Kapitel 17

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3 Monate später

„Tschüss, Dad.", rief Thalia aus dem Flur in die Küche. „Viel Spaß in der Schule.", antwortete Elijah, während sich die Tür hinter Thalia schloss. Kurz darauf sah er sie bereits mit Liam in Richtung Schule fahren. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er noch zwei Stunden Zeit hatte, bis die Trauerfeier begann, bei der er als Pianist gebucht war. Nachdem Elijah die Küche aufgeräumt hatte, setzte er sich an den Flügel im Wohnzimmer, um die geplanten Lieder noch einmal durchzuspielen. Es war die erste Beerdigung, bei der der Verstorbene ein junger Mann war, der bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Auch wenn Elijah schon viel Tod und Leid gesehen hatte, brachte ihn dieser Auftrag zum Nachdenken.

„Manche, die sterben wollen, leben, und manche, die leben wollen, sterben. Trotzdem zeigt das Schicksal kein Erbarmen.", dachte er bei sich. Die Trauerfeiern verdeutlichten ihm immer wieder, wie kostbar das Leben war und dass er sich auch nach über tausend Jahren noch glücklich schätzen sollte, am Leben zu sein. Zudem war das Klavierspielen seine Leidenschaft. Da er Thalia ein Taschengeld auszahlen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als ein wenig Geld zu verdienen. Gegen halb zehn machte er sich fertig und lief zur kleinen Kirche in der Nähe.

Die ersten Gäste waren bereits da und redeten gedämpft miteinander. Vorm Altar war der Sarg aufgebahrt und mit Blumen geschmückt, daneben stand ein Foto des Mannes. Elijah schätzte, dass der Verstorbene etwa Mitte zwanzig war. In der ersten Reihe erkannte er die Eltern des Verstorbenen und ging auf sie zu.

„Mein herzliches Beileid.", betonte Elijah und reichte der Mutter und dann dem Vater die Hand. „Vielen Dank, dass Sie es einrichten konnten, hierher zu kommen, Mister Wilson.", begann der Vater zu sprechen. „Der Tod von John hat uns ziemlich aus der Bahn geworfen, aber eine Freundin hat uns Sie empfohlen. Sie wären einer der besten Pianisten in der Gegend.", erklärte er, woraufhin seine Frau zustimmend nickte. Sie unterhielten sich noch kurz und besprachen den Ablauf, bevor sich Elijah an das Klavier in der rechten vorderen Ecke der Kirche setzte.

Er beobachtete, wie sich die Kirche von Minute zu Minute füllte, bis er um kurz vor halb elf das erste Stück spielte. Es diente zum Einlaufen des Pfarrers, der daraufhin eine Rede darüber hielt, wie schlimm der Verlust für alle Anwesenden sei und dass der Verstorbene sich nun an einem besseren Ort befände. Irgendwann schweifte Elijah jedoch mit den Gedanken ab. Er dachte an Mary und daran, wie glücklich sie damals war, bald ihre Tochter in den Armen zu halten. Ihr Glück wurde ihr jedoch nie gegönnt.

Er erinnerte sich an den Streit, den sie kurz vorher gehabt hatten, woraufhin Mary ins Auto gestiegen war und davonfuhr. Ein anderer Autofahrer hatte eine rote Ampel übersehen und war in Marys Auto gefahren. Zwar hatte sich der Airbag geöffnet und den Aufprall abgebremst, doch hatte der Aufprall die Geburt beschleunigt und vorzeitig eingeleitet. Bis heute wusste Elijah nicht, an was Mary genau gestorben war, doch konnte er damals nicht anders, als Thalia zu sich zu nehmen und zu verschwinden. Er hatte Blut an seinen Händen, das er nie wollte. Wäre der Streit nicht entstanden, wäre Mary nicht ins Auto gestiegen und losgefahren. Er hatte Thalia ihre Mutter genommen und musste nun damit leben.

Elijah spürte, wie seine Gefühle drohten, die Überhand zu gewinnen, weswegen er die Augen schloss und sich die rote Tür vor Augen rief. Diese Tür, die nie mehr als einen Spalt geöffnet werden durfte, sonst würde er nichts mehr garantieren können. Energisch schob er die Gedanken an Mary zurück und verschloss die Tür wieder vollständig, ehe er die Augen wieder öffnete und zum Altar sah. In diesem Moment beendete der Pfarrer die Rede, woraufhin Elijah erneut zum Spielen ansetzte.

Fünf Männer aus der dritten und vierten Reihe, sowie der Vater, erhoben sich und gingen zum Sarg, um ihn hochzuheben. Begleitet von Elijahs Klavierspiel trugen sie den Sarg nach draußen, während die Trauergesellschaft schweigend hinterherlief. Elijah blieb auf seinem Hocker sitzen und sah auf die Tasten vor sich. Er versicherte sich, dass seine negativen Emotionen wieder verschlossen waren und folgte nach einigen Minuten der Gesellschaft nach draußen. Der Sarg war bereits ins Grab heruntergelassen worden, weswegen nun die Angehörigen nacheinander eine Schippe Erde draufgaben. Zuletzt gab auch Elijah eine Schippe Erde auf den Sarg und wandte sich dann den Eltern zu, die sich ihm näherten.

Die Tochter von Elijah MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt