzählt Kayden ihr sofort mit einer solchen Leichtigkeit, als würde ihm das überhaupt nichts ausmachen. Er redet mit ihr als würde er sie schon ewig kennen, als wären sie enge Freunde.
Familie. Kann man das Familie nennen? Wenn man sich nicht einmal richtig miteinander unterhalten kann und man nicht wirklich geliebt wird vom eigenen Vater? Wenn alles auf Lügen und Enttäuschungen basiert? Mittlerweile stelle ich das mehr und mehr in Frage.
»Nein.« Geschockt hält sie sich die Hände vor den Mund.
»Woher kennt ihr euch?«,stelle ich nun die Frage, die ich mir von Anfang an gestellt habe und mir seitdem brennend auf der Zunge liegt.
»Riri ist meine Cousine. Tochter von der Schwester meiner Mutter. Früher haben wir sehr viel Zeit miteinander verbracht, vor allem weil wir im gleichen Alter waren und unsere Mütter ein gutes Verhältnis haben. Irgendwann ist Riri mit ihrer Familie weggezogen nach New York, bis sie vor ein paar Jahren wieder überraschend zurück kam«,erzählt mir Kayden und mit den letzten Worten wird seine Stimme immer leiser, als würde er versuchen, ihnen ihre Wichtigkeit zu nehmen. Er muss wissen, was damals geschah, zumindest im Groben. Sonst hätte er zum Schluss nicht so genuschelt.
Aber wie können diese zwei Personen verwandt sein? Ich meine, Kayden und Rihanna... komplette Gegensätze. Kayden ist perfekt und toll und Rihanna, naja ist einfach Rihanna. Doch jetzt als ich sie so nebeneinander sehe, fällt mir eine gewisse Ähnlichkeit auf. Abgesehen von den dunklen Haaren, haben sie beide die selben Augen.
Eines muss ich aber Rihanna trotz allem lassen. Sie hatte einen riesigen Glowup.
Ihr Gesicht ist auf relativ natürliche Weise geschminkt und auch ihr Style ist nicht mehr so freizügig und dominant, wie er einmal war. Würde man sie sehen, ohne über ihre Vergangenheit Bescheid zu wissen, könnte man behaupten, dass sie ein ganz normales, süßes Mädchen ist. Wie ich aber schon oft erkennen konnte, kann der Schein auch trügen. Dass sie sich wirklich verändert hat, bezweifle ich. Soll sie mich doch davon überzeugen, dass sie es geschafft hat, etwas Besseres aus sich zu machen.
»Du siehst gut aus, Hope. Hätte dich fast nicht wieder erkannt«,spricht sie mit süßer Stimme und ich meine sogar eine kleine Echtheit in ihren Wort ausmachen zu können.
»Wirklich? Du hast dich auch sehr verändert«,erwidere ich und schaue ihr dabei direkt in die Augen. Ich habe mich schon darauf eingestellt, irgendein hasserfülltes Funkeln in ihren Augen zu sehen, doch da ist keins. Ihre grünen Augen strahlen einfach nur so um die Wette.
»Ich weiß.« Kurz meine ich, einen trauriges Funkeln in ihren Augen ausmachen zu können, doch kurz darauf setzt sie wieder ihr strahlendes Lächeln auf und wendet ihren Blick ab.
Ob Kayden weiß, dass ich und Rihanna einst Erzfeindinnen waren? Wahrscheinlich nicht. Woher auch? Kurz überlege ich, ob ich es ihm vielleicht erzählen sollte, aus welchem Grund auch immer. Aber ich entscheide mich dagegen. Es hätte keinerlei Funktion, würde ich es ihm erzählen. Wir sind immerhin in der Gegenwart und müssen nicht andauernd in die Vergangenheit blicken, auch wenn ich immer noch ziemlich sauer auf sie bin. Ich war noch nie ein Mensch, der andere gerne in Schwierigkeiten bringt. Und damit würde ich auch noch riskieren, dass sie Kayden irgendwelche Lügengeschichten über mich auftischt. Das will ich so gut es geht nämlich vorbeugen. Vielleicht sollte ich ihr tatsächlich einfach eine Chance geben und nicht so viele Vorurteile ihr gegenüber zu haben. Immerhin wirkt es tatsächlich so, als würde sie sich um ihre eigene Besserung bemühen.
»Ich muss gehen, mein Freund wartet draußen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns alle drei noch einmal sehen könnten.« Dabei schaut sie mich sogar direkt an, was mich überrascht. Will sie es vielleicht sogar versuchen gutzumachen, was sie damals alles veranstaltet hatte?
Sie hat sogar einen Freund, was auch ein Fortschritt ist. Früher hat sie auf so etwas nie Wert gelegt, sie glaubte nie an so etwas. Spaß und Vergnügen waren ihr immer das Wichtigste. Zumindest schien es immer so.
»Den will ich mir aber noch vornehmen, Cousinchen«,bestimmt Kayden und schaut Rihanna vielsagend an.
Sie verdreht gespielt die Augen und verabschiedet sich von uns mit einem letzten Winken.
»Ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt«,beginnt Kayden und bestätigt somit die Vermutung, die ich vorhin aufgestellt habe.
»Ich auch nicht.«
Ich lache verlegen und schaue in eine andere Richtung. Warum ist mir diese Situation gerade so unangenehm? Wahrscheinlich liegt das lediglich daran, dass ich niemals damit gerechnet habe, dass Kayden und Rihanna sich kennen und sie sich auch noch so gut verstehen. Es wirkt wirklich, als seien sie einmal unzertrennlich gewesen.
»Ach, wie klein kann die Welt schon sein.«
»Das kannst du laut sagen.« Jetzt schaue ich wieder zu ihm und sofort wird es mir wieder warm. Sein Lächeln ist so echt und schön, dass mir der Atem stockt.
»Ihr mochtet euch nicht sonderlich, oder?«,fragt Kayden völlig unerwartet. Ich hatte mich echt bemüht, es mir nicht anmerken zu lassen. Gott, hab ich jetzt das Schauspielern verlernt, das einmal so eine große Gabe von mir war?
»Ehm... ja. Wie hast du es gemerkt?«,stottere ich so vor mich hin und schaue starr den Tisch an.
»Ich kenne dich Hope. Ich kann dein echtes Lächeln von dem Fake-Lächeln unterscheiden, glaub mir.«
Irgendwie süß, dass er mich wirklich so gut zu kennen scheint und dass er darauf auch Acht nimmt. Das beweist nur noch mehr, wie besser er doch ist, als so manche andere Typen,die ich schon in meinem Leben kennenlernen durfte. Er ist so viel besser, als manche behaupten. Keine Worte könnten ihn wirklich auf den Punkt genau beschreiben. Diese Worte sind einfach nicht im Duden vorhanden, zumindest nicht in meinem.
»Schlimm?«,frage ich, obwohl ich mir das nicht vorstellen könnte. Trotzdem muss ich Nummer sicher gehen, damit ich - falls es doch nötig wäre - es ihm genau erzähle.
»Schlimm? Was soll daran schlimm sein? Ich mag so einige Personen nicht und das ist doch was ganz normales.«
Er spricht, als wäre es selbstverständlich und als wäre meine Frage überhaupt nicht nötig gewesen. Aber für mein eigenes Wohlbefinden, habe ich diese Bestätigung gebraucht.
»Nun ja, sie ist aber deine Cousine«,erkläre ich meine Frage, damit er es vielleicht ein wenig mehr nachvollziehen kann.
»Wenn ihr euch nicht jedes Mal anzickt, wenn wir sie sehen und euch gegenseitig das Leben nicht schwer macht, ist das kein Problem. Ihr seid mir beide wichtig und eure Vergangenheit wird da nichts dran ändern.«
Ich bin ihm wichtig. Sofort macht sich wieder dieses angenehme Kribbeln in meinem Bauch bemerkbar und ich spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt.
»Du hast recht«,stimme ich ihm schließlich zu und lächle ihn an. Dieses Mal ist es nicht fake und aufgesetzt, es ist echt.
»Das hab ich immer.«
Er schenkt mir sein schiefes Grinsen und ich nehme einen Schluck von meinem Getränk, das ich vor lauter Rihanna ganz vergessen habe.

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