Kapitel 28

637 26 2
                                    

Als ich von Samuel zurück zu den anderen geführt wurde, spürte ich die Waffe unangenehm an meinem Hals. Die Klinge drohte, mir die Haut aufzureißen. Samuel lachte ab und zu dreckig und sein Blick auf meinen Rücken beruhigte mich nicht gerade. Ich ignorierte ihn und konzentrierte mich auf den Weg. Normalerweise müsste ich ihn mittlerweile auswendig kennen, doch das Labyrinth hier unter der Erde war so verwinkelt, dass man nur schwer die Orientierung behalten konnte. Schmerzhaft erinnerte ich mich an Noah, dem ich vor einem Tag versprochen hatte, ihn bald zu befreien. Ich habe ihm geschworen, und jetzt konnte ich es nicht mehr einhalten. Mein Herz schmerzte und ich stolperte fast über den Teppich, als Samuel die Tür aufstieß und mich in die riesige Halle drückte.

Anni, Nail, Liam, Dale, Luke und Zack saßen noch immer auf den Stühlen, wirkten allerdings recht entspannt. Liam und Nail tauschten öfters die Blicke und murmelten unmerklich miteinander. Luke rüttelte ununterbrochen an seinen Fesseln und Dale hatte seine Kiefer fest zusammengepresst. Ich konnte seine Miene nicht lesen, er trug ein Pokerface. Nur Zack und Anni bemerkten mich und rissen beide auf die gleiche Art und Weise die Münder auf. Annis Stimme ertönte automatisch in meinem Kopf:
Du siehst wirklich wunderschön aus.“

Bis auf die Tatsache, dass ich gleich sterben werde.“, meinte ich leise.

Wir haben einen Plan. Christopher wird dich nicht in die Finger kriegen, egal wie schön dieses Kleid ist.“

Ich lächelte sie dankbar an und wurde von Samuel zu dem roten Sessel geführt. Sofort schlossen sich die Metallreifen wieder um meine Hand – und Fußgelenke. Zack verfolgte mich mit seinem Blick und schaute mich anscheinend sprachlos an. Doch ich konnte es nicht wirklich wahrnehmen, beziehungsweise genießen. Denn Christopher kam auf mich zu und berührte vorsichtig meine Haare.
„Genauso, wie ich es haben wollte.“, hauchte er mit glitzernden Augen.
„Lass mich los!“, fauchte ich ihn an und würde so gerne seine Hand wegschlagen. Christopher ließ tatsächlich von mir ab und meinte: „Wie du wünscht, meine Liebe.“

„Nenn sie nicht so, du ekelhafter Hurensohn!“, schrie Zack und schien aufzustehen. Doch dann besann er sich und blieb ruhig sitzen.

„Samuel, lass uns anfangen. Ich will keine Sekunde länger warten!“, sagte Christopher an seinen Gehilfen gewandt. Dieser nickte und verschwand kurz aus einer weiteren Tür. Christopher sah mich nochmal lange an, bevor er sich dann neben Zack setzte. Dieser sah ihn mit voller Abscheu an und ich wusste, dass er ihn am liebsten schlagen würde.

Kurz darauf kam Samuel aus einer Tür und schob eine weitere Pritsche vor sich her. Ich erkannte wieder Fesseln und fragte mich mittlerweile echt, ob sich hier unten überhaupt noch normale Sitzgelegenheiten befanden. Samuel schob die Pritsche in den Blickwinkel von den Stühlen, direkt neben den großen Kessel. Dieser wirkte leer und nicht gerade in Betrieb. Dann ging Samuel zu mir, löste meine Metallreifen und stieß mich in Richtung der Pritsche. Ich warf den anderen einen Blick zu, bevor ich unsanft auf die Liege gedrückt wurde. Erschrocken schnappte ich nach Luft und versuchte, den stechenden Schmerz in meinem Rücken zu ignorieren. Als ich an meinen Armen rüttelte, wusste ich, dass ich wieder gefesselt war. Meine Sicht war jetzt sehr eingeschränkt und nur, wenn ich nach rechts sah konnte ich einen Teil der anderen erkennen. Links von mir befand sich der große, dicke Kessel. Nun stand Samuel vor ihm und murmelte schnell einige Wörter. Dann streute er ein blaues Pulver über den Kessel. Sofort schossen blaue Flammen unter ihm hindurch und er begann zu brodeln. Erschrocken wollte ich zurückweichen, doch ich war gefangen. Auf den Armen und dem Gesicht spürte ich die Wärme des Kessels.

AuserwähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt