Endlich! Endlich kann ich meine Unschuld beweisen!
Die Wut und der Zorn in Terra schlugen ihr in Wellen entgegen. Jeder ihrer Schläge saß. Jeder ihrer Schläge hinterließ blutende Wunden. Der Faucher konnte nichts anderes tun als sich ducken, denn hinter ihm hatte sich Hechtkralle aufgebaut und gab ihm keine Gelegenheit zur Flucht.
»Halt!«, schrie der WirbelClan-Krieger plötzlich und legte eingeschüchtert seine Ohren an, die Terra ihm kurz zuvor zerfetzt hatte. Ein Rinnsal aus Blut floss ihm in die Augen, das er unwillig abschüttelte. In seinem Blick lag purer Hass, doch Terra kannte solche Kater. Er hasste sie nur, weil sie ihm ihre Stärke gezeigt hatte. Er hatte Angst. Vor dem Tod. Denn er wusste, sie könnte ihn mit Hechtkralles Hilfe mit Leichtigkeit töten. Hier und jetzt.
»Warum sollte ich dich verschonen?«, zischte Terra den Faucher an. »Du hast mir fast alles genommen, was ich hatte! Einen Platz unter meinen Clan-Gefährten, ihren Respekt, ihr Vertrauen! Sie vertrauen mir nicht mehr, weil sie glauben, dass ich eine Mörderin bin! Weißt du, wie das ist? Von allen verachtet zu werden außer von denen, die mit dir in die Verbannung gezogen sind!«
Der Faucher richtete sich hoch auf, war aber immer noch ein Stück kleiner als sie. »Ohne mich wäre der Große Stern immer noch Anführer! Dabei ist der Große Stern zu schwach und verweichlicht!«
»Aber warum musstest du Himmelglanz töten?«, mischte sich nun Hechtkralle ein. »Sie war unschuldig!«
»Ablenkung!« In den grünen Augen des Fauchers stand der Wahnsinn. »Wie sonst hätte ich euch dazu bringen können, das Territorium der Verbündeten zu betreten? Es sollte einen Krieg gegen den WindClan geben! Ja, ein Krieg! Alle sollten sich gegen den Großen Stern erheben, denn er hasst den Krieg!«
»Magst du den Krieg, Faucher?«, fragte Terra mit einem bedrohlichen Unterton. »Bist du jemand, der sich an dem Tod anderer Katzen erfreut?«
»Ich tue nur, was nötig ist«, verteidigte der Kater sich. »Im Krieg erkennt man, wer wirklich mutig ist. Und wer nicht.« Seine Augen wanderten zu Fliegenpfote, über den Aqua sich gerade besorgt beugte.
»Mutig?« Terra trat so dicht an den Faucher heran, dass ihre Nasen sich fast berührten. Sie bemerkte Hechtkralles besorgten Blick, denn nun könnte der WirbelClan-Krieger ihr leicht die Narbe an ihrer Brust erneut aufreißen, aber das war ihr egal. »Du glaubst, dass man nur im Krieg Mut zeigen kann?«
»So ist es«, schleuderte der Faucher ihr entgegen.
»Die wahrlich Mutigen ziehen nicht in den Krieg«, zischte Terra. »›Ein ehrbarer Krieger tötet keine Katze‹ sagt das Gesetz der Krieger. Was tust du, wenn das trotzdem von dir verlangt wird? Du solltest dich weigern! Auch wenn es dein Leben kostet! Ich habe erlebt, wie jemand sich geopfert hat, um einem anderen das Leben zu retten. Das ist Mut. Ich habe erlebt, wie jemand mir die Treue gehalten hat, obwohl alle gegen mich waren. Das ist Mut. Ich habe erlebt, wie jemand sich gegen seinen eigenen Vater gestellt hat, weil es falsch war, was er gemacht hat.« Sie atmete tief durch und zwang sich dazu, die Krallen einzufahren. »Ich werde keine Katze mehr töten. Es sind schon zu viele wegen mir gestorben oder verletzt worden.«
»Du bist einfach nur feige!«, schrie der Faucher sie an. »Zu feige, um mich zu töten!«
Terra trat einen Schritt zurück. »Wie armselig du doch bist...« Sie wusste genau, dass er Angst vor der Strafe hatte, die der neue Große Stern ihm geben würde.
Langsam machte sich Panik in seinen grünen Augen breit. Sein Blick huschte wild hin und her und blieb an etwas hinter Terra hängen. Sie drehte sich um und entdeckte die Schwarze Blüte und Weises Reh, die außer Atem angelaufen kamen. Ihnen folgte der Großteil des WindClans.
Als Terra sich voller Genugtuung zu dem Faucher umdrehte, wich dieser erschrocken zurück. Mit einem Satz fuhr er herum und wollte in die hohen Gräser fliehen, doch Hechtkralle warf sich blitzschnell auf seinen Rücken und drückte ihn zu Boden.
»Du bleibst hier!«
Stolz auf ihren Gefährten durchströmte Terra. Er hatte ihr während der Verbannung so viel geholfen... Sie war nicht gut darin, sich zu bedanken, aber sie kannten sich schon so gut, dass er die Dankbarkeit an ihren Augen ablesen konnte. Und Aqua war die beste und treueste Freundin, die sie sich wünschen konnte.
Mit einem Blick auf Hechtkralle vergewisserte Terra sich, dass er den Faucher alleine am Boden halten konnte, und trabte dann zu Aqua und den zwei schwer verletzten Schülern rüber. Fliegenpfote lag fast vollkommen regungslos da. Eine Pfütze aus Schlamm und Blut hatte sich um ihn gebildet. An der Seite seines Halses klaffte die tiefe Wunde wie ein zweiter Mund.
»Er wird es schaffen«, miaute Weises Reh, die ihm irgendwelche Kräuter auflegte und seinen gesamten Hals mit Spinnenweben umwickelte. »Aber es wird dauern, bis er sich wieder gefahrenlos bewegen kann.« Die junge Heilerin blinzelte Aqua und Terra freundlich an. »Wenn ihr nicht gewesen wärt, wäre er womöglich tot.«
»Was ist mit Sprenkelpfote?« Die besorgte Stimme der Schwarzen Blüte drang zu ihnen. Sie wirkte immer noch schwach von ihrem Besuch beim alten Stein. Terra wusste immer noch nicht, was genau dort geschehen war.
Seit ihrer Verbannung hatte sie über Sprenkelpfote gewacht. Die Schülerin hatte sie viel zu oft für Dunkeljunges gehalten. Terra hatte ihr mehrmals das Leben gerettet. Sie war wie ein zweiter Schatten gewesen, der den Tod von ihr ferngehalten hatte. Immerzu wachsam. Verborgen zwischen den Halmen und bedeckt mit Schlamm, um nicht aufzufallen.
»Ich habe ihr gesagt, dass sie wach bleiben soll«, miaute Aqua und stupste Sprenkelpfote leicht an. Erleichtert atmeten alle auf, als die Schülerin leise stöhnte. Weises Reh fing sofort an, auch sie mit geschickten Pfoten und heilenden Kräutern zu versorgen.
»Ich bin froh, dass ihr euch nicht von eurem Clan abgewendet habt«, wandte die Schwarze Blüte sich nun an Terra und Aqua. Trotz ihrer anhaltenden Schwäche glänzte ihr sehendes Auge. Das andere war trüb wie immer.
»Der WindClan ist meine Heimat«, erklärte Terra fest. »Ich werde ihm immer treu ergeben sein. Auch wenn er sich von mir abwendet.«
Das schlechte Gewissen stand der Anführerin ins Gesicht geschrieben. »Werdet ihr zurückkehren?«
Terra wechselte einen Blick mit Aqua und schaute auch zu Hechtkralle. Beide nickten. »Ja«, antwortete sie deshalb.
»Was geschieht mit dem Mörder?«, fragte Aqua vorsichtig. Die Kätzin mit den schwarzen Streifen wirkte besorgt. Sie mochte weder den Kampf noch Blutvergießen. Wie rein musste das Herz sein, wenn man noch nie eine Katze getötet hat...
Der Blick der Schwarzen Blüte verhärtete sich. »Der Faucher wird bekommen, was ihm zusteht. Er hat meine Tochter schon zwei Mal schwer verletzt. So leicht wird er mir nicht davonkommen!« Die Anführerin trat auf den Kater zu, der sich panisch unter Hechtkralle wand, und baute sich in voller Größe vor ihm auf. »Wir werden dich den Verbündeten ausliefern. Was sie wohl mit einem Krieger machen werden, der mindestens zwei ihrer wichtigsten Katzen getötet hat?«
Der Faucher verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ihr habt ja keine Ahnung, wer ich in Wirklichkeit bin!«
»Und es interessiert mich auch nicht!«, fauchte die Schwarze Blüte ihn an. Sie wandte sich zu den WindClan-Kriegern um, die mittlerweile ebenfalls angekommen waren. »Bleibt hier, während ich den Mörder mit Terra und Hechtkralle zum WirbelClan-Lager eskortiere. Brud!«
Der graue Wolf schüttelte sein dichtes Nackenfell und stellte aufmerksam die Ohren auf. »Schwarz!«
»Hilf dem Faucher auf diesem anstrengenden Weg. Bestimmt tun seine Pfoten sehr stark weh.«
Der schlammbedeckte Kater riss angstvoll die Augen auf, als Brud auf ihn zukam, um ihn mit seinen spitzen Zähnen am Nacken zu packen.
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Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen :) Terra, Hechtkralle und Aqua sind wieder da!
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Warrior Cats - Schwarze Sonne
FanfictionACHTUNG! Ihr müsst erst »Warrior Cats - Finstere Wolken« und »Warrior Cats - Dunkle Sterne« gelesen haben, bevor ihr hiermit anfangt! Endlich hat der WindClan unter Schattensterns Führung den Zweibeinerort hinter sich gelassen und die Überbleibsel d...