Prolog

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Mit einem lauten Zischen verschwand der Shax-Dämon.

Blut und Dampf hüllten sich um Zack, als er sein Schwert zurückzieht. Trotz der schlechten Luft um ihn herum lachte er: „Hast du das gesehen, Liam? Er hatte nicht mal eine Chance!“

Doch Zacks Begleiter war nirgendswo zu sehen. Langsam und mit Bedacht schlich Zack durch die menschenleere Gasse. Wie jeden Samstagabend verbrachte er seine Freizeit draußen in den Winkeln und Gassen von London. Zusammen mit seinem Freund (und Parabtei) Liam tötete er die Dämonen, die ihr Unwesen in der Millionen Metropole trieben. Seit er vier Jahre alt ist, trainiert Zack fast jeden Tag im Institut. Und seit er vierzehn Jahre alt ist, sind er und Liam ein Herz und eine Seele. Es gibt nicht viele Menschen in Zacks Leben, die es schaffen, einen besonderen Platz bei ihm zu haben. Um genau zu sein, kann man die Personen an einer Hand abzählen. Dennoch verband ihn und Liam ein besonderes Band, was durch den Parabtei – Schwur noch mehr verstärkt wurde.

Jetzt lag Nebel auf den Straßen Londons und Zack spürte, wie ihn Panik erfasste. Wo war sein Freund? Die Themse lag ruhig rechts von ihm und schwappte mit regelmäßigen Geräuschen ans Ufer. Zack befand sich im Schattenweltner – Viertel von London und obwohl er keine Angst verspürte (das Gefühl kannte er seit er 10 Jahre alt ist nicht mehr) herrschte trotzdem eine Gewisse Unruhe in ihm.  Natürlich bewahrte er die Ruhe. Immerhin ist er nicht umsonst der beste Dämonenjäger Londons, wenn nicht sogar ganz Englands. Und dennoch spürte er, wie mit jedem weiteren Schritt seine Panik wuchs. Gerade, als er bemerkte, dass er auf das Zentrum Londons zusteuerte, nahm er einen Schatten war. Er lag zwischen den einzelnen Gassen und konnte von der Statur her Liam sein.

Bevor Zack richtig realisierte, wie ihm geschieht, rannte er auch schon los. Mit wenigen Schritten war er bei der Person und holte sein Elbenlicht heraus. Dale sei Dank, dass er ihm ein neues besorgt hatte. Sonst würde die Gasse jetzt im Dunklen liegen und Zack könnte nicht erkennen, welche Gestalt zusammen gesackt vor ihm hockte. Als sich seine Hände um das Elbenlicht schlossen, schoss das Licht nur so hervor. Zack erkannte, dass die Gestalt nicht Liam sein konnte. Sie trug ein filziges, zerrissenes Lacken als Kleidung und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Auf den zweiten Blick musste Zack feststellen, dass die Person abgemagert ist und so niemals Liam sein konnte. Liam war kräftig und groß, mit dicken Muskeln und würde niemals so ausgehungert sein wie der Mann vor Zack.

Ein Opium – Abhängiger, schoss es ihm durch den Kopf. Schon oft hatte Zack Schattenweltner gesehen, die abhängig von den Drogen ihrer Welt waren. Auch Irdische nahmen zum Teil Drachenhaut oder ähnliches ein. Fast jeder der Abhängigen starb. Opium schwächt deinen Körper, nimmt dir jegliche Energie und schwächt dein Immunsystem so stark, dass du nicht mal mehr einen Schnupfen überleben wirst. Sofort merkte Zack, dass der Mann mit jeder weiteren verstrichenen Minute an Lebensenergie verlor.
„Hallo?“, fragte er deswegen leise und stieß den Mann mit seinem Schwert leicht an. „Können Sie mich hören?“

Keine Reaktion. Der Mann wirkte nicht mal mehr richtig bei Bewusstsein. Zack fluchte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Mann durch Schmerzen wach zu kriegen. Aus seiner Gürtelschnalle holte Zack ein kleines, aber scharfes Messer. Die Initialen Z.C – für Zachary Carter – waren in das Heft des Messers eingraviert. Sein Vater schenkte es ihm zu seinem fünfzehnten Geburtstag. Seine Freunde bekamen eine Playstation oder Gutscheine für Kleindungs Läden. Doch Zack war froh, dass sein Leben anders war. Dass er sich tagtäglich der Herausforderung des Dämonenjäger Lebens stellen durfte. Jetzt, fast zwei Jahre später, half ihm das Messer nicht mehr sehr oft. Denn Zack kämpft jetzt gegen größere Dämonen und da richtet ein kleines Messer nicht mehr viel aus.

Er holte tief Luft. Aber es blieb ihm keine andere Wahl. Er musste Liam finden und vielleicht hatte der Mann ja etwas gesehen, bevor der Rausch ihn vollständig zunebelte. Ohne noch mal groß nachzudenken ließ Zack das Messer hinabsausen und drückte es in den Arm des Mannes. Mit einem Ruck setzte dieser sich auf und die Kapuze fiel ihm vom Gesicht. Zack sah in ein eingefallenes, weißes Gesicht mit tiefen Falten und glasigen Augen, die ihn jetzt ansahen. Oder eher gesagt durch ihn hindurch. Wie immer vergaß Zack, dass er Zauberglanz auftrug und ihn so weder Schattenweltner, geschweige denn Irdische sehen konnten. Zack zog sein Messer aus der Wunde und entfernte sich einige Meter.

