17 - Ein Abend mit Folgen?

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Mein Herz bricht mit jedem Schluchzer ein Stück mehr. Alles bricht wie ein Kartenhaus zusammen und das nur weil ich zu stur war. Weil ich so nachtragend war, obwohl die Sache für mich hätte abgehakt sein können. Wenn ich mich schon so fühle, wie viele Welten sind dann für Candelaria zusammengebrochen?

Wenn ich nur daran denke, das ich mal vor Valentinas Grab stehen müsste, zieht sich alles in mir zusammen. Das würde ich nicht überleben.

Vollkommen verheult schaue ich wieder zum Grabstein.

'Geliebter Vater' steht unter anderem auf dem Stein. Diese Worte stimmen zu tausend Prozent. Mein Groll gegen ihn war riesig, aber die Liebe überwog immer. Durch seinen Tod ist sie vermutlich noch größer geworden.

"Du warst sein Ein und Alles", flüstert Cande gegen meine Schulter, an der sie mittlerweile ruht. Auch bei ihr hat sich das Weinen eingestellt, jedoch sind ihre Augen genauso rot wie meine, ein paar Tränen noch im Gesicht zu sehen.

"Nein, du warst sein Ein und Alles und ich hätte es akzeptieren müssen. Ich schäme mich für mein Verhalten und es tut mir Leid, dass du diesen Verlust erleiden musstest", entschuldige ich mich. Diese Entschuldigung hätte schon viel früher kommen müssen, das sehe ich ein. 

"Du musst dich für nichts schämen. Was passiert ist, ist passiert und wir können es ab jetzt einfach besser machen", legt sie ihre Arme um meinen Hals, drückt mich fest.

"Für Leo", murmle ich, halte mich an ihrem Arm fest, muss meine aufsteigenden Tränen zurückhalten. Keine Ahnung wann ich zu so einem menschlichen Wrack geworden bin, aber aktuell passiert einfach zu viel und ich halte das nicht mehr aus. 

"Gibt es noch unseren Lieblingschinesen?", wechsle ich das Thema und schmunzelnd blickt Cande mich an. 

"Ja, den gibt es noch, wieso?"

"Wollen wir heute Abend vielleicht dort essen gehen? Ich glaube das wäre ein guter Abschluss von diesem beschissenen Tag."

"Klingt großartig, ich würde mich freuen."

Wir bleiben noch einige Minuten umarmend vor dem Grab, ehe wir aufstehen und uns von meinem Vater nochmal verabschieden. Arm in Arm gehen wir mit gesenkten Köpfen dann Richtung nach Hause, wo wir die nächsten Stunden erstmal getrennt voneinander verbringen. Cande muss das von vorhin erstmal verarbeiten. Ich habe gesehen, wie es ihr den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Ich gebe ihr diese Zeit, versuche mich draußen mit etwas Sport abzulenken. Dann ziehe ich noch ein bisschen durch die Straßen, versuche meinen inneren Frieden wiederzufinden. 

Es ist einfach viel zu viel und manchmal weiß ich nicht wo mir der Kopf steht. Ich habe gehofft, dass mich der Abschied von meinem Vater ein wenig strukturierter werden lässt, aber ich fühle mich immernoch verloren. 

Länger als gedacht bin ich draußen, denke nach, sodass ich dann etwas gestresst unter die Dusche springe, da Cande einen Tisch reserviert hat. Kurz föhne ich mir die Haare, ziehe mich an. 

Ein letzter Blick auf mein Handy, um mich zu vergewissern, das Valentina mich weiterhin meidet. Es bringt mich um, das wir keinen Kontakt miteinander haben. Morgen Abend habe ich sie wieder und dann werden wir reden, weil so kann es nicht mehr weitergehen. Sie muss Candelaria akzeptieren, denn genau wie Leo, gehört auch sie in mein Leben. 

Ich stecke Handy und Geldbörse ein und gehe nach unten, wo Cande schon auf mich wartet. Zusammen spazieren wir durch die Gegend, kommen an vielen, uns bekannten, Orten vorbei, mit denen wir so viele Geschichten verbinden. Zwischen uns herrscht zu keiner Sekunde schweigen, wir reden wie Wasserfälle. So war es immer und irgendwie ist es schön, dass wir wieder an diesem Punkt angekommen sind. 

Amor Al LímiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt