28 - Anfang der Sucht

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Wie ein Irrer rennt Jorge durch das Krankenhaus, ich ihm hinterher. Nach zahlreichen Treppen haben wir dann den richten Gang erreicht, denn Cande sitzt auf eine der Sitzbänke, steht auf, sobald sie uns wahrnimmt.

"Hey, wo ist er?", fragt Jorge aus der Puste und zunächst bekommt er eine Ohrfeige von seiner Ex.

"Sag mal spinnst du? Er hätte sterben können! Wie konntest du so unaufmerksam sein?"

"Ich hatte die Tabletten nicht mehr auf dem Schirm. Ich konnte doch auch nicht ahnen, dass er sie einfach schluckt."

"Das war absolut verantwortungslos. Wenn er irgendwelche bleibenden Schäden von sich trägt, dann hoffe ich für dich, dass dein schlechtes Gewissen dich nie wieder schlafen lässt."

So aufgelöst und wütend habe ich Candelaria noch nie gesehen. Es erschreckt mich, aber naja, es geht hier immerhin um ihr Kind.

"Wie lang ist er schon da drin?", geht Jorge nicht weiter auf ihre bösen Worte ein.

"Vielleicht eine halbe Stunde, keine Ahnung wie lang das noch dauert. Ich schwöre dir bei Gott, wenn Leo-"

"Hör auf. Ich weiß, dass du mir gerade die Pest an den Hals wünscht, aber wir können das jetzt nicht ändern", unterbricht Lockenköpfchen ihre Drohung.

Ich halte mich weiterhin im Hintergrund. Ich will mich nicht einmischen, dass ist eine Sache zwischen den beiden.

"Er ist hier in guten Händen, mach dir keine Sorgen", redet er leise auf Cande ein, die ihn nur noch mit bösen Blicken straft. Irgendwann kommt dann ein Arzt aus dem Zimmer, zieht die Eltern beiseite. Ich warte ruhig und geduldig auf der Sitzbank. Da sie so weit weg stehen, verstehe ich kein Wort, jedoch lächeln beide erleichtert und gehen dann in das Zimmer, aus dem der Arzt vorher kam. 

Es vergehen bestimmt dreißig, vielleicht auch vierzig Minuten, bis Jorge aus dem Zimmer kommt.

"Wie gehts ihm?", stehe ich direkt auf, nehme Jorges Hand. 

"Ihm gehts gut, sie konnten die Tablettenwirkung hemmen mit einem Medikament. Er bleibt über Nacht zur Beobachtung, wird aber eigentlich keine bleibenden Schäden von sich tragen. Glück im Unglück also."

"Waren es deine Tabletten, die Anti- Depressiva?", hake ich nach und schuldbewusst nickt Jorge, senkt seinen Kopf dann.

"Es ist meine Schuld das er hier liegt", murmelt mein Verlobter und sofort nehme ich ihn in den Arm, tröste ihn. 

"Wollen wir nach Hause gehen und du erzählst mir davon?"

"Klingt gut", löst Jorge sich von mir, drückt mir die Autoschlüssel in die Hand. 

Der Weg vom Krankenhaus bis in unsere Wohnung ist in Schweigen gehüllt. Ich will ihn eigentlich mit der Sache konfrontieren, aber es tut mir weh, ihn so fertig zu sehen. 

Ohne Umschweife kickt Jorge sich die Schuhe von den Füßen, hängt seine Jacke auf und geht ins Schlafzimmer. Ich tue es ihm gleich, setze mich aufs Bett, während er neben mir liegt, den Blick starr an die Decke. 

"Zwei Wochen nach dem Tod meines Vaters habe ich das erstmal eine Tablette genommen", beginnt der Lockenkopf aus dem Nichts zu erzählen und mein Blick heftet sich an sein Gesicht.

"Die Nachricht hat mich damals extrem aus der Bahn geworfen. Ich bin zu Giménez, hab mit ihm mehrere Sitzungen gehabt und er hat mir die Tabletten verschrieben. Schneller als gedacht waren diese jedoch verbraucht, vorallem als Leo und Cande aufgetaucht sind. Ich hatte ständige Tiefs und das wollte ich dir nicht antun, also habe ich einfach immer mehrere genommen."

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