In der Nacht war Sprenkelpfote aufgewacht, weil sie ein Rascheln gehört hatte. Ganz nah. Doch als sie den Kopf gehoben hatte, war da niemand gewesen. Nur die Halme hatten sich leicht bewegt. Der Geruch von der Schlammgrube am Rand hatte in der Luft gehangen.
Am nächsten Morgen hatte sie Kräuselsturm, Efeubein und Nebelpfote Bescheid gesagt und nun waren alle vier Katzen auf dem Weg zum Fluss. Dort gab es kein gelbes Gras, das ihnen die Sicht versperrte, wenn diese geheimnisvolle Katze auf die Idee kam, sie anzugreifen. Himmelglanz hatte das zwar nicht geholfen, aber sie war auch verrückt gewesen und hatte nicht auf ihre Umgebung geachtet.
Endlich öffnete sich vor ihnen die schmale Grasfläche, hinter der der Fluss durch die Landschaft strömte. Sprenkelpfote erinnerte sich an die wenigen ruhigen Tage, die der WindClan hier gelagert hatte.
»Ob der Fluss zugefroren ist?«, fragte Nebelpfote aufgeregt und stürmte schon auf das Ufer zu.
»Geh auf keinen Fall aufs Eis!«, rief Efeubein ihm hinterher.
Sprenkelpfote sah ihren Bruder stoppen und rannte schnell zu ihm. »Was ist?«
Nebelpfote zeigte auf den Fluss. Das Wasser floss nur sehr träge vor sich hin. Am Rand hatte sich schon eine dünne Eisschicht gebildet, die der Kater jetzt vorsichtig mit der Pfote berührte. Es knackte und eine kleine Eisscholle machte sich auf die Reise flussabwärts.
»Wenn ich mal Junge bekomme, nenne ich alle Eisjunges«, witzelte Nebelpfote. »Und eins vielleicht Schneejunges.«
»Bloß nicht Schnee...«, stöhnte Sprenkelpfote. »Wenn es nicht angefangen hätte zu schneien, wären wir jetzt im warmen Lager und könnten mit den anderen auf Patrouille gehen.«
»Du möchtest auch immer nur im Lager sein, oder?«, fragte ihr Bruder belustigt. »Bei Fliegenpfote zum Beispiel?«
»Was? Nein!« Sprenkelpfote spürte, wie ihr warm unterm Pelz wurde. »Fliegenpfote ist nur ein guter Freund! Er ist ganz nett und so. Und er hat mir das Lager gezeigt.«
»Gib schon zu! Du magst ihn!«
Die kleine Kätzin senkte den Kopf, konnte sich ein belustigtes Schnurren nicht verkneifen., »Na gut, vielleicht. Und du?«
»Was ich?«, tat ihr Bruder einen auf unschuldig.
»Ich habe doch gesehen, dass du dich bei der Schülerzeremonie auch nach jemandem umgeschaut hast! Nun sag schon! Wer ist es?«
»Ich hab mich nach niemandem umgeschaut!«, stritt Nebelpfote ab.
»Hast du wohl!«
»Hab ich nicht!«
»Hast du wohl!«
Ihr Bruder knuffte sie in die Seite. Als Antwort stieß sie ihn neckend an, woraufhin er das Gleichgewicht verlor und umfiel. Bevor er sich aufrappeln konnte, warf sie sich auf ihn und die beiden Geschwister rollten spielerisch kämpfend über das mit Frost überzogene Gras. Zum Glück fiel das Ufer zum Fluss hin nicht schräg ab, sonst wären sie wohl ins Wasser gerutscht.
Irgendwann lag sie auf dem Rücken und Nebelpfote hielt sie mit den Pfoten am Boden fest. Seine blauen Augen strahlten.
»Ich hab gewonnen«, verkündete er triumphierend.
»Du bist auch stärker«, protestierte Sprenkelpfote und rappelte sich auf, als er von ihr abließ.
»Stärker als du vielleicht«, entgegnete Nebelpfote. »Aber nicht stärker als Dunkeljunges. Denkst du, es geht ihm gut?«
Die kleine Kätzin zuckte traurig mit den Ohren. »Bestimmt.« Er brauchte nichts von dem seltsamen Traum zu wissen, den sie gehabt hatte. Dunkeljunges ist verbrannt. Und dann dieser seltsame Feuervogel und die gruselige Pfote. Wo er jetzt wohl ist? Ist er vielleicht die Katze, die im Gras herumschleicht? Oder Funkenstern? Ein Schauer fuhr ihr den Rücken hinab.
Auf einmal stieg ihr ein seltsamer Geruch in die Nase. Sie hielt in ihren Gedanken inne, witterte.
Ist das...? Kann es sein, dass...?
Die gesprenkelte Kätzin schaute sich um. Nebelpfote und sie standen mitten in einer zugefrorenen Schlammgrube, aber unter ihren Pfoten war etwas von der Eisschicht geschmolzen, sodass der Geruch des Matschs zu ihnen aufstieg. Aber nur sie erkannte darin den Geruch des Mörders.
Er war hier! Ich habe den Geruch gefunden! Ich habe mir nicht alles bloß eingebildet! Aber die Schlammgrube ist doch zugefroren?
Sie warf einen flüchtigen Blick in Richtung Ufer, wo der Matsch an den Fluss grenzte. Dort war zwar auch eine dünne Eisschicht, aber der Schlamm darunter war sicher noch feucht genug, um damit seinen Pelz zu bedecken.
»Sprenkelpfote! Nebelpfote! Kommt her! Wir wiederholen nochmal das Jagdkauern!«, rief Efeubein ihnen zu.
Etwas zögerlich folgte Sprenkelpfote ihrem Bruder zu den zwei Kriegern. Jetzt weiß ich, wo ich nach dem Mörder suchen muss! Ich werde mich auf die Lauer legen und warten, bis er kommt und dann... Was sie dann tun würde, musste sie sich noch überlegen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine flüchtige Bewegung im gelblichen Gras. Doch als sie den Kopf wandte, war die Gestalt wieder verschwunden. »Dunkeljunges? Bist du das?«, fragte sie leise, obwohl sie wusste, dass niemand ihr antworten würde.
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Lied zum Kapitel: Adrian von Ziegler - Freedom

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Warrior Cats - Schwarze Sonne
FanfictionACHTUNG! Ihr müsst erst »Warrior Cats - Finstere Wolken« und »Warrior Cats - Dunkle Sterne« gelesen haben, bevor ihr hiermit anfangt! Endlich hat der WindClan unter Schattensterns Führung den Zweibeinerort hinter sich gelassen und die Überbleibsel d...