Kapitel 1

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"Julie! Aufstehen!", Maik schmiss sich auf mich. Sein Gewicht drückte mich tief in die Matratze und nahm mir einen Moment die Luft zum atmen. Angestrengt nahm ich einen tiefen Atemzug und drückte ihn von mir runter. Sobald er sein Gewicht ein wenig verlagert hatte, spürte ich wie wieder etwas Sauerstoff den Weg in meine Lunge fand. "Maik, was soll das?", fragte ich heiser und fuhr mir verschlafen durch mein Haar. "Wir müssen zum Zug.", ertönte prompt seine Antwort. Das Gesicht meines besten Freundes tauchte nur wenige Millimeter von meinem entfernt auf. Er hatte ein breites Grinsen auf den Lippen und seine braunen Augen leuchteten vor Aufregung. Dafür, dass es noch so früh war, wirkte er erstaunlich fit. Normalerweise war er nicht unbedingt ein Morgenmensch. Heute schien er jedoch voller Energie zu sein. Er war bereits fertig gemacht. Er trug einen dunkel roten Pullover und eine graue Jogginghose. Seine braunen Haare waren leicht verwuschelt, was ihm einen etwas verschlafenen Look gab. Er sah extrem niedlich aus.

Ich murmelte irgendwas unverständliches und versuchte mich unter ihm wegzudrehen, um weiter zu schlafen. Allerdings hatte ich keine Chance gegen ihn. Er war stärker als ich und zog mich aus dem Bett als würde ich nichts wiegen. "Wie lange haben wir noch?", gab ich mich geschlagen. Es hatte keinen Sinn sich zu wehren und den Zug verpassen wollte ich auch nicht. "Zehn Minuten, dann müssen wir zum Gleis.", sagte er und ließ mich los. "Leon wartet schon unten.", informierte er mich noch, ehe er mit wippendem Schritt zur Tür lief. Ich nahm einen tiefen Atemzug, dann griff ich nach meine Sachen. Wenn auch nur widerwillig. "Ich bin gleich so weit.", krächzte ich. Von der Nacht war meine Stimme noch etwas angeschlagen. "Alles gut. Lass dir Zeit. Du siehst heute nur halb so gut aus wie sonst.", sagte er. Sehr charmant. Das war wohl seine Weise mir zu sagen, dass ich beschissen aussah. Ich konnte bei dem Kommentar nur mit den Augen rollen. Ich streckte ihm meinen Mittelfinger entgegen, auch wenn er diesen wahrscheinlich gar nicht mehr sah und ging ins Bad.

Im Spiegel blickte mir ein blondes, verschlafen aussehendes Mädchen entgegen. Meine Haare standen zu Berge und tiefe Augenringe zeichneten sich unter meinen blauen Augen ab. So konnte ich auf keinen Fall zurück ins Schloss gehen. Da hatte Maik Recht. Ich musste mich zumindest ein bisschen frisch machen. Leute urteilten. Und wenn ich so auftauchen würde, würde mein Urteil nicht gerade positiv ausfallen. Das konnte ich mir nicht leisten. Wir genossen einen gewissen Ruf in der Schule. Und diesem musste ich gerecht werden.

Keine zehn Minuten später stand ich in einer Leggings und im übergroßen Pulli meines besten Freundes unten. Meine Haare hatte ich zu einem unordentlichen Dutt zusammengebunden und mit ein bisschen Schminke hatte ich mich etwas wacher aussehen lassen. Leon, er war mein anderer bester Freund, kam zu mir und umarmte mich fest. "Hey, Kleine.", sagte er. "Hey.", ich drückte ihm zur Begrüssung einen Kuss auf die Wange. "Du siehst gut aus.", sagte ich, ehe ich mich wieder von ihm löste. Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn kurz.

Es stimmte. Er sah immer unglaublich gut aus. Er war einer dieser Menschen, die selbst in den unschönsten Situationen noch heiß waren. Eine dieser nervigen Mary Sues. Leon hatte blondes Haar, blaue strahlende Augen, die perfekte Surferbräune und war der Traum aller Mädchen. Seine Sommersprossen, die sein komplettes Gesicht überzogen, gaben seinem Äußeren etwas freches. Über die Ferien hatte sich sein eher bubihaftes Aussehen zudem zu einem ziemlich attraktiven männlichen gewandelt. Was für mich nur hieß, dieses Jahr würden die Mädchen noch mehr auf ihn fliegen als eh schon. In der Schule himmelten ihn alle an. Die Mädchen wollten etwas von ihm, die Jungs sein wie er. Und das Problem war er wusste es. Es war etwas was seinem Ego eher schadete als, dass es ihm gut tat. Heute war er perfekt zurecht gemacht. Er trug ein weißes Hemd, welches er locker hochgekrempelt hatte an den Armen. Ich war mir sicher, dass seine Mutter ihn dazu gedrängt hatte dieses anzuziehen - wenn auch nicht auf diese Art und Weise. Wenn ich sein Auftreten mit dem der letzten Wochen verglich, in denen er hier herumgelaufen war wie ein Penner, waren es zwei verschiedene Personen. Denn so wie er sich uns privat präsentierte, würde er sich in der Schule nie zeigen.

Why him? (- a Draco Malfoy Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt