95. Kapitel

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Fred Weasley hatte vergessen, wie man lachte.

Niemals hätte das jemals jemand geglaubt – der Fred Weasley würde irgendwann einmal aufhören zu lachen – das war einfach eine unmögliche Vorstellung. Fred Weasley war zusammen mit seinem Zwilling schon immer einer der wenigen gewesen, die selbst in dunklen Zeiten ein Lächeln auf den Lippen hatten.

Sie hatten schon immer gelacht, wie man meinen könnte. Schon immer hatten sie lieber gelacht, als eine ernste Miene zu ziehen. Schon immer waren sie immer diejenigen gewesen, die selbst in den traurigsten Zeiten einen Grund gefunden hatten, weiter zu lachen.

Aber doch hatte Fred Weasley verlernt, wie man lachte. Er konnte sich einfach nicht mehr daran erinnern, wie man wirklich lachte. Natürlich konnte er seine Mundwinkel noch nach oben ziehen und ein Lächeln imitieren, aber jeder sah in seinen Augen, dass das Lächeln niemals wirklich so gemeint war. Er lachte noch immer so wie früher, als ohne das Glitzern in den Augen – das Lächeln erreichte nie seine Augen und jeder bemerkte das.

Jeder hatte immer gedacht, dass Fred Weasley noch immer lachen würde, wenn er im hohen Alter starb – er würde mit einem Lächeln im Gesicht sterben, dass hatte Arthur, sein Vater, immer gesagt und doch lächelte Fred nicht mehr und er lebte noch.

Der Grund dafür war, dass er noch lebte, aber Agnes Tripe nicht mehr.

Das versuchte er sich zumindest einzureden, damit es ihm nicht noch einmal wehtun würde, wenn er erfahren würde, dass sie wirklich tot war. Er würde es nicht überstehen, noch einmal zu erfahren, dass Agnes Tripe fort war – für immer.

Agnes Tripe – eigentlich nur Agnes, denn Fred wusste, dass sie ihren Nachnamen hasste – war das Mädchen, die Frau, die er zu lieben gelernt hatte. Es war seltsam, immerhin hatten sie früher nie viel miteinander zu tun gehabt, aber doch hatte Agnes es geschafft, seine beste Freundin und schließlich auch seine Freundin zu werden.

Fred dachte lieber nicht daran, was Agnes schon alles durchgemacht hatte. Sie war nie gut behandelt worden, war von einem Werwolf gebissen worden und musste mit der ständigen Angst vor ihrer Familie leben – es war ein bisschen ein Wunder, dass jemand, der so viel schreckliches erlebt hatte, wie Agnes, überhaupt in der Lage war, zu lieben.

Fred wusste, dass Agnes ihn geliebt hatte. Es waren nicht ihre Worte gewesen, die ihm das bewiesen hatten. Es waren auch nicht ihre Küsse gewesen oder die liebevoll zubereiteten Mahlzeiten, die sie ihm und George immer gemacht hatte. Nein, Fred hatte gewusst, dass Agnes ihn liebte, als sie ihm alles anvertraut hatte. Er war derjenige gewesen, der alle ihre Geheimnisse gekannt hatte. Er hatte immer alles gewusst, das seine Freundin beschäftigte und eigentlich hatte Agnes keine Geheimnisse vor ihm gehabt. Sie hatte mit ihm gesprochen, wie ihre Verwandlung zum Werwolf jeden Vollmond ablief; wie froh sie war, dass sie keinen Wolfsbanntrank mehr einnehmen musste, da dieser eine noch schlimmere Nacht vorhersagte und sie hatte ihm auch von ihren größten Ängsten erzählt.

Fred war sich nicht sicher, was seine eigene, größte Angst war, aber er glaubte, es würden Agnes, George, Tia oder andere aus seiner Familie sein – tot. Agnes hingegen wusste, dass ihre größte Angst ihre Mutter war.

Agnes hatte genug erlebt, um andere Ängste zu entwickeln, aber nach all den Jahren war es immer ihre Mutter gewesen, die ihre Albträume heimgesucht hatte.

Die Albträume, die letztendlich wahr geworden waren – Agnolia Tripe war in Fred und Georges Wohnung eingebrochen und hatte Agnes entführt und vermutlich umgebracht. Das waren jedenfalls die Fakten gewesen, bis Fred Weasley Agnolia Tripe in der Winkelgasse gesehen hatte.

Sie war einfach auf der offenen Straße gewesen, als wäre sie keine Mörderin und Todesserin, sondern eine absolut normale Hexe. Agnolia Tripe, die so vielen Leid gebracht hatte. Nicht nur hatte sie ihre Tochter jahrelang gequält und schließlich auch entführt, sondern auch Tia Fuego, Georges Freundin hatte unter ihr gelitten.

Virago | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt