Falsche Beschuldigungen

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»Mörder! Mörder!«

Lautes Geheul riss Terra grob aus ihrem Schlaf. Dicht neben ihr hob Hechtkralle verschlafen den Kopf und blinzelte verwirrt. Es tat gut, ihn wieder an ihrer Seite zu haben. Sie hatten sich bis zum Abend unterhalten und als die Sonne untergegangen war, waren sie zusammen aus dem Lager gegangen, um die anderen Katzen im Kriegerbau nicht mit ihrem leisen Murmeln zu stören.

»Was ist da los?«, fragte der blaugraue Kater.

»Sehen wir nach«, schlug Terra vor. Zusammen traten sie aus dem Kriegerbau und rannten beinahe in Rose hinein.

Die WirbelClan-Kätzin fuhr überrascht zu ihnen herum. »Mörder!«, schrie die am Tag zuvor noch freundliche Kriegerin ihnen ins Gesicht. »Wir haben Mörder in unserem eigenen Lager aufgenommen!«

»Jagt sie weg!«

»Schickt nach dem Großen Stern! Soll er über sie richten!«

»Ich gehe!« Ein Kater mit verdrecktem Pelz und Stummelschwanz brach aus der Menge aus und verschwand in Richtung des Zweiggewirrs, durch das der WindClan auch das Lager betreten hatte.

»Umzingelt sie! Treibt sie in die Mitte der Lichtung!«

Bevor Terra auch nur reagieren konnte, bohrten sich Roses Krallen in ihre Schulter und zerrten sie nach vorne. Hechtkralle fauchte wütend und wollte sich auf die schlammbedeckte Kätzin werfen, doch der große Kater, den die WindClan-Kriegerin als Bär wiedererkannte, stellte sich ihm in den Weg. Mit einem heftigen Schlag schickte er ihren Gefährten zu Boden, packte ihn am Nackenfell und zerrte ihn in die Mitte des Lagers.

Terra schnappte erschrocken nach Luft und stürzte zu ihm. Als er benommen den Kopf schüttelte und schwankend auf die Pfoten kam, atmete sie erleichtert aus. Voller Entsetzen sah die hellgrau-schwarze Kätzin sich um. Überall wurden WindClan-Katzen aus den Bauen gezerrt.

Blendfeuer verpasste einem Kater mit langen Beinen einen hässlichen Kratzer auf der Schnauze, als er Vogelschweif grob aus der Kinderstube stieß. In ihrem Maul baumelte Dachsjunges und miaute mitleiderregend. Selbst Weises Reh gab ein gefährliches Zischen von sich und schlug die Pfote einer kleinen Kätzin weg, als diese die verletzte Wirbelwasser anpacken wollte.

»Tut, was sie sagen! Bringt euch nicht selbst in Gefahr!«, ertönte die Stimme der Schwarzen Blüte und übertönte das Geschrei und Gekreische. Hinter ihr hatten sich Brud, Keet und Ami aufgestellt und zeigten drohend die Zähne, griffen aber nicht ein.

»Darf ich fragen, was das alles zu bedeuten hat?«, fragte die Anführerin, als der gesamte WindClan zusammengetrieben worden war.

»Was das zu bedeuten hat?«, schrie ein WirbelClan-Kater, dessen grüne Augen sie hasserfüllt anfunkelten. »Ich habe soeben Regenmonds Leiche nicht weit vom Lager gefunden, das hat es zu bedeuten! Wir haben Mörder in unseren eigenen Reihen aufgenommen!«

»Der Rote hat recht!«, knurrte Bär. »Wir hätten euch nie hier aufnehmen dürfen! Ihr habt die Freundlichkeit und das Mitgefühl unserer Anführerin nur ausgenutzt!«

»Regenmond war die beste Anführerin, die wir je hatten!«, zischte eine wild aussehende Kätzin mit nur noch einem Ohr, die an seiner Seite saß.

»Und jetzt ist sie tot!«, kreischte ein junger Kater, dessen schwarzes Fell erstaunlicherweise nicht mit Schlamm bedeckt war. Er hatte die Ohren angelegt und bebte vor Zorn. Neben ihm wimmerte eine hellgrau getigerte Kätzin, ebenfalls vollkommen sauber, leise vor sich hin.

»Wir sollten dennoch auf den Großen Stern warten«, miaute die Kätzin mit nur noch drei Beinen, die Terra schon bei ihrer Ankunft aufgefallen war. Sie wandte sich direkt an den schwarzen Kater: »Dein Vater wird wissen, was zu tun ist, Schwarzpfote.«

Warrior Cats - Schwarze SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt