Regungslos beobachtete Wolfsherz diesen Großen Stern, der vor ihr auf und ab tigerte. Sie verstand immer noch nicht, warum er darauf bestanden hatte, sie hier zu behalten. Zwar hatte er Schattenstern eine Bedenkzeit von drei Tagen gegeben, doch die waren nun abgelaufen.
War es eine gute Entscheidung, freiwillig zurückzubleiben?
Ihre innere Stimme schrie »Nein! Du bringst dich selbst in Gefahr. Niemand bestimmt, was du tun sollst!«. Doch die Vernunft sagte ihr »Ja! Dein Clan steht an erster Stelle und du musst bereit sein, selbst das eigene Leben für sein Wohl zu geben!«. Welche Stimme hatte denn jetzt recht? Sie hatte beschlossen, auf die Vernunft zu hören und hoffte, diese Entscheidung jetzt nicht zu bereuen.
Sie waren nur zu zweit. Der Kater mit den zuckenden Ohren hatte sie auf ein Schwanzschnippen seines Anführers hin verlassen. Er schien immer sehr nervös und gehetzt zu sein. Das passte gar nicht zu den unzähligen Narben auf seiner Schnauze.
»Dein Name ist Wolfsherz.«
Das Miauen des Großen Sterns klang sehr tief und dunkel. Ein eiskalter Schauer jagte ihren Rücken hinab, doch sie zwang ihr Fell dazu, sich nicht aufzustellen. Der Kater hielt in seiner Bewegung nicht inne.
»Ja«, antwortete die hellgraue Kätzin und behielt den Großen Stern genau im Auge, der nun in einem weiten Kreis um sie herum schritt. Er hatte sie in ein grässliches hölzernes Zweibeinernest geführt. Die Luft stank zwar nicht nach den pelzlosen Wesen, aber die Enge machte ihr trotzdem zu schaffen. Dass der schwarz-weiße Kater jetzt auch noch immer kleinere Kreise zog, machte es auch nicht besser.
»Weißt du, wie dieser Ort heißt?«
Natürlich nicht! Ich war hier noch nie! Woher soll ich wissen, wie er heißt? Das Ganze wurde ihr immer unangenehmer.
»Nein«, presste Wolfsherz zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie musste höflich bleiben. Das hatte Schattenstern ihr noch eingeschärft, bevor sie losgegangen war.
»Dies ist der Holzsitz«, erklärte der Kater und blieb endlich stehen. »Hier treffen die Territorien meiner vier Clans aufeinander. Hier werden wichtige Besprechungen gehalten, wenn es Probleme gibt.«
Wolfsherz war verwirrt. Die Frage rutschte ihr schneller raus als sie es verhindern konnte. »Ihr seid nicht verfeindet?«
»Ich habe versucht, das Wort ›Feind‹ zu verbieten, aber es hat nicht geklappt. Mein Vater hätte es sicher gekonnt, doch ich nicht.« Er hörte sich ehrlich zerknirscht an.
Ein Wunder, dass er überhaupt zu so etwas wie Gefühlen in der Lage ist, dachte sie. Bei dem ersten Treffen hatte er unnahbar gewirkt, hatte sich vollkommen unter Kontrolle. Nun ließ er diese Maske jedoch fallen. Warum?
»Nur meine engsten Vertrauten dürfen diesen Ort betreten«, fuhr der Große Stern fort. »Und nur meine Gefährtinnen und mein Wächter dürfen ohne meine ausdrückliche Erlaubnis die Stimme erheben. Wir sind dann dort oben.« Er deutete mit einer eleganten Kopfbewegung auf einen Stapel aus Holzstäben.
Schön für dich, dachte Wolfsherz. Das interessiert mich so viel wie der Stammbaum einer Kaninchenfamilie. Komm zum Punkt.
»Hier finden auch Zeremonien statt.« Auf einmal hatte seine Stimme einen anderen Klang angenommen. Eher weich und... verführerisch?
Ihr ganzer Körper schrie danach, dem dreisten Kater einen Hieb auf die Schnauze zu verpassen und abzuhauen.
»Hier werden Junge zu Schülern ernannt und Schüler zu Kriegern.«
Eine Welle der Erleichterung überkam sie. Er wollte ihr also nur erklären, wie sein Clan-Leben funktionierte. Wenn sie genauer darüber nachdachte, unterschied es sich gar nicht so sehr von dem des WindClans.

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Warrior Cats - Schwarze Sonne
FanficACHTUNG! Ihr müsst erst »Warrior Cats - Finstere Wolken« und »Warrior Cats - Dunkle Sterne« gelesen haben, bevor ihr hiermit anfangt! Endlich hat der WindClan unter Schattensterns Führung den Zweibeinerort hinter sich gelassen und die Überbleibsel d...