Kapitel 29 - Zack's Sicht -

828 33 1
                                    

„Pass auf, Cally.“, murrte ich und würde am liebsten ihre Hand wegschlagen. Doch sie wollte mir nur helfen und insgeheim wusste ich das. Doch ich war gereizt, seit Stunden. Es war Montagmorgen, ich hab die komplette Nacht nicht geschlafen. Aber das war nichts neues, eigentlich kam das zwei – bis dreimal im Monat vor. Doch heute war es anders.

Nachdem der Rat in die Halle eingedrungen ist, wurden die Dämonen schnell vernichtet. Normalerweise hätte ich geholfen, aber ich konnte nicht. Julie lag leblos in meinen Armen und ich war so verzweifelt wie noch nie in meinem Leben. Sie reagierte auf nichts mehr. Nicht auf meine Schreie, mein Schütteln oder mein Flehen, sie sollte aufstehen. Als alle Dämonen beseitigt waren, kümmerten sich einige Ratsmitglieder um Samuels Leiche. Andere wurden von Anni und Nail zu Noah geführt, um ihn zu befreien. Manche erkundeten die Gänge nach Christopher, doch er war weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Liam und mein Vater knieten sich neben mich und versuchten, mich von Julies leblosem Körper zu trennen. Doch ich krallte mich an sie und ließ mich nicht von ihr abbringen. Erst, als Liam mir im Kopf eindringlich einschärfte, sie muss dringend verarztet werden, realisierte ich, dass sie noch lebte. Und erst da ließ ich von ihr ab und gab sie den Heilern der Dämonenjägergemeinschaft frei, die schon herbeieilten. Seit diesem Moment habe ich Julie nicht mehr gesehen, und meine Sorge und Sehnsucht nach ihr zerriss mich förmlich.

Jetzt saß ich bei Cally im Institut, nachdem Nikita uns ein Portal erschaffen hat. Ich hatte tausende Splitter in meinem Rücken, als ich mich vor Julie warf um sie zu schützen. Doch der Schmerz ließ mich wissen, dass ich noch lebte. Denn innerlich starb ich jede Minute mit der Ungewissheit. Als ich im Institut gelandet bin, wurde Julie direkt in ein Gästezimmer gebracht. Die Tür wurde fest verriegelt, und niemand konnte herein. Ich ging einige Minuten unruhig vor der Tür auf – und ab, Anni saß an der Wand. Aus dem Raum drangen Julies Schreie und ein Seh – Mal ermöglichte es mir, durch die Tür zu sehen. Julies zarter Körper bäumte sich in dem Bett auf und ich erkannte ihr schweißnasses Gesicht zwischen den Laken. Ihre Hand verkrampfte sich immer noch um die Teles und ließ sie nicht los. Kalte Angst erfasste mich.

„Glaubst du, man spürt wenn sein Parabtei stirbt?“, fragte Anni mich emotionslos. Ich konnte sie verstehen. Seinen Parabtei zu verlieren war fast noch schlimmer als seine Eltern.

„Du würdest es spüren.“, versicherte ich ihr und rang mich zu einem Lächeln. Doch es half nicht, denn Annis Gesicht sah mich weiterhin ängstlich an. Julie durfte nicht sterben, das wurde mir dort mit einem Schlag klar. Nikita hat mich gewarnt vor diesem Tag, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Julie starb zwar, aber nicht jetzt und nicht heute.
„So…“, riss Cally mich jetzt aus meinen Gedanken und hörte auf, an meinem Rücken herumzufummeln. „Das war der letzte Splitter, du bist fertig.“ Ich sprang sofort auf, zog mir ein weißes T – Shirt über und war schon an der Tür, da meinte Cally: „Du wirst nicht zu ihr können, Zack. Sei doch vernünftig.“
Ich hielt inne und drehte mich zu ihr um. Mein Rücken schmerzte, aber es war auszuhalten. Im Vergleich zu dem Schmerz, den Julie ertragen musste, war es ein nichts.

„Ich muss dir erst noch eine Iratze machen, bevor du los kannst. Und selbst dann kannst du nicht zu Julie. Sie wird immer noch von Heilern betreut. Hab einfach etwas Geduld.“, erklärte Cally und klopfte nochmal auf das Bett. Ich seufzte, aber gab mich geschlagen.
„Geduld ist eines der wenigen Sachen, die nicht zu meinen Stärken zählt.“, erklärte ich und setzte mich auf das Bett. Mit der Teles malte Cally mir gleich drei Iratzen. Sofort verschwanden meine Blutergüsse und Schwellungen und auch der Schmerz ebbte ab. Unruhig blieb ich auf dem Bett sitzen und beobachtete, wie Cally die Spritzen und etwas Blut wegwusch.  Die Unruhe brachte mich fast um und ich würde am liebsten mit irgendwem über meine Lasten reden. Doch niemand war hier, außer Cally. Und sie mochte mich nicht wirklich.
Ich sprang auf und verließ das Krankenzimmer. Auf direktem Weg ging ich zur Bibliothek, in der Hoffnung, dort jemanden anzutreffen. Auf dem Weg dahin begegnete ich niemandem, nur aus dem Essenssaal hörte ich laute Stimmen. Einige Ratsmitglieder waren dort versammelt, um über die nächsten Schritte zu reden. Doch ich war nicht dabei. Eigentlich hätte ich da sein müssen und genau erzählen sollen, was bei Christopher abgelaufen ist. Aber ich hatte keinen Bock. Ohne zu Klopfen stieß ich die Tür auf. Und könnte innerlich jubeln. Liam lag auf einem der Sofas und schien zu schlafen. Doch als die Tür laut ins Schloss fiel, schreckte er hoch.
„Was’nlos?“, fragte er verschlafen, aber aufmerksam zugleich..

AuserwähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt