Kapitel 26

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Bilder hangen an den rot gestrichenen Wänden, alle sehr groß und prächtig. Der Rahmen war von jedem einzelnen Bild golden und schön verziert, doch die Bilder in den Rahmen schockierten mich. Kinderleichen, Dämonen oder Christopher auf einer Art Thron posierten waren darauf abgebildet. Er lächelte kalt in die Kamera und sorgte für eine Gänsehaut auf meinem Körper. Ich schüttelte den Kopf und sah starr nach vorne. Mehrere Türen führten von dem breiten Gang ab, ab und zu weitere Gänge. Doch Zack ging nur gerade aus. Ich wusste nicht, wohin er wollte, doch er schien sich um die Abzweigungen nicht zu kümmern. Meine Füße taten mittlerweile höllisch weh und jeder Schritt schmerzte. Ich hatte wahnsinnigen Hunger und auch Durst, doch Zack schien es jetzt blendend zu gehen. Wir haben nicht mehr gesprochen, seit wir von Noah und Lilly weg sind. Doch ich wusste, dass ihn diese Begegnung mindestens genau so schockte wie mich. Ich hatte keine Ahnung, warum Zack so tat, als ob er stark sei, doch er verhielt sich kalt und emotionslos.

Wieder und wieder horchte ich in mich hinein, um herauszufinden, ob Anni und der Rest in der Nähe waren. Doch sie war nicht da und ich hatte die Hoffnung tief in mir auch aufgegeben. Dieser Gang war endlos und ich glaubte nicht, dass die anderen hier waren.
So, wie ich es mittlerweile sah, hatte sich Christopher hier ein Labyrinth angeschafft. Unter der Erde, direkt vor den Toren von Adras. Kein Dämonenjäger wäre auf die Idee gekommen, dass sich Christopher hier aufhält. Ich musste zugeben, dass es keine schlechte Idee war. Trotzdem verabscheute ich Christopher mit jedem weiteren Meter und meine Wut war mittlerweile so groß, dass ich ihn mühelos umbringen könnte. Allerdings zweifelte ich, dass meine psychische Fassung das aushalten würde. Darum schob ich den Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf meine Füße.
Schritt. Schritt. Rechts. Links. So ging es gefühlte Stunden weiter, bis die Katastrophe begann. Ich hätte wissen müssen, dass jeder unserer Schritte bewacht wird. Das Christopher genau wusste, wo wir uns wann aufhielten. Fünf Meter vor uns war auf der linken Seite eine weitere Abzweigung, an der Zack wie üblich vorbei ging. Doch wir beide nahmen den Schatten in dem linken Gang nicht wahr.

Er schlüpfte blitzschnell aus seinem Versteck und schloss seine Hand fest um meinen Arm. Ich schrie erschrocken auf und suchte mit meinen Augen Zack. Doch dieser war nirgendswo zu sehen. War er etwa schon in dem hinteren, dunkleren Teil des geraden Ganges verschwunden? Verzweifelt versuchte ich mich aus dem Griff des Mannes zu befreien, doch er hielt mich fest wie Stahl. Mit meinen Füßen trat ich gegen sein Schienenbein, doch er rührte sich nicht. Stattdessen lachte er mir nur hämisch in mein Ohr, sein Atem kitzelte ungewollt in meinem Nacken. Ich schrie auf und versuchte mit allen Mitteln, mich zu befreien. Doch ich wurde nur hochgehoben, lag in seinen Armen (wobei seine eine Hand an meinem Po war, was mir ganz und gar nicht gefiel!) und trug mich in den linken Gang, wo er kurz zuvor noch herkam. Ich biss mir fest auf die Lippe, um nicht zu weinen und wollte meinen Kopf drehen um zu gucken, was mit Zack ist. Doch der Mann hielt mich fest und trug mich gegen meinen Willen den Gang herunter. Kreuz und quer durch das Labyrinth, so dass ich schnell die Orientierung verlor. Obwohl ich wusste, dass es hoffnungslos war, strampelte ich mit meinen Beinen, kratze ihn und versuchte sogar, den Mann zu beißen. Doch nichts half.

Nach 10 Minuten öffnete der Mann eine braune Eichentür und trug mich in den Raum. Ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen, da mein Nacken komplett verrenkt war. Der Mann legte mich zwar behutsam auf das Bett, doch ließ mir immer noch keine Chance, mich zu wehren. Ich sah ihn mit großen Augen an. Der Mann passte perfekt auf Noahs Beschreibung! Dunkle Augen, helle Haare, eine blassere Haut und Mitte zwanzig. Die Narbe verlief wirklich unter seinem Mund und wirkte ziemlich unrein.

„Du bist noch schöner, als der Meister gesagt hat.“, murmelte der Mann und ich erkannte erst jetzt, dass er deutlich jünger war, als ich zuerst angenommen hatte.

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