Aus seiner Tasche zog er ein Pulver, dass er sich über den Körper streute. Dann hockte er sich wieder vor den Mann und fragte scharf: „Hören Sie mich jetzt?“ Der Mann verstärkte seinen Blick und sah Zack direkt an.

„Wer bist du?“, fragte er zurück, mit brüchiger Stimme und rauen Lippen. Zack ekelte sich und würde sich am liebsten entfernen. Der Mann hatte Mundgeruch und Zack hasste Ungepflegtheit. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass er selbst extrem viel Wert auf das Äußere liegt. Mit seinen schwarzen Haaren, den kristallblauen Augen und seiner guten, muskulösen Figur gehörte Zack mit zu den hübschen Jungen an seiner Schule. Den extrem hübschen Jungen. Und das wusste er auch. Genauso, wie er wusste, dass er ein unglaublich guter Jäger war. Nicht viele Dämonenjäger sahen so gut aus und konnten gleichzeitig auch noch so gut kämpfen. Doch Zack war in vielerlei Hinsicht anders.

„Es spielt keine Rolle, wer ich bin. Beantworte mir lieber meine Fragen und dir wird nichts passieren.“, entgegnete er jetzt kalt und arrogant. Er hasste Schattenweltner, die nicht das machten, was er von ihnen verlangte.

„Was willst du von mir?“, wollte der Mann wissen. Er widerte Zack an und er merkte, dass seine Energie wieder nachließ. Und nochmal wollte Zack sein Messer nicht in dessen Körper stecken.

„Hast du einen Jungen gesehen? Mein Alter, groß, dunklere Haut und mit Schwertern bewaffnet?“

Der Mann sah ihn genau an. „Du bist ein Nephilim.“
„Ja, dass bin ich.“, gab Zack zu und wie immer schwang ein wenig Stolz in seiner Stimme mit.

„Ich habe deinen Freund nicht gesehen.“, meinte der Mann und hustete. Blut lief aus seinem Mundwinkel und Zack wusste, dass er nicht mehr lange hatte. Gerade wollte er sich abwenden, als der Mann die Augen aufriss und sich aufbäumte. Er schrie aus vollem Leib und seine Augen schienen Zack nicht mehr wahrzunehmen, der versuchte, den Mann zu beruhigen. Wieder und wieder traten die Augen deutlich aus der Augenhöhle hinaus, bis sie schließlich Zack ansahen. Weit aufgerissen und schwer atmend röchelte der Mann: „Sie ist da.“ Zack versuchte, sich dem erstaunlich starken Griff des Mannes zu entziehen, doch er hielt ihn fest.

„Wer?“, fragte Zack eindringlich. „Wer ist da?“

Der Mann holte rasselnd Luft und wieder lief Blut aus seinem Mund. „Sie ist da und wird uns alle verändern. Unser Leben wird sich verändern. Und ihr Nephilim werdet untergehen. Allesamt untergehen, da der Meister uns retten wird aus dem Elend, das ihr uns zugefügt habt. Nur mit ihrer Hilfe wird er seinen Plan vollenden können.“

Er stockte zwischendurch immer und Zack schüttelte ihn, damit die Worte schneller aus seinem Mund kamen.
„Wen meinst du?“; schrie er den Drogenabhängigen an. Doch dieser lächelte nur hämisch, wobei Blut zwischen seinen Zähnen hervor kam. Angewidert stieß Zack den Mann von sich und stand auf. Der Mann sah stumpf an die gegenüberliegende Hauswand und als sein Atem immer schwerer wurde und rasselnder, wusste Zack, dass der Moment gekommen ist. Ohne groß zu überlegen stach er mit seinem Schwert tief in die Brust des Mannes. Als er sein Schwert herauszog, klebte Blut daran und der Mann war tot.
„War es wirklich nötig, ihn umzubringen?“, fragte da eine Stimme, die Zack mindestens so vertraut war wie seine eigene. Liam trat aus einer dunklen Ecke der Gasse heraus. Seine Stimme klang vorwurfsvoll, aber Zack erkannte das breite Grinsen. Die Grübchen, die an Liams Wangen entstanden und die Zack in den dunkelsten Tagen in seinem Leben trotzdem hoch halfen. Oft wäre er ohne Liam schon am Abgrund gewesen und hätte sich aufgegeben. Doch Liam hat es nicht getan. Und obwohl Zack ihn an Anfang nicht gemocht hatte und in der Zeit, wo sie sich kennengelernt haben, keinen wirklich in seine Nähe ließ, hat Liam es geschafft ihm aufzuhelfen.

Zack musterte seinen Freund und grinste ebenfalls.
„Ein wenig Aktion musste ich in unsere eher langweilige Unterhaltung ja hineinbauen.“, entgegnete er.

„Hast du mich wirklich nicht gefunden? Ich habe hier ein Geräusch gehört und dachte, ich erwische ihn vielleicht noch.“, erklärte Liam seinem Parabtei und zuckte die Achseln. Dann schaute er den Mann an. Sein Blick wurde hart. Zack fragte: „Was meinte er mit ‚Sie ist da und wird uns alle verändern‘?“

„Ich weiß es nicht.“, murmelte Liam leise und trat neben ihn. Fragend sah Zack ihn an und Liam seufzte: „Ich denke, jemand ist in den Geist des Mannes eingedrungen. Darum hat er sich auf einmal so aufgebäumt und dich so angesehen. Wer auch immer mit seiner Stimme zu dir sprach, er wollte, dass du es weißt.“

AuserwähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt