Kapitel 21

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Wir brauchten letztlich zwei Tage, um nach New Orleans zu kommen, wobei die Fahrt entspannt verlief. Doch seitdem wir vor ein paar Minuten das Ortsschild von New Orleans hinter uns gebracht hatten, stieg meine Nervosität. Gespannt beobachtete ich die Stadt, während wir uns Meter für Meter unserem neuen Zuhause näherten. „Alles gut, Kol und Rebekah werden dich lieben", wandte sich Klaus zu mir, um mich zu beruhigen. „Ich hoffe es." Durch den Rückspiegel suchte ich den Augenkontakt zu Dad, der mir aufmunternd zulächelte.

„Wir sind da", verkündete er, als wir vor einem Backsteingebäude stehenblieben. „Und hier wohnt ihr zu dritt?", fragte ich ungläubig und sah durch das Fenster zum Haus. Zwei der Stockwerke waren von Balkonen umgeben und auch sonst wirkte es ziemlich nobel. „Naja, ich habe gehört, ab heute haben wir zwei neue Mitbewohner", zwinkerte Klaus mir zu, bevor er auch schon ausstieg, um ins Anwesen hineinzugehen. „Willkommen Zuhause", riss mich Dad aus meinem Staunen und strahlte mich glücklich an. „Wollen wir reingehen? Dann kann ich dir den Rest meiner Familie vorstellen."

Panik stieg in mir auf, als ich wieder zum Eingang blickte, in den Klaus verschwunden war. „Was ist, wenn sie mich nicht mögen?" Ernst, aber doch mit einem Anflug von Belustigung, drehte sich Dad zu mir um und blickte mir in die Augen. „Die beiden waren dir schon verfallen, als sie dich vor 13 Jahren für ein paar Tage kennengelernt haben. Seitdem sind sie mehr als gespannt, dich endlich wiederzusehen. Also wie sieht es aus? Gehen wir rein?" Zwar befand sich meine Nervosität immer noch im Unermesslichen, doch war es letztlich meine Neugier, die siegte, weswegen ich nickte. Sofort stieg Dad aus und lief um das Auto herum, damit er mir die Autotür öffnen konnte. Ich nahm dankend seine Hand, die er mir hinhielt, ließ sie aber nicht los, nachdem ich draußen war. Dad lief aber nicht direkt los, sondern zog mich in eine Umarmung, wo er mir noch einmal beruhigende Worte zusprach. Er suchte meinen Blick und schien zu fragen, ob ich bereit sei, weswegen ich nickte und mich letztlich zum Tor drehte.

„Nik, da bist du ja endlich wieder. Wie geht es Thalia und Elijah? Hast du sie gefunden?", vernahm ich vom Innenhof eine weibliche Stimme, die sich besorgt nach uns erkundigte. „Ja, Rebekah, ich habe die beiden gefunden. Aber warum fragst du sie nicht selbst, wie es ihnen geht?" Ich sah Klaus und eine blonde Frau an der Treppe zum oberen Stockwerk stehen, als wir den Innenhof betraten. „Sie sind hier?", fragte Rebekah verwirrt, woraufhin Klaus seine Aufmerksamkeit auf uns richtete. Langsam folgte die Frau seinem Blick und blieb letztlich mit ihren Augen an uns hängen. „Elijah", flüsterte sie, wobei sich Tränen in ihren Augen bildeten. Sie lief die letzten beiden Stufen nach unten und kam dann auf uns zugestürmt. Kurz bevor sie uns erreichte, ließ ich Dads Hand los, der daraufhin seine Schwester in die Arme nahm. Ich schaute zu Klaus, der ebenso wie ich ein Lächeln im Gesicht hatte.

„Darf ich dir meine Tochter vorstellen?", hörte ich Dad sagen und spürte seine Hand auf meiner Schulter, weswegen ich zu ihm aufsah. „Rebekah, das ist Thalia." Die Frau vor mir musterte mich, doch dann legte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, und ehe ich mich versah, zog sie mich in ihre Arme. Es dauerte einen Moment, bis ich mich sortiert hatte, erwiderte die Umarmung dann aber erleichtert. „Ich bin so froh, dich endlich kennenzulernen." Rebekahs Augen strahlten in diesem Moment so viel Liebe und Ehrlichkeit aus, dass auch Elijah tief durchatmen musste. „Ich bin auch froh, endlich meine Familie kennenzulernen", bestätigte ich und sah Rebekah an. Erleichterung machte sich in mir breit, dass meine Tante mich so gut aufnahm und ich nun auch eine weibliche Ansprechpartnerin hatte. Ich liebte Dad zwar über alles, doch gab es gewisse Sachen, die man doch lieber mit einer Frau besprach. Und auch Rebekah schien erfreut zu sein, nicht mehr die einzige Frau im Haus zu sein, da sie sofort anfing, darüber zu reden, dass wir die Tage zusammen shoppen gehen müssten und sie mir die Stadt zeigt.

„Rebekah", ertönte Klaus' laute Stimme irgendwann, die mich zusammenzucken ließ. „Lass Thalia doch erstmal ankommen", verlangte er ernst, konnte sich ein Schmunzeln aber nicht verkneifen. Er legte einen Arm um seine Schwester und führte sie aus dem Innenhof hinaus, woraufhin Dad und ich allein waren. Ich spürte seinen Blick von der Seite auf mir liegen, weswegen ich mich zu ihm drehte. „Na komm, ich zeig dir dein neues Zuhause", schlug er vor, wobei er mir seine Hand hinhielt. Er führte mich die Treppe nach oben und durch eine Tür hindurch. Vor uns erstreckte sich eine Art Wohnzimmer, an dessen Ende eine Tür ins Nebenzimmer führte. Die Möbel waren alle in einem dunklen Holz gehalten und ein großer Kronleuchter hing über der Sofaecke, der den Raum in ein gemütliches Licht tauchte. An der Wand hingen verschiedene Gemälde, die überwiegend düster wirkten. „Die meisten Gemälde hat Niklaus selbst gemalt." Kurz sah ich Dad an, wandte mich dann aber einem Gemälde zu, welches eine Stadt im Mondlicht zeigte. „Sie sind faszinierend."

Der nächste Raum, in den Dad mich führte, war ein Schlafzimmer, das sich als sein altes Schlafzimmer herausstellte. Zuletzt führte er mich in ein Zimmer, das bis auf ein Bett leer war. „Das wird dein Zimmer", erklärte Dad, wobei er mich musterte. „Wie gefällt es dir?" Ich sah mich im Raum um und blieb letztlich an der Tür zu meiner eigenen Terrasse hängen. „Ich finde es schön hier. Alles strahlt ein Gefühl von Familie aus", gestand ich ihm. „Aber?" Ich hob meinen Blick und sah ihn an. „Es ist so anders als vorher. Vermutlich muss ich mich erst an den Gedanken gewöhnen, jetzt eine größere Familie zu haben." Dad nickte, kam dann aber auf mich zu, um mich in den Arm zu nehmen. „Schneller als du denkst, wirst du dich hier eingelebt haben." Er gab mir einen Kuss auf den Scheitel, ehe er mein Zimmer verließ, damit ich mich ausruhen konnte.

Kurz legte ich mich auf mein Bett, beschloss dann aber noch einen Moment nach draußen zu gehen, und so trat ich durch die Tür hinaus auf meine Terrasse. Das Abendlicht von New Orleans umfing mich, als ich meine Hände um das Geländer legte und auf die Straßen hinuntersah. Die Musik eines Saxophonspielers erklang, der sich an der Straßenecke aufgestellt hatte und sofort in seiner Musik aufging. Gespannt beobachtete ich, wie die Leute auf den Straßen immer wieder stehenblieben und dem Mann zuhören.

„Guten Abend", riss mich dann jedoch eine Stimme aus meinen Gedanken, die mich zusammenzucken ließ. Aus dem Nichts war der Mann neben mir aufgetaucht und musterte mich amüsiert, während er sich mit verschränkten Armen an das Geländer lehnte. Er hatte sowohl braune Haare als auch dunkelbraune Augen und schien jünger als Dad zu sein. „Kol, oder?", fragte ich deshalb neugierig. „Wie er lebt und lebt. Du musst dann wohl Thalia sein." Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, das auch mich lächeln ließ. „Freut mich, endlich deine Bekanntschaft zu machen." Er stieß sich mit Leichtigkeit vom Geländer ab und kam auf mich zu, woraufhin er mir seine Hand entgegenstreckte. „Die Freude ist ganz meinerseits", betonte ich ehrlich und sah dann wieder auf die Straßen hinunter, während sich Kol wieder an das Geländer lehnte und mich musterte.

„Wie gefällt dir New Orleans bisher?", wollte er irgendwann wissen, woraufhin ich mich ihm zuwandte. „Naja, so viel habe ich bisher noch nicht gesehen." Seine Augen blitzten kurz auf, ehe sich ein geheimnisvolles Grinsen auf sein Gesicht legte. „Vertraust du mir?", fragte er und trat an mich heran. „Kol, was hast du vor?", brachte ich noch unsicher hervor, als er mich auch schon hochhob und in die Höhe sprang. Mit geschlossenen Augen hielt ich mich an seinem Hals fest und öffnete sie erst, als ich wieder festen Boden unter meinen Füßen spürte. Doch als ich hinabschaute, traute ich meinen Augen nicht. Wir standen auf einem der höchsten Dächer des Stadtteils, von wo aus man die ganze Umgebung überblicken konnte. Langsam drehte ich mich einmal um meine eigene Achse und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Aussicht war traumhaft. „Und wie gefällt dir New Orleans?", vernahm ich Kols Stimme hinter mir und konnte sein Grinsen deutlich raushören. „WOW", war das Einzige, was über meine Lippen kam, doch schien Kol dies als Antwort zu genügen.

Er setzte sich auf den Boden und ließ seine Füße baumeln. Vorsichtig tat ich es ihm gleich und genoss den atemberaubenden Ausblick. „Danke, dass du mich hierhergebracht hast", flüsterte ich nach ein paar Minuten und sah meinen Onkel an. „Ich möchte doch nicht, dass meine Nichte nicht weiß, wie ihre neue Heimat aussieht", gab er zwinkernd zu und schlug dann vor, dass wir uns auf den Rückweg machen sollten, bevor man mich vermissen würde. Kol hatte nicht Unrecht, denn als wir mein Zimmer betraten, kam uns sogleich mein Vater entgegen. „War ja klar, dass mein werter Bruder hinter deinem Verschwinden steckt", stellte Klaus belustigt fest und musterte uns beide. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Bruderherz." Ohne zu zögern nahmen sich die beiden Brüder in die Arme, und mir wurde bewusst, dass es die richtige Entscheidung war, nach New Orleans zurückzukehren.

Zu späterer Stunde ein neues Kapitel Wie gefällt es euch?

Die Tochter von Elijah MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt