Valentina
Ich kann Jorges Gedanken lesen. Seit Tagen schaut er sich den Zettel, mit der Handynummer an und überlegt, ob er vielleicht doch mal anruft. Und ich weiß genau, das seine gute Seite zum Vorschein kommen wird und er sie anruft.
Ich halte mich raus, Jorge muss für sich entscheiden, was richtig und was falsch ist. Zufrieden werde ich sicherlich nicht damit sein, denn er wird diese dumme Kuh wiedersehen und Gott bewahre, nutzt sie Jorge nur aus, dann kann sie sich ihr Grab schaufeln und schonmal reinlegen.
"Soll ich dir erklären, wie ein Handy funktioniert?", frage ich und Jorge schreckt hoch.
"Seit wann stehst du da schon?"
"Lang genug um dir berechtigter Weise diese Frage zu stellen. Es scheint, als glaubst du, dass du durch einen intensiven Blick auf den Zettel, die Nummer anrufst."
Seufzend lässt er sich nach hinten in die Kissen sinken.
"Ich bin ratlos", murmelt er, als ich meine Kaffeetasse auf der Kommode abstelle und mich zu ihm aufs Bett setze.
"Selbst ich weiß, das du anrufen willst. Du brauchst die Gewissheit, damit du endlich wieder ruhig schlafen kannst."
"Du weißt von meinen Schlafproblemen?"
"Und von deiner Miniblase, so oft wie du ins Bad gehst", grinse ich ihn an und er erwidert es.
"Ich kenne dich, natürlich merke ich sowas."
Außerdem kann ich deswegen selber nicht so gut schlafen. Es macht mich mürbe, nicht Bescheid zu wissen, was los ist.
"Hast du Zeit für eine kleine Therapiesitzung?"
Sein Blick sagt alles. Er fleht mich an.
Über die Jahre haben wir uns gegenseitig therapiert. Wenn man Probleme hatte oder einen etwas bedrückt hat, dann haben wir es Therapiesitzung genannt und offen darüber gesprochen. Der Therapeut war in dem Fall absolut neutral. Ich glaube das hat unsere Beziehung gestärkt.
"Ab ins Wohnzimmer", reiche ich ihm meine Hand, zum aufstehen und dann folgt er mir. Während ich mir Stift und Block nehme, mich in den Sessel setze, nimmt Jorge auf dem Sofa platz.
"Direkt zum Punkt kommen, oder eher nicht?"
Manchmal war es ausschweifender als gedacht, weswegen wir uns öfters darauf geeinigt haben, wirklich nur das eigentliche Problem anzusprechen.
"Was passiert, wenn ich der Vater bin? Bin ich der Herausforderung überhaupt gewachsen?"
"Das kommt alles mit der Zeit. Meinst du unsere Eltern wurden so geboren, mit dem 'Können' sich um uns zu kümmern und alles richtig zu machen? Meistens geht das erste Kind daneben, deswegen haben Einzelkinder manchmal Schwierigkeiten."
Auch wenn ich meine Aussage ernst meine, grinsen wir dennoch beide.
"Sag das mal Karol, die freut sich das zu hören."
"Ohne meine Objektivität zu verlieren, ich finde dich perfekt."
"Señorita Zenere, Sie machen mich ganz verlegen", legt er den Kopf schief.
"Schau mich nicht so an, ich muss professionell bleiben", schaue ich weg von ihm, fokussiere mich wieder auf meine Aufgabe.
"Bei dir wird nicht eher Ruhe einkehren, bis du Klarheit hast, dafür machst du dir über alles und jeden immer zu viel Gedanken."
"Und wenn ich der Vater bin? Was bedeutet das für uns?"
"Das ist erstmal egal. Zu aller erst musst du an dich denken. Du musst mit deiner Entscheidung leben und diese nicht bereuen. Der Rest zeigt sich mit der Zeit."
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Amor Al Límite
FanfictionDas Leben von Valentina und Jorge scheint perfekt. Die Beziehung läuft gut und beide stürzen sich voller Vorfreude in die Hochzeitsvorbereitungen. Bis Candelaria auftaucht. Jorges Exfreundin hat nicht nur sein Kind im Gepäck, sondern auch einen Plan...