Kapitel 10

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Als ich auf dem Boden aufkam, die Kette immer noch in meiner Hand, verlor ich mein Gleichgewicht. Ich fiel hin und fing mich mit meiner rechten Hand schmerzhaft ab. Obwohl ich auf dem Boden lag, war mir immer noch schwindelig. Verschwommen erkannte ich, wie mir jemand seine Hand hinhielt und ich ergriff sie. Als ich stand, wurde mir so übel dass ich für einen kurzen Moment dachte, ich müsste mich übergeben. Ich torkelte in eine Gasse links von mir und hielt mir die Hand vor den Mund. Ich flehte, dass ich mich nicht übergeben musste und lehnte mich haltesuchend an die Wand. Sie war kalt und kühlte meinen Rücken. Nachdem ich ein paar Mal kräftig durchgeatmet hatte, sah ich etwas klarer.
Rechts von mir stand Zack in der Sonne, die Hände hinter dem Rücken verschränkt und sah mich mit einem arroganten Lächeln an.
„Na?“, fragte er mich auslachend. „Hast du dich gefasst?“

Ich guckte ihn böse an. Ich bin das erste Mal in meinem bisherigen Leben gesprungen und er hatte nichts besser zu tun, als solche Sprüche zu bringen.

Ich wendete den Blick von ihm ab und sah mich um. Zack stand auf einem kleinen Marktplatz, um ihn herum lauter Stände, Frauen und Kinder in Kleidungen. Sie trugen alle Kleider, allerdings nicht sehr schöne. Eher waren sie abgenutzt und die Menschen wirkten mager und heruntergekommen. Lediglich Zack stand dort, in der Menschenmasse, wie ein Engel und schien von den Menschen vollkommen unberührt. Mir hingegen taten sie eher Leid und ich schämte mich schon fast, dass ich ein solch schönes Kleid trug. Auch den Menschen schienen wir aufzufallen, denn sie beobachteten vor allem Zack mit offenem Mund und tuschelten hinter seinem Rücken. Ich sah nach links und erkannte in zehn Meter Entfernung eine weitere Mauer, an der Müll aufgestapelt war. Insgesamt erkannte man sofort, dass man nicht mehr in unserem Jahrhundert war.
Langsam ging ich auf Zack zu und fragte ihn: „Wo lang müssen wir jetzt?“
„Das ist genau das Problem. Wir sind hier im Elendsviertel von London und fallen natürlich total auf mit unseren eher teuren Sachen. Wir müssen zum Hyde Park. Soweit ich weiß, brauchen wir mit der Kutsche ca. 20 Minuten. Sie müsste hier gleich kommen, ich will keine Sekunde länger hier bleiben bei…bei diesen Leuten.“, erwiderte Zack und sah eine alte Frau mit Krückstock angewidert an.

„Zack, das sind auch nur Menschen. Die können wahrscheinlich nicht mal was dafür, dass sie so leben, hör doch auf sie so anzusehen.“
„Wir sind Dämonenjäger. Wir haben das Recht, so mit ihnen umzugehen, sie sind minderwertig im Vergleich zu uns. Und jeder kann etwas für sein Leben. Jeder.“

Erschrocken sah ich ihn an. Seine Worte lösten eine Eiseskälte in mir aus und ich merkte, wie ich vor ihm zurück wich. In Zacks Augen erkannte ich einen komischen Ausdruck, doch in dem Moment hielt eine beige Kutsche vor uns und ich wandte den Blick von ihm ab.
„Mr. Cater, Mrs. Smith? Sind Sie bereit?“, fragte uns der Kutscher und öffnete die Tür. Ich nickte dankend und betrat das Innere der Kutsche.

Nach wahrhaftigen 20 Minuten hielten wir vor dem großen Tor des Hyde Parks. Es ist genau das gleiche wie in meiner Zeit auch. Und es ist im Moment das Einzige, was mich daran erinnert, dass ich nur Zeitgesprungen bin. Denn alles andere hier war gar nicht mehr aus meiner Zeit. Die Straßen sind nicht gut gepflastert, die Häuser sind alt und ich habe erst drei alte Autos gesehen, die unserer Kutsche entgegen gekommen sind. Doch am meisten verwunderten mich immer noch die Menschen, die mich und Zack komisch ansahen, als wir ihnen im Park entgegen kamen. Hier waren sie besser gekleidet und wir fielen nicht so auf wie vorhin in dem Elendsviertel.
„Wohin gehen wir jetzt?“, fragte ich leicht außer Atem, da Zack einen schnellen Gang hatte.
„Es ist 17.00 Uhr. Bald wird es dunkel…wir müssen zum See, nur so kommen wir zu Atianna.“, erklärte er und bog dann nach links, auf einen kleinen Trampelweg.

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